Das QM und die Macht26 | 02 | 25
Das Ausüben von und Streben nach Macht streiten mächtige Vorstandsvorsitzende und hochrangige Führungskräfte bei Interviews in der Regel ab, ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Denken die so oder meinen sie eher, dass es problematisch ist, offen über den Gebrauch eigener Macht zu sprechen? In Gesellschaft und Wirtschaft sind Macht und Machtausübung reale und relevante Phänomene und das macht es interessant, sich im Kontext Qualität Gedanken dazu machen.
Macht schafft Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit zu erleben ist ein fundamentales Motiv für unser menschliches Handeln. Sie bedeutet, mit unseren eigenen Entscheidungen und Handlungen gewollte und von uns selbst als erstrebenswert erachtete Wirkungen zu erzielen. Wer Macht akquirieren und einsetzen kann, vergrößert sein Wirksamkeitspotenzial. Wer machtlos ist, bleibt oft wirkungslos. Macht ist also für uns alle relevant.
Arten von Macht
Von der autoritären Macht bis zur Macht der Überzeugung besteht ein weites Spektrum der Arten von Macht und Machtausübung. Autoritäre Machtausübung kann gewaltsam sein, im Unternehmen zumeist eher psychisch als physisch. Sanfter daher kommen das starke Argument, die hohe Kompetenz, das erworbene Vertrauen in Können und Redlichkeit.
Die Grenze zwischen Gebrauch und Missbrauch von Macht ist unscharf
Heiligt der Zweck die Mittel, also auch den Einsatz gewaltsamer, aggressiver, manipulativer Machtmittel? Und was ist, wenn jemand legitime Machtmittel für die falschen Zwecke einsetzt? Was ist ein falscher Zweck, was ein falsches Mittel? Beides ist im Unternehmen nicht immer so klar, wie wir es uns oft wünschen und bräuchten. Grauzonen entstehen und erfordern, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, sie zu erhellen, konfliktäre Positionen zu klären.
Macht im Qualitätsmanagement
Auch im QM spielt Macht verschiedene Rollen. Personen mit Macht können leichter und ungestraft QM-Regeln umgehen oder brechen. Wer QM-Regeln durchsetzen will, kann das mit Macht besser als ohne. Wie (wirk-)mächtig und damit wirksam ein QM-System und einzelne QM-Regeln sind, hängt vom Grad ihrer Unterstützung durch Mächtige in der Organisation ab.
Idealerweise sind das QM-System und seine einzelnen Regeln jeweils verständlich, nachvollziehbar und es gelingt, Mitarbeitende in der Sache, mit der sanften und allerseits akzeptablen Macht des guten Arguments zur freiwilligen Anwendung zu bewegen. Die Erfahrung zeigt, dass das nicht für alle Regeln und mit allen Mitarbeitenden gelingen wird. Dann muss Führung greifen. Führungskräfte, nicht Qualitätsmanagerinnen oder Qualitätsmanager, müssen in ihrem Verantwortungsbereich die geltenden Regeln durchsetzen.
Laterale Führung – die sanfte Machtausübung
Wo Menschen aus eigenem Antrieb das Richtige richtig tun, läuft’s im Unternehmen. Wo nicht, braucht es Führung. Führung bedeutet unter anderem, Menschen dazu zu bewegen, etwas zu tun, das sie aus eigenem Antrieb nicht tun würden. Autoritäre Machtausübung ist da sicherlich zunächst wirksam, aber vielleicht nicht nachhaltig und oft konfliktträchtig. Sanfte Machtausübung ist vielleicht schwieriger, wirkt aber hoffentlich langfristiger.
Qualitätsmanagerinnen und -manager haben typischerweise außerhalb des eigenen Teams, das sie führen, nur diejenige Autorität, die ihnen Leitung und Führungskräfte zugestehen, sowie diejenige, die sie selbst aufgrund von Kompetenz, Persönlichkeit und Verhalten auf Menschen ausstrahlen. Ihre Möglichkeit zu führen, ist die laterale Führung, Führung ohne Weisungsbefugnis. Und so, lateral, gilt es dann auch Führungskräfte zu „führen“. Denn für gelingendes Qualitätsmanagement sind nicht nur die Mitarbeitenden, sondern zunächst einmal die Führungskräfte zu gewinnen und zu aktivieren.
So schwierig es fällt, den Begriff Macht im Unternehmen zu benutzen, über Macht nachdenken und reden sowie Macht organisieren und nutzen müssen wir dennoch. Macht mal. Dafür wünsche ich mächtig viel Erfolg.
Meine DGQ-Blogserie 2025 „Das QM und die …“
Das Qualitätsmanagement betritt viele unterschiedliche Felder, behandelt viele verschiede Themen und benötigt Wissen aus vielen Gebieten. In meiner DGQ-Blogserie „Das QM und die …“ sinniere ich über zwölf Begriffe und ihre Bedeutung für das QM und im QM. Dabei möchte ich immer auch auf die Bedeutung für Praxis und Umsetzung im Unternehmen eingehen. Eines ist klar, die wenigen Zeilen eines Blogs können interessante Impulse setzen, doch die Themen nie umfassend behandeln. Deshalb werden wir vertiefende Ausarbeitungen in DGQ Impulspapieren, den DGQ Mitgliederwebinaren der Reihe „Chili-con-Q“ und QZ Artikeln publizieren.
Über den Autor: Benedikt Sommerhoff
