Ethische Kompetenz: Strategien für reflektierte Entscheidungen6 | 02 | 25

Ethische Kompetenz: Strategien für reflektierte Entscheidungen
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Bei der Qualitätskontrolle werden Mängel festgestellt. Diese sind zwar nicht direkt sicherheitskritisch, können aber die Lebensdauer des Produktes beeinträchtigen. Eine Behebung ist leider nicht möglich. Vernichten Sie die Charge oder liefern Sie aus? Wie würden Sie entscheiden? Und was, wenn der Fehler gravierender ist und sogar ein Sicherheitsrisiko darstellt?
Nicht selten werden wir im beruflichen Kontext mit Entscheidungen konfrontiert, die auch eine moralische Komponente haben – für die eigene Person oder auch für die Gesamtorganisation. Sei es der Konflikt zwischen Qualität und Preis, Profit auf Kosten der Nachhaltigkeit oder die Entlassung von Mitarbeitenden.

Gewissensbisse: Die stillen Qualitätswächter der Führungskunst

Führungskräfte stehen oft vor schwierigen Entscheidungen, die nicht nur wirtschaftliche, sondern auch moralische Dimensionen haben. Gewissensbisse sind dabei keine Schwäche, sondern eine Qualität, die uns innehalten lässt. Sie fordern uns auf, unser Handeln zu überdenken. Gewissensbisse entstehen, wenn wir Entscheidungen treffen, die im Widerspruch zu unseren Werten stehen. Sie sind ein Zeichen von moralischer Sensibilität und oft der erste Schritt zur Selbstreflexion. Wenn Sie mit Gewissensbissen konfrontiert werden, nehmen Sie dies als Zeichen dafür, dass eine Entscheidung einer gründlichen ethischen Reflexion bedarf.

Qualität vs. Kosten: Eine ethische Entscheidung im Produktionsmanagement

Der wichtigste Schritt, um ethische Entscheidungen treffen zu können, ist, die eigene ethische Kompetenz strukturiert zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Dabei können verschiedene Methoden helfen – wie zum Beispiel die Werte-Konflikt-Matrix.


Angenommen, ein mittelständisches Produktionsunternehmen steht vor einer Entscheidung: Ein Zulieferer bietet preisgünstigere Materialien an, die allerdings leicht unter den bisherigen Qualitätsstandards liegen. Das Management muss abwägen, ob die Kostenersparnis die möglichen Qualitätseinbußen rechtfertigt.
Hier entsteht ein klassischer Wertekonflikt zwischen Qualität und Kundenzufriedenheit einerseits und Wirtschaftlichkeit und Kosteneffizienz andererseits. Hochwertige Materialien sichern langfristig das Vertrauen der Kunden, vermeiden Reklamationen und stärken das Markenimage. Auf der anderen Seite ermöglichen preiswertere Materialien niedrigere Produktionskosten, höhere Margen und eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit.
Die Werte-Konflikt-Matrix hilft, diese Gegensätze systematisch zu analysieren – und Maßnahmen zur Konfliktbewältigung zu entwickeln. Eine mögliche Lösung könnte zum Beispiel ein hybrider Ansatz sein: Die Qualität des neuen Materials wird intensiv geprüft, Kundenfeedback eingeholt und eventuell eine günstigere Produktlinie eingeführt, während die Premiumlinie unverändert bleibt. Alternativ könnten Verhandlungen mit dem Lieferanten geführt oder zusätzliche Qualitätskontrollen etabliert werden.

Ethische Entscheidungen als Erfolgsfaktor

Die Anwendung solcher Methoden stärkt nicht nur die Qualität von Entscheidungen, sondern fördert auch eine verantwortungsbewusste Unternehmenskultur. Führungskräfte, die ethische Überlegungen systematisch in ihre Entscheidungsprozesse einbeziehen, schaffen Vertrauen – sowohl innerhalb des Unternehmens als auch bei Kunden und Geschäftspartnern. Langfristig zahlt sich das nicht nur moralisch, sondern auch wirtschaftlich aus.

Praxistipps für reflektierte Entscheidungen

Wie trifft man die bestmöglichen ethischen Entscheidungen? Das ist Thema des Vortrags „Ethische Kompetenzen für Führungskräfte“ im DGQ-Regionalkreis Hannover am 24. Februar 2025. Die Referentin Tanja Föhr ist Autorin der gleichnamigen Neuerscheinung „Ethische Kompetenzen für Führungskräfte. Wissen und Methoden für glaubwürdige, reflektiere Entscheidungen“. Sowohl im Buch als auch in ihrem Vortrag gibt sie Hilfestellungen, wie Führungskräfte zu reflektierteren Entscheidungen kommt. Sie stellt Methoden und Instrumente für eine ethisch-nachhaltige Entscheidungsfindung sowie Strategiewerkzeuge für eine ethische Unternehmenskultur vor.

Über die Autorin: Tanja Foehr

Tanja Föhr studierte Geographie, interdisziplinäre Arbeitswissenschaften mit dem Schwerpunkt Change Management und angewandte Ethik. Als ausgebildeter systemischer Business Coach unterstützt sie seit vielen Jahren Führungskräfte in Industriekonzernen und KMU und begleitet sie in Veränderungsprozessen. Ihre Moderation von Konferenzen überzeugt durch die Visualisierungen, die zeitgleich entstehen und den Wissenstransfer auf eine anschauliche Art unterstützen.