Manifest für Agiles Qualitätsmanagement11 | 10 | 16

QMB

Agilität ist in dynamischen Märkten unter turbulenten Rahmenbedingungen ein probates Mittel, ein Unternehmen ergebnisfähig aufzustellen

Agilität bedeutet, in autonomen, interaktiven Netzwerken in schneller Reaktion auf aktuelle und in Proaktion auf antizipierte Bedürfnisse Lösungen und Produkte zu kreieren und zu realisieren. Das klassische Qualitätsmanagement ist in Phasen entstanden und ausgereift, als Unternehmen deutlich stabiler waren oder dafür gehalten wurden. Es wird den heute agierenden agilen Organisationen nicht gerecht. Das ist schädlich, weil das Qualitätsmanagement dort an Akzeptanz und Wirksamkeit verliert und somit auch Defizite bei der Produktqualität entstehen können. Wir brauchen ein agiles Qualitätsmanagement.

Das Manifest für Agile Softwareentwicklung hat einen Entwicklungsschub für die Agilisierung von Unternehmen ausgelöst, nicht nur bei Softwareentwicklern, sondern zunehmend in weiteren Branchen. Methoden wie Scrum und Design Thinking erweisen sich als kulturtransformierend und stark agilitätsförderlich.

Es ist an der Zeit, sich Gedanken zu machen, wie das Qualitätsmanagement für eine Unterstützung agiler Unternehmenskulturen und -strukturen fit gemacht werden kann. Ein erster Schritt als Beitrag zur Diskussion und zur Kommentierung und Ergänzung durch die Fachgemeinschaft ist die Formulierung agiler Grundsätze entlang derer der ISO 9001.

Kundeninteraktion

Das klassische Qualitätsmanagement erkennt die Bedeutung des Kunden an. Es erfragt die Anforderungen und arbeitet auf ihre Befriedigung hin. Im Extremfall gibt es auch nur zwei Kontaktpunkte, beim Erfragen der Anforderungen und beim Erfragen der Zufriedenheit.

Das agile Qualitätsmanagement sucht und managt die kontinuierliche Interaktion mit heutigen und möglichen zukünftigen Kunden. Eng verknüpft mit dem Grundsatz der Iteration beteiligt das Unternehmen die Kunden oder geeignete Repräsentanten großer Zielgruppen aktiv in den Phasen der Ideenfindung, Entwicklung, Realisierung und Nutzung von Produkten.

Dienende Führung

Das klassische Qualitätsmanagement ist für sehr hierarchische Organisationen maßgeschneidert. Agile Organisationen sind hochgradig selbstorganisiert.

In agilen Organisationen lösen sich Hierarchien weitgehend auf. Interdisziplinäre Teams übernehmen entscheidende Rollen und Aufgaben, die Führungskräfte innehatten oder zuwiesen. Kompetenz, Kommunikation und wirkungsvolle Vernetzung in und zwischen Teams machen in agilen Organisationen die enorme Reaktionsgeschwindigkeit bei hoher Ergebnisqualität aus. Dienende Führung stellt Ressourcen, Strukturen und eine Kultur dafür bereit. Verantwortlichkeiten klärt das agile Team situativ.

Interdisziplinäre Vernetzung

Die Einbeziehung von Personen hat das klassische Qualitätsmanagement typischerweise als das Einbeziehen von Experten mit definiertem Kompetenz- und Befugnisportfolio geregelt.

Interdisziplinäre Vernetzung zieht ihre Wirksamkeit aus einem hohen Vernetzungsgrad vieler Organisationsinterner und -externer, unabhängig von ihrer Funktion oder Stellung in Organigrammen. Agile Teams wissen und ziehen hinzu, wen immer sie gebrauchen können. Diese Aktivität ist kaum plan- und steuerbar. Das agile Qualitätsmanagement muss Vernetzung stimulieren und unterstützen.

Evolutionärer Ansatz

Der prozessorientierte Ansatz des klassischen Qualitätsmanagement ist wirkmächtig – für Prozessorganisationen. Projektorganisationen und agile Organisationen haben weitere, zusätzliche Bedürfnisse, um Qualität liefern zu können.

Der evolutionäre Ansatz des agilen Qualitätsmanagement bedeutet, die Balance zwischen Prozessorientierung, klassischem Projektmanagement und agilem Arbeiten auf evolutionärem Weg immer neu zu finden und eine agilitätsförderliche Kultur zu entwickeln. Er unterstützt einen kontinuierlichen Wandel und ermöglicht, Umbrüche zu meistern.

Iteration

Das Bild der schiefen Ebene, auf der ein PDCA-Rad nach oben rollt und KVP-Keile es am Herabrollen hindern, ist eines der am stärksten verankerten Bilder im klassischen Qualitätsmanagement. Darin gibt es kein Zurück.

Iteration heißt, immer wieder bis zu dem Punkt zurückzugehen, ab dem eine Lösung oder Verbesserung überhaupt oder besser möglich ist. Iteratives Vorgehen des agilen Qualitätsmanagement kann mit dem Scheitern gut umgehen, ist sehr experimentell. Es produziert immer wieder ganz neuartige Lösungen.

Knackpunktbasierte Lösungsfindung

Die faktenbasierten Entscheidungsfindung des klassischen Qualitätsmanagement ist ein schöner Traum. Meistens fehlen Fakten oder sie werden bewusst ausgeblendet oder auf eine gewünschte Aussage hin designt. Das Ergebnis erscheint dann wissenschaftlicher, als es ist.

Fakten, Verstehen und Beobachten sind für Lösungen natürlich sehr bedeutend. Am wichtigsten für die Lösungsfindung im agilen Qualitätsmanagement ist es aber, den maßgeblichen Knackpunkt zu finden, der die Designherausforderung benennt, von der ausgehend eine großartige Lösung entstehen kann.

Menschenzentrierung

Beziehungsmanagement ist ein starker Grundsatz des klassischen Qualitätsmanagements, der die Bedeutung der Beziehungen zu den Interessengruppen der Organisation erkennt.

Unternehmen mit agilem Qualitätsmanagement richten sich ganz und gar auf die Bedürfnisse der Menschen aller Interessengruppen aus, wollen jederzeit deren Qualitätsbedürfnisse verstehen und aus diesem Verständnis heraus Qualität in allen relevanten Aspekten erzeugen.

Autoren: Benedikt Sommerhoff und DGQ-Fachkreis Qualitätsmanagement & Organisationsentwicklung, 26. September 2016

 

Weiterbildungsangebote rund um Agiles Qualitätsmanagement

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Über den Autor: Benedikt Sommerhoff

Benedikt Sommerhoff leitet bei der DGQ das Themenfeld Qualität & Innovation. Er beobachtet, analysiert und interpretiert die Paradigmenwechsel und Trends in Gesellschaft und Wirtschaft sowie ihre Wirkungen auf das Qualitätsmanagement. Seine zahlreichen Impulse in Form von Publikationen und inspirierenden Vorträgen geben Orientierung in Zeiten des Wandels. Sie ermutigen zur Neukonzeption des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten des DGQ-Netzwerks aus Praxis und Wissenschaft arbeitet Sommerhoff in Think Tanks und Pionierprojekten an der Entwicklung, Pilotierung und Vermittlung innovativer Konzepte und Methoden.

18 Kommentare bei “Manifest für Agiles Qualitätsmanagement”

  1. Antworten und Lösungsimpulse für ein zukunftsfähiges QM.
    Dem Kunden und Nutzer nützen; Mut zum Beginnen und zur Iteration; den Menschen in den Mittelpunkt stellen.

    Aus meiner Sicht 7 sehr wertvolle Grundsätze für mehr Begeisterung im QM – im Unternehmen und in der Hochschule.

    Sehr empfehlenswert!

  2. ada1bb0d5f2adf7bcf07d5c63c47b030 Michael Steig sagt:

    In meiner Funktion als Präsident des Bundesverbandes der Auditoren begrüße ich Ihre Initiative sehr. Seit Bestehen unseres Verbandes ist es unter anderem unser Anliegen, auch aus der Sicht der Auditoren Qualitätsmanagement in den Unternehmen „neu“ zu denken. Vielerorts treffen wir auch heute noch „aufgesetzte“ Managementsysteme in den Unternehmen an, die zwar den Forderungen der Norm ISO 9001 genügen, aber der wirklichen Wirklichkeit nur wenig gemeinsam haben.
    Zum anderen stellen wir immer wieder fest, dass die sieben Grundsätze der Qualität nur den wenigsten Qualitätsverantwortlichen bekannt sind und die sich der Bedeutung dieser Grundsätze bewusst sind.
    Inhaltlich stimme ich dem Manifest für agiles Qualitätsmanagement für agile Organisationen voll zu. Lassen Sie mich dennoch ein paar Anregungen zu – aus meiner Sicht – notwendigen Änderungen geben:
    • Begriff „Dienende Führung“: Dienend klingt für mich zunächst etwas unterwürfig. Nach der Lektüre der Beschreibung sehe ich hier eigentlich eher das Thema Förderung im Fokus und schlage vor, den Abschnitt 2 als „Fördernde Führung“ zu bezeichnen.
    • Evolutionärer Ansatz: Dieser sollte noch „schärfer“ formuliert sein. Geht es doch letztendlich immer wieder darum, Prozesse, Ergebnisse, Kommunikation zu interessierten Parteien usw. zu hinterfragen und ggf. neu zu definieren.
    • Knackpunktbasierte Lösungsfindung: klingt umgangssprachlich gut, ist aber laut Duden kein Wort aus dem deutschen Sprachgebrauch. Gemeint ist sicher, den entscheidenden Punkt einer wegweisenden Lösungsfindung zu beschreiben. Vielleicht kann man den Abschnitt 6 als „entscheidender Punkt der Lösungsfindung“ bezeichnen.
    • Menschenzentrierung: der Begriff „Menschenzentrierung bedeutet eigentlich, dass Menschen zentriert werden. Ich glaube nicht, dass das die Absicht des Manifests ist. Ich schlage daher vor, den Abschnitt 7 als „Zentrierung auf den Menschen“ oder „Fokus auf Menschen“ zu bezeichnen.

    1. 1c1e9480f71fb956cb734556cce656d3 Bernd Sankowsky sagt:

      Sehr geehrter Herr Steig,
      sie schreiben „Vielerorts treffen wir auch heute noch „aufgesetzte“ Managementsysteme in den Unternehmen an, die zwar den Forderungen der Norm ISO 9001 genügen, aber der wirklichen Wirklichkeit nur wenig gemeinsam haben.“
      Ist es nicht Aufgabe von Gutachtern genauer zu prüfen und ggf. die Zertifikate zu verweigern, wenn die Anforderungen nicht erfüllt sind. Besonders bei der Dokumentation von Schulung und Kompetenzprüfungen oder beim Managementreview (z.B. Mitarbeiterbeteiligung, Wissensmanagement, Auswahl und Bewertung von Qualitätsindikatoren und Kundenzufriedenheit) sehe ich besonderen Handlungsbedarf.
      Freundliche Grüße sendet

  3. Benedikt Sommerhoff sagt:

    Ich freue mich über Ihre fundierte, inhaltstarke Rückmeldung, Herr Steig.

    Der Begriff Dienende Führung (Servant Leadership) ist z.Z. im Fokus einer neuen Diskussion über die neue oder eine neue Rolle von Führungskräfte. Fördernde Führung wäre mir hier zu schwach, weil auch klassische z.B. patriarchale Führung oft den Anspruch hat und zu einem gewissen Grad erfüllt, fördernd zu sein.

    Mit dem Begriff Evolutionärer Ansatz bin ich auch noch nicht so glücklich. Hier geht es mir u.a. darum, nicht einseitig auf Prozesse abzuheben und anzuerkennen, dass es neben Prozessorganisationen auch (klassische) Projektorganisationen und agile Organisationen gibt. Gerade in letzteren sind Prozesse nicht mehr so langfristig stabil.

    Entscheidender Punkt finde ich gut, den Begriff Knackpunkt hat der Fachkreis auch sehr kontrovers diskutiert. Er ist eine Übersetzung von Point of View, einem Begriff aus dem Design Thinking, der in der Fachliteratur meistens mit Standpunkt übersetzt ist. In der DGQ sagen wir oft „des Pudels Kern“ oder „Knackpunkt“. Gerade an diesem Begriff entzündet sich eine sehr konstruktive Diskussion, die ich enorm wertvoll finde.

    Menschenzentrierung ist verwandt zu den etablierten Begriffen Kundenzentrierung, Marktzentrierung, Technikzentrierung. Meine Erfahrung ist, dass er im Kontext des Agilen Manifestes genau so verstanden wird, wie er gemeint ist.

    Aber meine Positionen und Begriffe sind bis zu einem gewissen Grad Geschmacksache, haben keinen Anspruch, richtiger oder besser zu sein, als die Ihren. Die Auseinandersetzung darum finde ich aber sehr bereichernd.

  4. Frank Ahlrichs sagt:

    Dieses Manifest für agiles Qualitätsmanagement ist zukunftsweisend und stellt mit den genannten Instrumenten für vielfältige Unternehmenssituationen geeignete Methoden bereit. Zumindest einige der genannten Instrumente erfordern jedoch tatsächlich die passenden, agilen Unternehmensstrukturen, um deutlich besser zu sein/zu wirken als die bestehenden Formen des Qualitätsmanagements.
    Die Volatilität der Märkte und die Innovationsgeschwindigkeit in einigen Branchen erfordert tätsächlich eine neue Aufstellung der Unternehmen. Festgefügte Strukturen, über Jahre etablierte Führungspositionen und beständige Aufgabenbeschreibungen gehören zunehmend der Vergangenheit an.
    In diesen Unternehmen muss es eine neue Art der Unternehmenssteuerung geben, an der das Qualitätsmanagement einen bedeutenden Anteil haben wird.
    Die erweiterte Kundeninteraktion ist grundsätzlich für alle Unternehmen eine wertsteigernde Idee, wobei dies in der Praxis einzelner Unternehmen nicht einfach umsetzbar ist.
    Die dienende Führung erfordert tatsächlich die entsprechende selbststeuernde Organisation mit deutlich reduzierter Hierarchie. Ansonsten mag eine gute fördernde Führung ein geeigneteres Instrument sein.
    Ähnlich sehe ich dies bei der interdisziplinären Vernetzung, dem evolutionären Ansatz und der Menschenzentrierung. In agilen Organisationen ist dies sicherlich sehr wertvoll oder sogar ein Muss. In klassischen Organisationen kann dies sogar zu Störungen führen.
    Die Idee der Iteration und der knackpunktbasierten Lösungsfindung à la Design Thinking stellt dagegen in allen Unternehmen einen Fortschritt dar.
    Erwähnenswert finde ich zudem, dass der Einsatz jedweder QM-Instrumente den Willen der Beteiligten und deren Qualifikation dafür voraussetzt. Herr Steig weist auf die „aufgesetzten Managementsysteme“ hin, die gelegentlich zu finden sind. Damit die vorgeschlagenen Instrumente des agilen Qualitätsmanagements tatsächlich wirksam werden, ist über die fachliche Qualifizierung hinaus (z.B. Design Thinking-Schulungen) auch eine große Menge Veränderung in den Köpfen der Beteiligten erforderlich (Change Management).
    Es kommt also wie immer darauf an, dass die guten Ideen auch gut umgesetzt werden.
    Ich greife jedenfalls die Vorschläge des Manifests gerne auf und werde bei der Umsetzung in geeigneten Unternehmen aktiv unterstützen.

  5. b014ce28fecac274a131f11865c715f0 Christopher Kücholl sagt:

    Ich finde diesen Ansatz prinzipiell auch sehr gut. Auch die Untergliederung gibt eine genauere Definition und einen Überblick über künftige Herausforderungen.
    Zu den Begrifflichkeiten möchte ich mich Herrn Steig anschließen. Abschnitt 2 würde ich auch „fördernde Führung“ nennen.
    Für Abschnitt 6 hätte ich mehrere Vorschläge. Die Struktur „… -basierte Lösungsfindung“ würde ich dabei belassen, da das den Charakter eines sehr eingängigen Schlagwortes hat und gut als Überschrift fungieren kann. Meine Vorschläge wären:
    – Essenzbasierte Lösungsfindung
    – Kernbasierte Lösungfindung
    – Substanzbasierte Lösungsfindung
    Abschnitt 7 würde ich „Menschenfokussierung“ nennen.

    Dieses Thema ist für mich gerade sehr interessant aufgrund eines internen Organisationsentwicklungsprojekts. Allerdings wird hier trotz Projektorientierung auf einen prozessorientierten Ansatz gesetzt. Warum? Ich denke, das Thema Agilität ist noch eine für die breite Masse nicht allzu greifbare Managementvision. Sie hat durchaus ihre Berechtigung und Vorteile, ist allerdings in der allgemeinen Denkweise noch nicht allzu etabliert. Da gibt es sicher Handlungsbedarf. Für viele Unternehmen ist es, denke ich, schon ein „Kraftakt“ von Organisations- auf Prozessorientierung umzustellen. Da liegt das Thema Agilität noch etwas in der Zukunft.
    Aber ich denke mittels schlüssiger, anwendungsorientierter und praktikabler Ansätze und Methoden ist eine mittel- bis langfristige Umsetzung denkbar und vor allem auch erforderlich.

    Zum Thema selbst organisierende Gruppen möchte ich noch einen Gedanken hinzufügen:
    Die allgemeine Managementeinteilung ist ja bekanntlich strategisch und operativ. Ich bevorzuge allerdings die Einteilung strategisch (Ziele), taktisch (Prozesse) und operativ (Umsetzung). In konventionellen Organisationsformen liegt der strategische und taktische Teil meist im Management bzw. bei den Führungskräften. Bei selbst organisierenden Teams wandert die Prozessverantwortung und damit der taktische Teil von den Führungskräften in diese Teams. Daraus ergibt sich ein viele dynamischere Prozessoptimierung. Diesen Effekt finde ich sehr interessant.

  6. Benedikt Sommerhoff sagt:

    Danke für die guten Ideen. Kurz noch zur Unterscheidung strategisch-taktisch-operativ: Wie unterscheiden Sie taktisch und operativ, zumal Prozesse doch Umsetzungsmotoren sind?

  7. e1dc18dc2a2257d0e948a41d9f2dc2b1 Peter Ambronn sagt:

    Dienende Führung bringt es auf den Punkt: Stellt man sich die Hierarchiepyramide als Kegel vor und diesen sodann auf die Spitze, dient jede Art Führung als Unterstützungsleistung für die Wertschöpfungsprozesse, als Energie, die den Kegel in Drehung und damit stabil hält. So versteht sich auch Shopfloor Management in Produktion und Administration.

    Interdisziplinäre Vernetzung ist ein Schlüssel bei der Innovation von Produkten, Produktion und Prozessen. Richtig, ein metallverarbeitendes Unternehmen arbeitet anders als ein Ingenieurbüro oder ein IT-Media-Trendsetter. Im Bereich Innovation muss (soll!) man jedoch die Kompetenzen und Kapazitäten nutzen, die man hat. Temporäre Teamzusammensetzung und sich erweiternde Entscheidungsbefugnisse in Abhängigkeit der Aufgabenstellung in Projekten sind dabei nur der Beginn. Diese in Projekten erfahrene Arbeitsweise wirkt nach. Und man kann diese nutzen, um Schnittstellen zu Verbindungsstellen zu machen.

  8. 094e048d7770ab56d4c48a36f752c9f7 Max Wagner sagt:

    Es waere interessant, diese Aussage noch etwas mehr zu durchleuchten: „Unternehmen mit agilem Qualitätsmanagement richten sich ganz und gar auf die Bedürfnisse der Menschen aller Interessengruppen aus.“ Meine Frage: hat die Systemtheorie bei der Erstellung des Manifestes eine Rolle gespielt?

  9. 7e60fd9005edd4930a9f3d4479ed8986 Färber Robert sagt:

    Habe im Netz nach Agilität gesucht. Man landet unweigerlich auf der Wikipediaseite ( https://de.wikipedia.org/wiki/Agilit%C3%A4t. Die Seite ist sehr knapp gehalten, aber der Bezug zu einer Hundesportart weckt sehr unangenehme Assoziationen die das Manifest für agiles QM nicht verdient hat.

    1. Benedikt Sommerhoff sagt:

      Ich sehe da kein Problem, habe mit unserem Hund auch schon Agility Training gemacht. Der Begriff ist halt in unterschiedlichem Gebrauch. Vor einigen Jahren haben die meisten, die ihn überhaupt kannten, an Hundesport gedacht. Heute ist der Begriff viel weiter verbreiten und die meisten assozieren ihn mit Management. Es geht übrigens das Gerücht, dass die Deutsche Übersetzung für „Managing with Agility“ im EFQM Modell 2013 in „Veränderungen aktiv managen“ deshalb auf den Begrif agil verzichtet, weil der Übersetzer auch Hundebezitzer war. Schade, mir fehlt der Begriff in der deutschen Variante jetzt und ich finde diese Übersetzung gar nicht trefflich.
      Fazit: Gebt den Hunden (und Herrchen und Frauchen) was des Hundes ist und dem Management, was des Managements ist.

  10. Vielen Dank für diesen interessanten und wertvollen Impuls zum Thema Agilität und agiles QM im Besonderen! Ich möchte gerne eine Anregung einbringen zum Begriff „Dienende Führung“, welche sich bei mir sofort beim Lesen eingestellt hat, aber auch in der bisherigen Diskussion thematisiert wird.
    Mir würde der aus dem englischen „enabling“ abgeleitete Begriff „Befähigende Führung“ sehr gut gefallen. Dies drückt m.E. die „heiligste“ Aufgabe der Führung aus, nämlich die Geführten durch Ermöglichung des Abrufs des Potenzials zu bestmöglichen Ergebnissen zu bringen – aber durchaus auch als Entscheider und Setzer von Leitplanken zu fungieren. So verstehe ich bspw. auch Scrum-Rollen wie den Scrum Master (z.B. Arbeitsfähigkeit sicherstellen) oder Product Owner (z.B. Elemente priorisieren).
    Ferner möchte ich den Eindruck aus meiner Sicht bestätigen, dass der Begriff „Knackpunktbasierte“ Lösungsfindung zwar umgangssprachlich eingänglich ist, aber eben nicht sehr elegant. Vielleicht passt hier „substanz-orientiert Lösungsfindung“.
    Bin gespannt auf die weitere Entwicklung!

    1. cf09e3c61aee8012b97b80edf51e469f Benedikt Sommerhoff sagt:

      Danke Herr Hüsselmann, Ihre Vorschlage bereichern die Diskussion. Eine zeitlang werden wir aber die Begriffe dienende Führung und knackpunktbasiert weiterverwenden, nicht wei wir stur sind, sondern weil sie offensichtlich besonders zum kreativen Mit- und Weiterdenken stimulieren.
      Befähigen finde ich in der Sache ganz zutreffend dennoch hat der Begriff eine Geschichte im QM (Befähiger-Kriterien im EFQM-Modell) und ich kann ncht gut einschätzen, ob er dadurch schon „verbraucht“ ist. Dienende Führung oder servant leadership finde ich sehr radikale Konzepte und Begriffe. Sie lösen Reibung und intensive Diskussion aus. Da sich klassisch soialisierte Führungskräfte bsonders schwer mit agilitätsbefähigender, raumgebender Führung tun, finde ich ein das Allergiepotenzial der Begriffe besonders wertvoll. Damit wir miteinander von Beginn an Tacheles reden.

  11. 990568445c98cb308699571608499afb Steffen Kroth sagt:

    Ich bin erst seit Kurzem im QM tätig und kenne besser die agilen Methoden aus der Softwareentwicklung.
    Daher finde ich den agilen Ansatz sehr spannend und alle genannten Punkte im Artikel ergeben erstmal Sinn.
    Aber das ganze jetzt agiles QM zu nennen, überstrapaziert die Möglichkeiten der agilen Methoden doch sehr.
    Denn leider sind agile Methoden nicht generisch genug, um sie erfolgreich überall einsetzen zu können.
    Vielmehr können sie höchsten eine Erweiterung/Verbesserung für einzelne Bereiche eines QM-Systems darstellen.
    Denn wo kommen die agilen Methoden denn her? Sie kommen vornehmlich aus dem Projektmanagement und sind der Tatsache geschuldet, dass mehr Projekte scheitern als erfolgreich umgesetzt werden. Agile Methoden helfen dabei, dies zu verbessern und umzukehren.
    Das QM muss aber alle Bereiche eines Unternehmens abdecken.
    Ich gehe also davon aus, dass man nicht alle Grundsätze (Kundenorientierung, Führung,…) einfach durch den agilen Ansatz transformieren kann.
    Der Agile Ansatz macht eigentlich nur in Managementprozessen Sinn oder kann dort angewendet werden. Ich kann mir beim besten Willen kein agiles Rechnungswesen vorstellen.
    Ich denke es könnte so laufen. Über KVP werden Prozesse durch agile Methoden verbessert.

    1. Benedikt Sommerhoff sagt:

      Agil ist ja nicht nur, wer die heute als agil bekannten und benannten Methoden aus der Softwareentwicklung einsetzt. Wenn Agilität die Fähigkeit zur Geschwindigkeit ist, die Fähigkeit zur schnellen Reaktion und Proaktion und zur friktionsärmeren Veränderung, dann ist sie für viele Organisationen erstrebenswert. und dann muss auch ein QM entstehen, das dazu einen Beitrag leisten kann. Auch müssen in einer Organisation nicht alle Bereiche den gleichen Agilitätsgrad haben und können auch nicht unbedingt die gleichen Methoden einsetzen. Aber das klassische QM ist eindeutig für die stabile Prozessorganisation spezifische ausgestaltet. Es fremdelt also sehr mit agilen Bereichen. Daran wollen wir etwas ändern, auch damit ein lebendiges QM-System die Interaktion zwischen sehr und wenig agilen Bereichen besser handhabt. In hochgradig agilen Organisationen muss sich dann vielleicht sogar das Rechnungswesen in Teilaspekten weiterentwickeln. Ob es dann gleich agil ist? Dass Sie (und ich) uns heute kein agiles Rechnungswesen vorstellen können, heißt doch nicht, dass es unmöglich entstehen kann. Immerhin befassen sich die Controller seit mehreren Jahren mit agilem Controlling (insbesondere der Internationale Controllerverein, mit dem wir einen gemeinsamen Fachkreis haben). (Ich weiß, dass Controlling etwas anderes ist als Rechnungswesen, ist nur ein Beispiel).
      Ich denke, dass wir erst am Anfang der Überlegungen stehen, was und wie ein agiles QM ist. Das Manifest soll die Diskussion stimulieren und es freut mich, wenn Sie hier und weiterhin mit Ihren Erfahrungen diese Diskussion zu guten Lösungen vorantreiben helfen.

      1. 990568445c98cb308699571608499afb Steffen Kroth sagt:

        Danke, Herr Sommerhoff. Ich stimme Ihnen jetzt voll zu. Ihre Aussage: „Agil ist ja nicht nur, wer die heute als agil bekannten und benannten Methoden aus der Softwareentwicklung einsetzt. Wenn Agilität die Fähigkeit zur Geschwindigkeit ist, die Fähigkeit zur schnellen Reaktion und Proaktion und zur friktionsärmeren Veränderung, dann ist sie für viele Organisationen erstrebenswert. und dann muss auch ein QM entstehen, das dazu einen Beitrag leisten kann.“, kann ich voll und ganz unterschreiben.

        Ich muss versuchen, die Softwareentwicklerbrille abzulegen!

        1. Benedikt Sommerhoff sagt:

          Ihre Erfahrungen mit Agilität aus der Softwareentwicklungen bleiben aber hochwillkommen. Wir können nämlich noch viel von Ihnen lernen.

          1. 990568445c98cb308699571608499afb Steffen Kroth sagt:

            Hallo Herr Sommerhoff,

            seit dem letzten Beitrag ist schon über ein Jahr vergangen und ich habe viel über Agilität, Organisationsentwicklung und QM nachgedacht und ein bisschen ausprobiert.

            Ein sehr wichtiges Werkzeug im Agilen, vor allem im Scum, ist die Retrospektive. Eine Rückschau auf das letzte Inkrement (Sprint) eines Teams. Die Idee und das Mindset der Retro habe ich dann auf das Prozessmanagement (PM) übertragen, um einen ersten wichtigen Schritt hin zu einem agileren PM zu machen. Dabei haben wir festgestellt, dass der PDCA zwar gut gemeint ist, aber im Alltag so nicht gelebt werden kann oder schlicht zu schlecht performt. Stichwort: Iteration aus dem Artikel. Wir versuchen jetzt immer IST-Prozesse zu modellieren (ein temporärer Best-Practice) und im Anschluss über agile Ansätze (Iteration, Retro, Teams auf Augenhöhe, Digitalisierung (Socializing Platform, Wikis, …) stetig eine Verbesserung herbeizuführen. Daher sind wir mittlerweile überzeugt, das gerade im PM, das ja mit der wichtigste Baustein im QM ist, ein möglichst hoher Agilitätsgrad erreicht werden muss. Da die anderen Säulen wie Kultur, Führung oder HR nicht unabhängig davon sind, werden sie gleichzeitig mit angehoben.

            Wollte ich nur kurz loswerden 🙂

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