Integriertes Managen kann nur ein Manager, der den Überblick hat3 | 07 | 23

IMS, Manager, Managementsystem, Fernglas, Überblick

Heutige Managementsysteme brauchen Flexibilität und Agilität, um sich den Anforderungen der Kunden und der sich ständig verändernden Welt anzupassen – ohne dass immer gleich das ganze Handbuch bzw. Prozesssystem überarbeitet werden muss. Ein Integriertes Managementsystem (IMS) kann das leisten, da es beliebig viele Managementsystemstandards und Regelwerke miteinander in Bezug setzt, somit deren Gestaltung/Design konsistent hält und für die Anwender zu vereinfachen hilft. Damit verändern sich jedoch auch die Anforderungen an die Qualitätsmanager: Schließlich kann integriertes Managen nur, wer auch den Überblick über das Gesamtsystem hat.

Auf dem Weg zur Implementierung eines IMS sollten wir uns daher auch vom Namen des Qualitätsmanagers bzw. Qualitätsmanagementbeauftragten (QMB) verabschieden: Schließlich managt dieser künftig weit mehr als „nur“ das QM. Das dürfte sich nicht zuletzt auch positiv auf die Wahrnehmung des QM’lers in der Organisation auswirken: Dafür spricht, dass das Thema Qualität in den meisten Organisationen noch immer mit dem „Bewahren“ von Bestehendem und einer ausschließlichen Orientierung an Normen in Verbindung gebracht wird. Eine Änderung im Rollennamen wäre so nicht zuletzt auch ein Signal an die anderen Abteilungen.

Vom Qualitätsmanager zum Managementsystembeauftragten

In einem IMS bilden wenige Prozesse weiterhin die Grundlage des Managementsystems. Dabei braucht es alle Elemente, die Nachweise über die Funktionsfähigkeit des Systems offenlegen und so sicherstellen, dass alle Normforderungen erfüllt werden können. Für die Umsetzung auf der operativen Ebene können beispielsweise Qualitätsmanagementpläne nach ISO 10005 eingesetzt werden, die selbstverständlich auch weitere Anforderungen beinhalten können. So ist eine schnelle Adaption eines Systems auf die Anforderungen eines Projektes bzw. eines Auftrages möglich.

Für die Rolle des QMlers heißt das konkret: Aus dem Qualitätsmanager bzw. QMB wird in der Folge der bzw. die Managementsystembeauftragte.

Dieser Weg ist in zwei Schritten denk- bzw. gangbar:

Im ersten Schritt erhält der QMB eine zusätzliche Koordinierungsfunktion. Als Koordinator bzw. „Manager“ des Managementsystems der Organisation ist er zunächst weiterhin als QMB tätig, hat aber als solcher Kenntnisse über das Gesamtsystem und die Fähigkeit, die verschiedenen Spezialisten, die an der Implementierung beteiligt sind, zu koordinieren und sicherzustellen, dass sie effektiv zusammenarbeiten.

Das bedeutet eine Aufwertung seiner Rolle: Er ist damit auf Augenhöhe mit der obersten Leitung und wird bei Geschäftsentscheidungen stärker berücksichtigt, da er die Auswirkungen dieser Entscheidungen auf die Unternehmensprozesse zu beurteilen hat.

Im zweiten Schritt übernimmt der QMB die Gesamtverantwortung für das Managementsystem. Er wird dadurch zum Manager des „Geschäftssystems“, der alle Anforderungen bündelt. So kommt er auch aus der Schusslinie der Linienverantwortlichen, denn er übernimmt nicht das „Troubleshooting“ für die Führungskräfte. Dadurch haben diese mehr Zeit, um sich auf ihre Führungsaufgabe zu konzentrieren. Die Perspektive des „Managers Geschäftssystem“ ist die Prozesssicht, während die Führungskräfte die Mitarbeiter und die Realisierung von Produkten und Dienstleistungen im Fokus haben.

Anpassung der Ausbildung

Diese Vorgehensweise hat weitreichende Folgen für die zukünftige Ausbildung von Managementsystembeauftragten, schließlich müssen diese dem neuen Anspruch künftig gerecht werden können. Als gesamtverantwortliche Person werden neben Fachkenntnissen zu Gesetzen, Verordnungen und Normen ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten gebraucht, da insbesondere Risiken – Gefahren und Chancen – korrekt adressiert werden müssen. Der bzw. die Managementsystembeauftragte hat künftig eine Beraterfunktion in einer vertrauensvollen Position. Er verantwortet somit gemeinsam mit den Prozessverantwortlichen die angemessene Ausprägung des Prozesssystems und unterstützt die operativen Führungskräfte bei der Umsetzung. Das bedeutet letztlich: Er ist auf Augenhöhe mit der Unternehmensleitung.

Und so könnte eine auf die Spezialisierung angepasste Visitenkarte aussehen:
Frau/Herr Mustermann
Managementsystembeauftragte/r, englisch: Manager Business System/ Management System Officer/ Managing Director Managementsystem
Qualitätsmanagement, Umweltmanagement, Compliance, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Datenschutz …

 

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Hören Sie rein in den DGQ-Podcast zum Thema Integrierte Managementsysteme

Integriertes Management und integrierte Managementsysteme sind Begrifflichkeiten, an denen niemand im Qualitätsmanagement vorbeikommt. Denn heutzutage gilt es, eine Vielzahl unterschiedlicher normativer und regulativer Anforderungen in Unternehmen zu integrieren und interdisziplinär zu bearbeiten. Wie dies erfolgreich gelingen kann, diskutieren Benedikt Sommerhoff, Leiter des Themenfelds Qualität und Innovation bei der DGQ und Mathias Wernicke, Mitglied im Leitungsteam des DGQ-Fachkreises Audit und Assessment sowie Berater und Trainer für Managementsysteme, im DGQ-Podcast.

Hören Sie rein in die DGQ-Podcast-Folge 23 „Über die Vielzahl an Anforderungen hin zum integrierten Managementsystem“: Zur DGQ-Podcastfolge »

Über den Autor: Katrin Seefeldt und Mathias Wernicke

Katrin Seefeldt ist freiberuflich als Trainerin und Beraterin zu QM und Lean Management in Sozialen Dienstleistungen tätig. Außerdem ist sie leitendes Mitglied im DGQ-Fachkreis „QM in der sozialen Dienstleistung“ sowie Mitglied im Leitungsteam des DGQ-Regionalkreises Elbe-Weser.

Mathias Wernicke hat 35 Jahre Erfahrung in der Anwendung, Gestaltung und Zertifizierung von Managementsystemen. Neben interkulturellen Herausforderungen waren immer zwei Gedanken präsent: Bestehende komplexe Systeme zu vereinfachen und sie den Menschen im Unternehmen nahezubringen. Wernicke ist Trainer und Prüfer der DGQ sowie Mitglied im Leitungsteam des DGQ-Fachkreises „Audit und Assessment“.

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