Warum Agilität und Qualitätsmanagement zusammenpassen wie Kaffee und Croissants28 | 03 | 24

Kaffee, Croissants, Homeoffice

Agilität und Qualitätsmanagement (QM) scheinen auf den ersten Blick wie zwei Welten, die nicht zusammengehören – Agilität, mit ihrer Flexibilität und Schnelligkeit, und QM, mit seiner Struktur und Ordnung. Doch diese Kombination funktioniert nicht nur, sondern sie ist für moderne Organisationen sogar unerlässlich.

Agile Methoden unterstützen das Homeoffice im „new normal“

Die flächendeckende Einführung von Homeoffice hat unsere Arbeitswelt radikal verändert und gezeigt, dass Agilität das „new normal“ ist. Teams müssen flexibel auf Veränderungen reagieren, um erfolgreich zu sein. Doch wie passt das mit den strengen Anforderungen des Qualitätsmanagements zusammen? Ganz einfach: Indem wir die Prinzipien der Agilität nutzen, um unsere Abläufe effizienter und wirkungsvoller zu gestalten.

Definition: Agilität im Organisationskontext

Eine Organisation ist agil, wenn sie den Umgang mit ständiger Unsicherheit und daraus entstehenden ungeplanten Situationen als selbstverständlichen Teil ihrer Existenz begreift und systematisch in die Steuerung ihrer Aktivitäten integriert. Der Grad an Agilität einer Organisation wird bestimmt durch die Nutzung agiler Praktiken und Methoden und die Ausrichtung an agilen Werten und Prinzipien.

Stellen Sie sich vor, Ihr Team arbeitet vorwiegend remote im Homeoffice und nutzt ein digitales Kanban-Board, um Aufgaben und Projekte zu organisieren. Mögliche Tool-Varianten, die sich bereits in der Praxis bewährt haben, wären etwa Trello, Jira, Padlet oder Miro. Diese visuelle Methode hilft nicht nur dabei, den Überblick zu behalten, sondern fördert auch die Selbstorganisation des Teams – ein zentrales Prinzip agiler Methoden. Entsprechend ist ein Kanban-Board nicht für eine Führungskraft gedacht, um das Team zu kontrollieren, sondern es unterstützt die selbständige Koordination der Arbeit durch das verteilt arbeitende Team. Durch regelmäßige Reviews kann das Team ergänzend sicherstellen, dass es dynamisch bleibt und sich, falls notwendig, an veränderte Bedingungen anpasst.

Output matters – Ziele setzen, Ergebnisse messen

In einem meiner Audits äußerte die oberste Leitung: „Ich glaube nicht, dass alle unsere Mitarbeiter wirklich zu Hause arbeiten.

Diese Skepsis spiegelt eine traditionelle Sichtweise wider, die in der heutigen agilen Arbeitswelt überholt ist. Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht in der ständigen Überwachung, sondern in klaren Zielen und messbaren Ergebnissen.

Es gilt auch in ISO 9001: „Output matters“. Denn seien wir ehrlich: Gute Arbeit wird nicht dadurch definiert, dass man möglichst viele Stunden im Büro vor einem PC sitzt. Stattdessen sollten wir uns auf die Outputs konzentrieren, also die Qualität der Arbeit klar definieren und messen – und ggf. kontinuierlich verbessern.

Wie kann das aussehen? Zum Beispiel so: Von der Controlling-Abteilung eines Versicherungsunternehmens verlangt der Vorstand häufig Ad-hoc-Berichte über Sonderthemen. Das Controlling bildet für jede solcher Berichtsanforderungen individuelle agile Teams. Um den Output dieser Teams zu steuern, wurde ein zentrales Ziel wie folgt definiert: „Wir liefern entscheidungsrelevante Informationen für unsere Kunden. Diese Informationen müssen a) fundiert (d.h. korrekt) sein und b) zum vereinbarten Zeitpunkt vorliegen.“

Die Zielerreichung wird konsequent gemessen und die Prozesse von den agilen Teams regelmäßig überprüft. Darüber hinaus wird regelmäßig Kundenfeedback von den Initiatoren der Berichtsanforderungen eingeholt. Wenn die Berichte gut sind und die zuständigen Vorstände zufrieden, ist es letztlich egal, ob die Ergebnisse in der Hängematte oder im klassischen Besprechungsraum entstanden sind.

Definition: Agile Praktiken / Agile Teams

Agile Praktiken sind Vorgehensweisen, um in ungeplanten Situationen unter Unsicherheit durch eigenständig arbeitende Gruppen kompetenter Individuen Lösungen zur Erreichung der Organisationsziele zu entwickeln und umzusetzen. Agile Praktiken können grundsätzlich informell ausgestaltet oder festgelegt sein. Die genutzten Vorgehensweisen sind typischerweise iterativ.
Eigenständig arbeitende Gruppen kompetenter Individuen zeichnen sich dadurch aus, dass sie als Gruppe selbstbestimmt und eigenverantwortlich handeln. Das bedeutet, dass sie zumindest die Bearbeitungsmethoden frei wählen und im Rahmen der Lösungserarbeitung selbstständig Entscheidungen treffen können, ohne Führungsfunktionen zu benennen oder weitere Verantwortliche hinzuziehen zu müssen. Diese Gruppen werden auch als selbststeuernde Teams oder agile Teams bezeichnet.

Agilität durch eine passende Kultur fördern

Agilität im QM bedeutet mehr als nur die Einführung neuer Tools oder Methoden. Es geht darum, eine Kultur zu schaffen, die Offenheit für Veränderungen, kontinuierliches Lernen und die Bereitschaft fördert, bestehende Prozesse zu hinterfragen. Diese Kultur ist entscheidend, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Die gute Nachricht ist, dass Agilität bereits in vielen Bereichen Einzug gehalten hat – nicht nur in der IT, sondern auch im operativen Bereich, im Controlling und sogar in Personalabteilungen.

Agilität und Qualitätsmanagement sind keine Gegensätze, sondern sie ergänzen sich. Die Integration von agilen Praktiken in Ihr QM-System kann Ihre Organisation flexibler, reaktionsfähiger und letztendlich erfolgreicher machen. Es ist Zeit, die Chance zu ergreifen und Agilität im Qualitätsmanagement auszuprobieren. Wer weiß, vielleicht entdecken Sie dabei die perfekte Kombination, die Ihrem Team hilft, neue Höhen zu erreichen – ganz wie der Genuss von Kaffee und Croissants an einem sonnigen Morgen.

 

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Über die Autorin: Prof. Dr. Patricia Adam

Dr. Patricia Adam ist DQS-Auditorin und nach verschiedenen Positionen bei einem großen Finanzdienstleister seit 2004 Professorin für International Management an der Hochschule Hannover. Als Expertin für Organisationsentwicklung und EFQM-Assessorin mit internationalen Einsatzorten bringt sie ihre Expertise als Autorin, bei DIN und ISO (TC 176 WG 2 und TG 4; TC 262 AHG) sowie als Keynote-Speakerin in zahlreichen Fachveranstaltungen ein. Prof. Dr. Adam ist Autorin des im Juli 2024 erscheinenden Fachbuchs „Risiken und Chancen integriert managen. Wie Sie erfolgreich eine antifragile Organisation aufbauen“.

www.patricia-adam.com