Auditwelt im Wandel: Vom Remote Audit und weiteren Zukunftsthemen3 | 05 | 23

Audit, Tastatur, Dokument, Mitschrift, Auditwelt

Sind interne Audits noch in der Lage, echte Gefahren und Chancen aufzuzeigen? Welchen Nutzen bringen sie den Unternehmen überhaupt? Dienen sie heute vielleicht hauptsächlich zur Vorbereitung von externen Audits? Und welche Rolle spielt das Remote Audit mittlerweile für Organisationen?

Keine Frage: Die Auditwelt ist im Wandel. Die eingangs gestellten Fragen zeigen auf, worauf wir Auditoren, aber auch die Managementsystembeauftragten in den nächsten Jahren unser Augenmerk richten müssen – und welche Herausforderungen damit auf uns zukommen.

Ein großes Thema ist aktuell das Remote Audit. Das „Audit aus der Ferne“ hat sich in den vergangenen drei von der Pandemie geprägten Jahren bewährt, die Vorteile liegen aber auch mit Blick in die Zukunft auf der Hand: Zeitnahe, risikobasierte Erkenntnisse der Umsetzung von Vorgaben aller Art sowie eine erhebliche Ressourcenschonung der Auditoren und Auditpartner.

Aussagekräftige Umfrage unter Fachkreis-Mitgliedern

Eine sechsteilige Umfrage unter Mitgliedern der DGQ durch den Fachkreis „Audit und Assessment“ mit insgesamt 259 Teilnehmer:innen, die von November 2020 bis Oktober 2022 lief, zeigt jedoch: Auch wenn dem Remote Audit künftig eine steigende Bedeutung zukommt, ist es noch nicht in allen Organisationen angekommen. Mit Blick auf die Durchführung von Audits nannten die Befragten in der Umfrage noch überwiegend das „Audit vor Ort“ als gängige Methode.

Woran liegt das? Und wie gehen wir damit um, in einer Welt, deren jüngster Digitalisierungsschub sich nicht wieder zurückdrehen lassen wird – ganz zu schweigen davon, dass dies wohl in niemandes Sinne sein kann?

An der klassischen Audit-Vorgehensweise der „Inaugenscheinnahme“ ist grundsätzlich nichts auszusetzen. Allerdings ist bei Lieferantenaudits und Audits entfernter Unternehmensstandorte sowohl der logistische als auch der finanzielle Aufwand, ganz zu schweigen von der Terminfindung, nicht unerheblich. Das führt zu einer immer wiederkehrenden „Vorbereitungsorgie“, die nicht immer die Realität des zu auditierenden Sachverhalts abbildet.

Sinnvoller erscheint es da, die Audits je nach Kritikalität bzw. Risiko „ad-hoc“, also kurzfristig und „aus der Ferne“, aka remote durchzuführen. Dazu muss zu Beginn zwar in eine entsprechende Weiterbildung der Auditoren, zu verwendende Kommunikationsmittel und organisatorische Festlegungen investiert werden, aber: Der Nutzen übersteigt den Aufwand bei weitem!

Der Fachkreis „Audit und Assessment“ hat zu diesem Thema ein Impulspapier mit dem Titel „Das Remote Audit als zukunftsweisende Methodik für risikobasierte Audits“ veröffentlicht, das auch Einzug in die internationale Normung gehalten hat. In der DGQ Weiterbildung ist zudem ein E-Learning zum Thema „Remote Audit“ buchbar.

Weitere Erkenntnisse

Ziel der Umfrage war es, herauszufinden, bei welchen Audit-Themen aus Sicht des Fachkreises Optimierungsbedarf besteht. Dabei wurden unter anderem folgende Kernfragen gestellt:

  • Wer führt in Ihrem Unternehmen interne Audits durch?
  • Mit welchen Methoden auditieren Sie?
  • Wo findet das interne Audit statt? (unter anderem „vor Ort“ – „Remote“)
  • Über welche Kompetenzen verfügen die internen Auditoren?
  • Wie lange dauert ein internes Audit in der Regel?

Die Ergebnisse verfügten über die üblichen Schwankungsbreiten, aber im Trend ähnelten sie sich: Oft beschrieben die Befragten ein wenig dynamisches, bisweilen minimalistisches Auditprogramm, in dem die Themen häufig mittels Checklisten abgefragt werden. Die Audits selbst wurden überwiegend durch im jeweiligen Sachgebiet geschulte interne Auditoren durchgeführt.

Der Fachkreis empfiehlt, Auditprogramme dynamischer und dezentraler durchzuführen, also auch Experten und Führungskräfte einzubinden, die zeitnah die Risiken der Prozessanwendung ermitteln und geeignete Maßnahmen zur Behebung der Feststellungen vereinbaren. Checklisten sind zwar bisweilen notwendig, aber effektiver erscheint uns die Methode der Beobachtung bzw. der Grün/Gelb-Abfrage, bei der die Auditierten ihre Meinung zur Prozessgüte nonverbal ausdrücken können. Hilfestellung gibt ein 2022 veröffentlichtes Impulspapier des Fachkreises.

Berufsbild Auditor

Für die Integrität und Zuverlässigkeit von Unternehmen ist das Einhalten von gesetzlichen, behördlichen und normativen Vorgaben und Anforderungen essenziell. Neben dem Feststellen der Konformität können im Rahmen eines Audits unter anderem bewährte Praktiken erkannt, Lücken identifiziert und Optimierungspotenziale aufgedeckt werden. Auditoren können so einen entscheidenden Beitrag für das Unternehmen leisten und haben gute Karriereaussichten in den verschiedensten Branchen.
Antworten auf die wichtigsten Fragen finden Sie in unserem Berufsbild zum Auditor:

  • Welche Aufgaben betreuen Auditoren?
  • Wie werde ich Auditor?
  • Welche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es?
  • Was verdient ein Auditor?
  • Welche Karrieremöglichkeiten gibt es als Auditor?

Zum Berufsbild Auditor »

Viele kurze Audits statt wenige umfangreiche Termine

Ein weiterer Aspekt realer Auditprogrammplanung ist die Stichprobengröße und die Anzahl der Audits im Betrachtungszeitraum: Organisationen versuchen oftmals, die Anzahl der Audittage für die internen Audits auf ein Minimum zu begrenzen, um Kosten zu sparen. Weitaus sinnvoller wäre es hingegen, öfter und vor allem Risiken – „Gefahren und Chancen“ – begleitende, kurze Audits durchzuführen, um zeitnahe Informationen über die Wirksamkeit der Prozesse, Zielvereinbarungen und Maßnahmen zu erhalten. Dies können auch anders benannte Überprüfungen sein, etwa Bewertungen der Umsetzungsgeschwindigkeit. Insbesondere Führungskräfte können hierzu einen Beitrag liefern (Stichwort „Layered Process Audit“, LPA).

Der Fachkreis „Audit und Assessment“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, handlungsorientierte Hilfestellungen zur Optimierung von Audits und Auditprogrammen zu geben. Die ebenfalls in der Umfrage herausgearbeiteten Themen „Kompetenzen der Auditoren“, „Integrierte Audits“ und „Audits mittels agiler Methoden“ sind aktuell in Bearbeitung. In der Zukunft wollen wir uns zudem mit dem Thema „Interne Revision“ auseinandersetzen, denn wir sind davon überzeugt, dass hier noch erhebliche Potentiale zu heben sind; insbesondere bei der Ermittlung von Gefahren, die in den Prozessen nicht erkennbar sind.

In der Umfrage wurden die Regionen der DGQ-Geschäftsstellen mehr oder weniger repräsentativ abgedeckt. Details zu den konkreten Ergebnissen finden Sie auf DGQplus.

Wir freuen uns auf zustimmende oder kritische Diskussionsbeiträge, damit wir die Themen weiter vertiefen können.

Autor des Blogbeitrages ist Mathias Wernicke, Leitungsmitglied des Fachkreises Audit und Assessment.

 

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Über den Autor: DGQ-Fachkreis Audit und Assessment

Der DGQ-Fachkreis Audit und Assessment setzt sich dafür ein, dass Audits als wirksames Mittel zur Unterstützung der Unternehmensführung eingesetzt und wahrgenommen werden, und nicht nur als notwendige Prüfung zum Erwerb des Zertifikats. Es ist das Ziel der Fachkreisarbeit, dass Audits als akzeptierte und wirksame Treiber in Organisationen eingesetzt werden, um Risiken und Chancen zu erkennen und Mehrwert zu erzeugen. Wenn Sie Interesse haben, sich aktiv im Fachkreis einzubringen und sich mit Experten zu diesem Thema auszutauschen, dann sprechen Sie das Leitungsteam unter fk-a@dgqaktiv.de an.

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