„Die FQS schafft Lösungsräume, um über den Tellerrand zu blicken“19 | 09 | 23

FQS, Forschung, Wissenschaft

Dr. Paul Kübler ist neues Vorstandsmitglied der FQS – Forschungsgemeinschaft Qualität e.V. Im Interview erläutert er, welche Chancen er in der Arbeit der FQS für Unternehmen, Forschungseinrichtungen und das DGQ-Netzwerk sieht und welche Schwerpunkte er in seiner neuen Rolle setzen möchte.

 

Herzlichen Glückwunsch, Dr. Kübler, Sie sind erst vor wenigen Tagen in den FQS-Vorstand gewählt worden. Was hat Sie motiviert, dieses Amt zu übernehmen?

Dr. rer. nat. Paul Kübler

Dr. rer. nat. Paul Kübler
Quality Management Europe, BASF Coatings GmbH

Dr. Paul Kübler: Nach meiner aktiven Forschungstätigkeit ist die wissenschaftliche Neugier für offene Fragestellungen und innovative Ansätze geblieben. Anwendungsorientierte Forschung ist extrem wichtig, um konkrete und praxistaugliche Lösungen für aktuelle Probleme zu finden. Sie schlägt die Brücke zwischen theoretischen Konzepten und den Herausforderungen im operativen Tagesgeschäft. Gerade die aktuellen Megatrends wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung bieten große Überschneidungen mit dem Themenfeld „Qualität“ und stellen viele Unternehmen vor Herausforderungen. Hier liegt ein enormes Potenzial, um aus den Risiken echte Chancen zu machen. Ich finde es sehr spannend an dieser Entwicklung mitzuwirken und dabei zu unterstützen, dass Mitglieder der DGQ und FQS das vorhandene Potential heben können.

Was haben Sie sich vorgenommen? Was werden die Schwerpunkte in Ihrer Arbeit als Vorstandsmitglied sein?

Dr. Paul Kübler: Die aktuellen Ergebnisse der FQS sind beeindruckend. Mit einem überschaubaren Team werden jährlich Projekte in einem Fördervolumen von rund 1,5 Mio. Euro angegangen. Damit im turbulenten Geschäftsalltag nicht der Blick für die Zukunft in den Hintergrund gerät, möchte ich von außen Impulse für die strategische Ausrichtung setzen. Dabei werde ich als Sparringspartner für die Geschäftsführung agieren. Ich freue mich darauf aktiv dabei mitzuhelfen vor allem das Synergiepotenzial zwischen DGQ und FQS zu heben und damit den Mehrwert für die Mitglieder beider Organisationen kontinuierlich zu steigern. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Aufbau und der Pflege eines starken Kooperationsnetzwerks mit anderen Forschungsvereinigungen und wissenschaftlichen Institutionen.

Die FQS versteht sich als Forschungsarm der DGQ. Worin sehen Sie den Auftrag der FQS?

Dr. Paul Kübler: Die FQS wirkt als Bindeglied zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Behörden. Das ist vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen wichtig, um Zugang zu externen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten zu erhalten. Die Unterstützung bei der Initiierung, Ausarbeitung und Durchführung der Forschungsvorhaben sind Hauptaktivitäten der FQS. Gerade zu Beginn ist der Hemmschuh recht groß, denn schwer einzuschätzende bürokratische Hürden wirken abschreckend. Die Erstellung eines erfolgreichen Förderantrags erfordert einiges an Aufwand und Erfahrung. Die FQS unterstützt ihre Mitglieder dabei mit Rat und Tat. Mit den Begriffen der Chemie gesprochen: Als Katalysator senkt die FQS die Aktivierungsenergie der Forschungs- und Industriepartner, um exzellente Forschungsprojekte zu ermöglichen.

Was kann Forschung ganz grundsätzlich für Qualität leisten?

Dr. Paul Kübler: Strukturierte und systematische Forschung ist essenziell, um größere Fortschritte und Innovationen zu ermöglichen. Nur durch die kritische Untersuchung von Hypothesen und Annahmen, können valide Erkenntnisse erhalten und das bestehende Wissen ausgebaut werden. Durch die Veröffentlichung wissenschaftlicher Fortschritte wird das neue Wissen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Die Schwerpunkte innerhalb von Unternehmen im Qualitätskontext drehen sich oft darum, effektive Ressourcennutzung zu ermöglichen, Verschwendung zu vermeiden und Kosten zu senken. Dafür werden meist inkrementelle und kleinere Verbesserungen mit vorhandenen Ressourcen umgesetzt, wodurch etwaige Risiken überschaubar bleiben. Für fundamentale Verbesserungen und völlig neue Ansätze braucht es unabhängige Forschung und die Kombination von Fachwissen aus verschiedenen Bereichen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) ermöglicht es, verschiedene Perspektiven einzubringen und innovative Lösungen bereitzustellen.

Wo sehen Sie die größten Chancen in der Arbeit, die die FQS für Unternehmen, Forschungseinrichtungen und das DGQ-Netzwerk leisten kann?

Dr. Paul Kübler: Die FQS schafft Lösungsräume, um über den Tellerrand zu blicken und Ergebnisse zu erzielen, die in den betrieblichen Alltag übertragbar sind. Dafür fungiert sie als Plattform und bringt Gleichgesinnte mit einem ähnlichen Mindset und dem inneren Antrieb, aktuellen Fragestellungen auf den Grund zu gehen, zusammen. Alle drei genannten Interessengruppen (Unternehmen, Forschungseinrichtungen sowie das DGQ-Netzwerk) können Projektideen einbringen. Über den breit besetzten Forschungsbeirat aus erfahrenen Vertretern der Wissenschaft und Wirtschaft findet eine erste Einschätzung der Forschungsideen statt. Bewilligte Forschungsvorhaben sind konkrete Projekte mit definierten Zielen, deren Laufzeit und Finanzierung im Vorfeld geklärt ist. Somit herrscht Planungssicherheit für alle Beteiligten. Auch abseits der Projekte bieten sich zahlreiche Gelegenheiten, um sein Netzwerk zu erweitern und neue Impulse zu erhalten.

Welche Potenziale bietet das DGQ-Netzwerk insgesamt, um Innovation, Forschung und Transfer voranzubringen?

Dr. Paul Kübler: Als zentrale deutsche Qualitätsgesellschaft bietet die DGQ vor allem durch ihre zahlreichen Netzwerkgruppen und unterschiedlichen Fachexperten ideale Bedingungen, um Erfahrungen auszutauschen und neue Qualitätsmanagement-Ansätze zu entwickeln. Viele Fäden laufen auf der Mitgliederplattform DGQplus zusammen, sodass dort neben neuesten wissenschaftlichen Ergebnissen und weiteren aktuellen Fachinformationen beispielsweise auch exklusive Impulspapiere verfügbar sind. Der offene Austausch und die gemeinsame Arbeit an Fachthemen ermöglichen eine stetige praxisorientierte Weiterentwicklung an Wissen im Qualitätsmanagement. Die einzigartige Verzahnung von Theorie, Forschung, Weiterbildung und Praxis ist der ideale Nährboden für bedarfsgerechte Innovationen.

Welches Qualitätsthema würden Sie gerne mal erforschen (lassen)?

Dr. Paul Kübler: Um erfolgreich in einem dynamischen Umfeld zu bestehen, müssen Unternehmen ihre Strategien, Strukturen und Prozesse kontinuierlich anpassen und ihre Mitarbeitenden in diesem Prozess unterstützen. Damit faktenbasierte Entscheidungen schnell getroffen werden können, ist ein fundiertes Wissen und breite Expertise essentiell. Eine große Herausforderung liegt in der Wissenssicherung und dem Know-how-Transfer. Viele Unternehmen haben sich damit abgefunden, dass mit dem Ausscheiden langjähriger Mitarbeitender ein Großteil der Erfahrungen und Kenntnisse verloren geht. Wenn das mühsam erarbeitete Wissen auf systematische Art transparent gemacht wird, können nicht nur neue Mitarbeitende davon profitieren, sondern auch strategische Entscheidungen besser und schneller getroffen werden. Daher liegt mein großes Interesse in der Objektivierung vermeintlich subjektiver Bewertungen und der Kombination von quantitativen Daten und qualitativem Erfahrungsschatz.

Wenn Sie eine Organisation von der Mitgliedschaft in der FQS überzeugen möchten, was sagen Sie dann? Warum sollte man mit dabei sein?

Dr. Paul Kübler: Die Mitgliedschaft in der FQS eröffnet den direkten, kostenfreien Zugang zu aktuellen Forschungsergebnissen und den FQS-Bereich der Mitgliederplattform DGQplus. Der Aktivitätsgrad als Mitgliedsunternehmen kann flexibel gewählt werden. Von der Einbringung eigener Forschungsideen bis zur aktiven Beteiligung an öffentlich geförderten Forschungsprojekten kann situativ gewählt werden. Forschungseinrichtungen profitieren nicht nur von der ganzheitlichen Betreuung durch alle Projektphasen hindurch. Über die FQS wird auch das DGQ-Netzwerk zugänglich, wodurch zielgerichtet Unternehmenskontakte für potenzielle Partnerschaften geknüpft werden können. So lässt sich die Nähe zu aktuellen und praxisbezogenen Herausforderungen der Industrie sicherstellen.

 

Erfahren Sie mehr zur FQS – Forschungsgemeinschaft Qualität e. V. und den Beteiligungsmöglichkeiten

Die Forschungsgemeinschaft Qualität e. V. unterstützt seit 1989 die anwendungsorientierte Forschung rund um das Thema Qualität in Deutschland. Hierzu fördert die FQS Forschungsprojekte über das Instrument der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und ist ordentliches Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e. V. (AiF).

 

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Über den Autor: DGQ