Risikomanagement für Medizinprodukte – Missverständnisse um den Einsatz der FMEA

Risikomanagement für Medizinprodukte

Etwas mehr als zwei Jahre ist es her, dass mir bei einer Schulung zu normativen Anforderungen und dazu konformer Umsetzung eines Risikomanagementsystems für Medizinprodukte gemäß der internationalen und harmonisierten Norm EN ISO 14971:2012 erstmals eine recht kategorisch vorgetragene Behauptung begegnete, die sich so hartnäckig fest gesetzt hat, wie ich sie persönlich für falsch halte. Sie begegnet mir seitdem bis heute des Öfteren in unterschiedlichen Ausprägungen und sie erzeugt viel Verunsicherung und fragende Blicke.

Verbotene Methode?

Es geht um die Anwendung der FMEA-Methode zur Bewertung von Gefährdungen für Patienten sowie Anwender von Medizinprodukten über den gesamten Produktlebenszyklus von der Entwicklung bis zur sachgerechten Entsorgung und Vernichtung.

„Benutzen Sie nicht die FMEA zur Bewertung von Risiken!“ hieß seinerzeit die These des Referenten, die vielfach als Verbot dieser Methode missverstanden wird.

Perfekt wurde die Verwirrung mit Behandlung der Inhalte von Anhang D der EN ISO 14971:2012. Dieser (nicht normative sondern informative!) Anhang beschreibt grundsätzliche auf Medizinprodukte anzuwendende Risikokonzepte, an denen sich der Anwender bei der Ausgestaltung seines Systems zur Bewertung von potenziellen Gefährdungen und Gefährdungssituationen orientieren kann. Die methodischen Ähnlichkeiten zu einer FMEA, wie in DIN EN 60812 definiert, sind doch nicht von der Hand zu weisen, wozu dieser kategorische Ausschluss des Referenten?
Mit der Methode an sich war diese Meinung des Referenten nicht zu begründen, der Knackpunkt musste woanders gesucht werden.

Same, same but different: Knackpunkt Risikoprioritätszahl

Nach der Schulung ist vor der Arbeit und so wurde mir die grundlegende Renovierung des Risikomanagementprozesses unserer Organisation in die Hand gelegt. Mit dem Aufbau unserer produktspezifischen Risikomanagementakten wurden auch eine Risikopolitik und normkonforme Bewertungskriterien etabliert, die sowohl ein Abschätzen der Schwere des potenziellen Schadens (S) als auch dessen Wahrscheinlichkeit des Eintretens (W) ermöglichen.

Beide Dimensionen sind Bestandteil der aus der Methodik für Prozess-FMEA bekannten Risikoprioritätszahl (RPZ), die dazu mit der dritten Dimension, der Entdeckungswahrscheinlichkeit (E) anhand der Formel [S x W x E = RPZ] verknüpft werden. Den Dimensionen werden Zahlenwerte zwischen 1 und 10 zugeordnet, sodass sich je Risiko Werte im Bereich zwischen 1 und 1000 ergeben, die ab einem definierten Schwellenwert Maßnahmen zur Fehlervermeidung erforderlich machen.

Von diesem Bewertungskonzept sollte sich lösen, wer die FMEA-Methodik zur normkonformen Bewertung von Risiken für Medizinprodukte verwendet, da hierbei die Dimensionen nicht gewichtet werden. So könnte ein katastrophaler Schaden, der sich bei der Anwendung von Medizinprodukten meist durch schwerwiegende Gesundheitsschädigung oder Tod des Patienten auswirkt, kombiniert mit niedriger Auftretenswahrscheinlichkeit und hoher Entdeckbarkeit dazu führen, dass das Risiko dieses potenziell tödlichen Ereignisses als akzeptabel bewertet werden könnte.
Durch fehlende Gewichtung der Dimensionen sind die Faktoren zudem austauschbar und erzeugen in verschiedenen Kombinationen die gleiche RPZ. Dieses Problem wird auch nicht dadurch gelöst, dass die Entdeckungswahrscheinlichkeit nur in dem Maße in die Betrachtung einfließt, in dem die Entdeckung vorbeugende Maßnahmen im Rahmen der ISO 14971:2019 ermöglicht. Da dies für unsere Anwendungen nicht der Fall ist, wird auf die Einbeziehung der Entdeckungswahrscheinlichkeit grundsätzlich verzichtet.

Ein möglicher Ausweg

…ist die geschickte Definition der Wertebereiche für die halbquantitative Wahrscheinlichkeitsachse und der qualitativen Schweregradachse für die verwendete Risikomatrix im Risikomanagementplan, die wie im folgenden Beispiel gewählt werden können:

Die Niveau-Achsen werden nachfolgend in der Risikoakzeptanzmatrix gewichtet dargestellt. Hierbei kommen die RPZ jeweils nur einmal in der Matrix vor und ergeben somit ein klares Bewertungsergebnis hinsichtlich der Akzeptanz des potenziellen Risikos.

Fazit

Spätestens mit der Veröffentlichung des ISO/TR 24971:2020, der als Handlungsleitfaden zur Umsetzung der EN ISO 14971:2019 publiziert wurde, sollte sich das Missverständnis um ein FMEA-Verbot eigentlich erledigt haben, da in Anhang B „Techniques that support risk analysis“ unter anderem auch explizit die FMEA als hilfreich aufgeführt wird.

 

Referenzen:

EN ISO 14971:2019
ISO/TR 24971:2020
EN ISO 60812:2005
Thematische Verknüpfung: https://blog.dgq.de/ein-restrisiko-bleibt-immer-bestehen-risikomanagement-fuer-medizinprodukte/

 

DGQ-Weiterbildungsangebote rund um Qualitätsmanagement für Medizinprodukte sowie der FMEA-Methode

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Medizinprodukte macht jetzt jeder? Wie ein Virus die Branche verändert

Schutzmaske FFP-Maske Mund-Nase-Maske

Teil 1

Das Vermummungsgebot

 

Die durch das SARS-Cov2 ausgelöste Pandemielage stellt die gesamte Weltbevölkerung vor ungeahnte Herausforderungen und nötigt der Gesellschaft drastische Maßnahmen ab. Es gibt umfangreiche Kontaktsperren und Einschränkungen in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens. So gilt seit dem 27.04.2020 eine bundesweite „Maskenpflicht“ zumindest in den Transportmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs und vielfach ebenso in Supermärkten, Einkaufsläden und öffentlichen Gebäuden, sofern diese zugänglich sind.

Atemschutzmasken

Nun gibt es die unterschiedlichsten Arten von Schutzmasken, die je nach Auslegung und Verwendungszweck unterschiedliche Wirkungen haben. Hauptsächlich medizinischem Personal sollen die sogenannten FFP-Schutzmasken vorbehalten sein. Diese sind gemäß der EU-Verordnung 2016/425 einem Konformitätsbewertungsverfahren zu unterziehen. Atemschutzmasken sind dieser Richtlinie zufolge als Schutzausrüstung der höchsten Kategorie III zugeordnet, sind anhand der anwendbaren Normen nach dem aktuellen Stand der Technik herzustellen und zu prüfen. Vor der Marktzulassung sind eingehende Baumusterprüfungen vorgeschrieben und nachzuweisen. Die Erfüllung und Einhaltung der grundlegenden Anforderungen wird von den Konformitätsbewertungsstellen der Benannten Stellen geprüft. Dies muss aus der Kennzeichnung dieser Atemschutzmasken eindeutig hervorgehen. Dies bedeutet, dass ein CE-Kennzeichen vorhanden sein muss, das auch die vierstellige Nummer der Benannten Stelle enthält, sowie die anwendbare harmonisierte EN 149:2001 ausweist, um auf dem europäischen Markt Zugang zu erhalten.

Diese Masken sind konzipiert, um den Anwender vor gesundheitsschädlichen Stäuben und Aerosolen zu schützen, die FFP-Klassifizierung deutet hier auf die Schutzwirkung und die maximal zulässige Gesamtleckage hin. Empfehlenswert sind vor allem die Masken der Klassen FFP II und FFP III, wobei die Schutzklasse stets Bestandteil des Labels oder direkt auf der Maske zu finden ist.

Mund-Nase-Schutz (OP-Maske)

Der als OP-Maske bekannte Mund-Nase-Schutz ist ein Medizinprodukt der niedrigsten Risikoklasse I nach der EU-Richtlinie 93/41/EWG und muss ebenfalls eine CE-Kennzeichnung aufweisen. Anders als bei der PSA muss hier keine Benannte Stelle am Konformitätsbewertungsverfahren beteiligt werden. Der Hersteller hat umfangreiche Pflichten zur Dokumentation und Qualitätssicherung zu erfüllen und nachzuweisen, um den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen zu genügen. Maßgeblich ist hier auch die Zweckbestimmung, die den Einsatz des Medizinproduktes beschreibt und festlegt. Beim Mund-Nase-Schutz (OP-Masken = chirurgische Masken) handelt es sich nicht um Atemschutzmasken: Der Mund-Nase-Schutz soll primär die Verbreitung von Tröpfchen aus dem Nasen-Rachen-Raum des Trägers verhindern. Gleichzeitig soll er den Träger vor Spritzern mit Körperflüssigkeit des Patienten schützen. Es müssen sowohl eine Konformitätserklärung des Herstellers, eine Gebrauchsanweisung und die entsprechend notwendigen Kennzeichnungen des Produktes vorhanden sein.

Sowohl bei Atemschutz- als auch bei OP-Masken, die nicht im Gebiet der Europäischen Union produziert wurden, sind sowohl der Hersteller als auch der Legal Representative (EU-Rep.) als Ansprechpartner für Behörden und Benannte Stellen ebenso wie der Importeur als Verantwortlicher für das Inverkehrbringen auf dem Label des Produktes und in der Gebrauchsanweisung anzugeben.

Gemeinsamkeiten beider Maskenarten

Die Anwender beider Arten von Masken sollten bedenken, dass die Schutzwirkungen von mehreren Faktoren der Benutzung abhängig sind. Zum einen sollen sie eng anliegen, um eine Atmung am Schutz vorbei zu minimieren. Ferner sinkt die Schutzwirkung mit zunehmender Durchfeuchtung der Maske. Je mehr und umso heftiger geatmet wird, desto schneller verwandelt sich der Schutz zur Gefahren- und Infektionsquelle, da sich im warm-feuchten Milieu Bakterien besonders wohl fühlen und durch die Durchfeuchtung die Barriere für Mikroben zunehmend durchlässiger wird. Der Handkontakt mit der Innenseite ist sowohl beim Anlegen als auch beim Abnehmen der Schutzmasken grundsätzlich zu vermeiden. Die Masken sollten in der Regel nicht länger als 2 Stunden benutzt werden und sind anschließend als Einmalartikel zu entsorgen.

Infolge der pandemiebedingten Versorgungslage wurden durch die Bundesregierung Hinweise und Vorgaben zum Wiederverwendungsverfahren und zur Aufbereitung medizinischer Schutzmasken herausgegeben. Wichtig ist hierbei anzumerken, dass es sich bei der Aufbereitung lediglich um Ausnahmefälle handeln darf, um die Versorgung medizinischen Personals zu sichern. Die entsprechenden Sicherheitsvorschriften wie Personifizierung, Sammlung und Dekontamination sind dabei dringend einzuhalten.

Zweifelhafte Zertifikate?

Viele Angebote von Herstellern drängen auf einen mittlerweile ausgetrockneten Markt, sodass es viele Anfragen von Produzenten gibt, die gegenwärtig ihre Produkte auf dem europäischen Markt absetzen wollen, ohne die geltenden Regularien zu beachten. Für Facheinkäufer ist es daher wichtig, auf die korrekte Kennzeichnung und Zertifizierung der Produkte zu achten. Sowohl für Medizinprodukte als auch für Produkte zur Persönlichen Schutzausrüstung aus dem nichteuropäischen Wirtschaftsraum müssen die Anforderungen der geltenden Rechtsakte erfüllt sein. Sofern geringste Zweifel an der Echtheit der Erklärungen und Zertifikate erwachsen, ist größte Vorsicht geboten. Gleiches gilt, kann der Hersteller seinen EU-Repräsentanten nicht benennen, den er als Wirtschaftsakteur bereits nach der Medizinproduktrichtlinie haben muss.

Kostenfreie Hilfe für Krankenhäuser, Pflegeinrichtungen und Arztpraxen bietet aktuell der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnologie e. V. (VDE) mit einem Plausibilitätscheck.

Ausreichend für die Allgemeinheit

Muss eine für die breiten Massen nutzbare Maske all diese Regularien erfüllen?

Um diese Frage einer Antwort zu würdigen, sollte zunächst der Blick auf den Zweck gelenkt werden, der durch die allgemeine Maskenpflicht verfolgt werden soll.
Da sich die Sars-Cov2-Viren bekanntlich durch Tröpfchen- sowie Schmierinfektion über das Schleimhautsystem verbreiten, ist jegliches Hindernis für deren Ausbreitung sinnvoll. Um sich und andere zu schützen, reichen bereits ein Schal oder ein Halstuch aus, wobei deren Schutzwirkung wesentlich von der Materialstärke abhängig ist. Auch gibt es zahlreiche Empfehlungen und Tutorials zu Materialauswahl und Herstellung solcher Masken. Wichtig ist die komplette Bedeckung von Mund und Nase sowie ein möglichst dichter Sitz am Gesicht. Auch hier sollten die Masken gewechselt werden, sobald sie durchfeuchtet sind. Jedoch ist anzumerken, dass diese Masken weder als Medizinprodukt noch als PSA auf den Markt gebracht werden dürfen.

Eine sehr anschauliche Aufbereitung zu diesem Thema bietet die Redaktion der Zeit.

Sonstige Hilfen…

…gibt es auch durch die Normungsgremien, welche aktuell relevante Normen zur Herstellung von medizinischer und Schutzausrüstung kostenfrei zum Download anbieten, um branchenfremden Herstellern einen leichteren Marktzugang zu ermöglichen.

Durch die EU-Kommission wurden Vereinfachungen hinsichtlich der Konformitätsbewertungsverfahren für medizinische Schutzausrüstungen beschlossen und veröffentlicht. Der verbindliche Anwendungsbeginn der neuen Verordnung über Medizinprodukte der EU 2017/745/EU wurde aufgrund der Pandemie um ein Jahr verschoben, um die Kräfte der Wirtschaftsakteure gebündelt auf die Bedürfnisse dieser besonderen und solchem Ausmaß bisher unbekannten Situation zu lenken.

Weitere Links und Informationen zum Thema finden Sie bitte auch in den Berichten des Regionalkreises Berlin unter www.dgqaktiv.de.

Qualitätsmanagement praktizieren schafft Lebensfreude

Was macht eine Karriere im Qualitätsmanagement so interessant und abwechslungsreich? Um das herauszufinden, haben wir Qualitätsmanagement-Beauftragte, Qualitätsmanagerinnen und Qualitätsmanager im DGQ-Blog dazu aufgerufen, uns über ihren beruflichen Alltag im QM zu berichten. Angefangen von ihrem Einstieg in diesen Bereich bis hin zu den Herausforderungen, die so Job ein mit sich bringt hin zu den Fähigkeiten, die zukünftig gefragt sein werden. Alle Antworten, die Sie uns gegeben haben, veröffentlichen wir regelmäßig im DGQ-Blog.

Den Anfang machte Katrin Seefeldt mit Ihrem Blogpost „Seien Sie offen für Menschen und ihre Bedürfnisse“. Danach folgte der Beitrag von Dr. Ute Kronenberg „Ein Qualitäter im klassischen Sinne ist nicht mehr zeitgemäß“. Weiter geht es mit DGQ-Mitglied Jörg Brokmann, den das Qualitätswesen bereits sein gesamtes Berufsleben begleitet. Das hauptsächliche Initial lag nach seinem Umzug aus der thüringischen Provinz nach Berlin in der ersten Anstellung als Fertigungsmesstechniker in einem kleinen mittelständischen Unternehmen. Was dort als Fertigungsmesstechnik bezeichnet wurde, heißt heute überall Qualitätssicherung und bewertet die Konformität der Produkte hinsichtlich ihrer Spezifikationen.

Was ist das Besondere an Ihrem Job?

Das Spannendste für mich ist die Tatsache, dass sich viele Elemente, die für die Arbeit eines QMB oder Qualitätsmanagers notwendig sind, relativ leicht und autodidaktisch erlernen lassen. Dies beginnt mit der Herstellung einfacher auf Excel basierender Regelkarten zur Erfassung und Auswertung der spezifischen Merkmale mit integrierter Erstellung eines Lieferbegleitscheines, der diese Merkmale ausweist. Auch die 8D-Methode ist bei konsequenter und qualitätsbewusster Anwendung sehr leicht zu erlernen, wenn die Organisation dies unterstützt. Spannend sind auch die unterschiedlichen normativen Spezifika, die die unterschiedlichen Managementsystemnormen der Branchen bieten. Es ergibt sich ein gut gefüllter Werkzeugkasten mit Methoden, die sich gut kombinieren lassen.

Wie sind Sie eigentlich in diese Position gekommen?

Das war ein Prozess, der sich über fast 13 Jahre entwickelte. Dabei spielte zunächst autodidaktisches Lernen von Methoden eine wesentliche Rolle. Berufliche und durch Arbeitgeber unterstützte Weiterbildungen zum Prüfmittelbeauftragten sowie zum internen Auditor führten im weiteren Verlauf zu einer Festigung des Qualitätsbewusstseins. Durch häufige Wechsel der Einsatzunternehmen wuchsen zudem das Prozessverständnis sowie die Fähigkeit, Prozesse und Managementsysteme zu beurteilen. Den aktuell erreichten Meilenstein bildete eine durch die Bundesagentur für Arbeit finanzierte Fortbildung mit Personenzertifizierung zum Qualitätsbeauftragten und Qualitätsmanager.

Was muss man können, um im Bereich Qualitätsmanagement erfolgreich zu sein?

In erster Linie sollten normative und gesetzliche Anforderungen gelesen, verstanden und interpretiert werden können. Wer Managementsystemnormen als roten Faden begreift, entlang dessen man mit weiten Spielräumen ein System gestalten kann, hat, so denke ich, einen guten Grundstein für erfolgreiche QualiTäterschaft. Immens wichtig sind statistische Grundlagen sowie die Tools und Methoden des QM-Wesens. Dies fängt bei den Q7- & M7-Tools an und hört bei 8D, FMEA und QFD noch lange nicht auf. Grundlegendes Wissen über diese Methoden sollte vorhanden sein, vor Anwendung kann jedoch ein Training oder eine Schulung für Anwender zumeist sehr nutzbringend sein.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrem Job?

Die Herausforderungen bilden ein sehr weites Feld. Die wesentlichsten dabei waren bisher vor allem der Mangel an gesundem Qualitätsbewusstsein, Kommunikation und konsolidiertem Begriffsverständnis. Hierzu zählen Qualitätsabteilungen, die ihre Mitarbeiter aus Strafversetzungen gewinnen, Führungskräfte mit fehlenden fachlichen und sozialen Kompetenzen und sehr oft Fehlinterpretationen international anerkannter und harmonisierter Normen. Dies führte in der Vergangenheit oft dazu, dass erkannte Probleme nicht behoben, sondern wegdiskutiert wurden. Das Hamsterrad stand niemals still.

Aktuell freue ich mich, in einem stärker regulierten Umfeld tätig zu sein, das sehr starken Wert auf risiko- und kundenbasierte Ansätze legt. Die Arbeit mit thematisch neuen Normen und Gesetzen schafft Interpretationssicherheit und Erkenntnisgewinn. Die Abarbeitung daraus resultierender wiederkehrender Formalismen kann sich hier als „nerviger“ Faktor erweisen, dem es professionell zu begegnen gilt. Zudem steht die Herausforderung einer normativen Transition und Zertifizierung ins Haus, die Chancen für strategische Gestaltungsspielräume bietet.

Was heißt Qualität für Sie und was zeichnet ein gutes Qualitätsmanagementsystem aus?

Ein gutes Qualitätsmanagementsystem lebt in allen Ebenen eines Unternehmens, ausgehend von der obersten Leitung und entweicht somit aus der oberflächlichen Wahrnehmung. QMS in Perfektion sollte den Qualitätsmanager als agierendes Element obsolet machen, so meine gegenwärtige These. Wenn ich als Qualitätsmanager einen guten Job gemacht habe, sollte ich für das Unternehmen überflüssig sein. Das Unternehmen hat die Klasse der Business Excellence erreicht.

Gute Qualität bedeutet, Fehler zulassen zu können. Jedoch jeweils nur einmal, um folgend mit geeigneten Maßnahmen das wiederholte Auftreten dieses Fehlers zu verhindern. Ebenso geht gute Qualität mit grundständiger Ehrlichkeit bei der Auswertung der entsprechenden Statistiken und der Auswahl der zugrundeliegenden Datenbasis einher. Verzerrte Einschätzungen der „Qualitätskosten“ gehen meist wesentlich später zu Lasten der Firmenreputation und der Überlebensfähigkeit des Unternehmens.

Ein Leitsatz, den ich von Wolfgang Schlenzig gelernt habe, drückt mein Selbstverständnis von QM so gut aus, dass ich keine bessere Formulierung finden mag: „Qualitätsmanagement praktizieren schafft Lebensfreude. So zu handeln macht glücklich.“

Wie sehen Sie das Berufsbild eines Qualitätsmanagers in der Zukunft?

Die Zukunft der Q-Zunft liegt nach meinem Empfinden in der Funktion als „Stimme des Kunden“ im eigenen Unternehmen. Damit verbinden sich vor allem planerische Tätigkeiten, um die Anforderungen des Kunden kennen und erfüllen zu können. Bestenfalls, bevor diese Anforderungen formuliert sind. Qualitätsmanagement wird sich vermehrt weg von der verwaltenden Aufgabe zu einer der Organisationentwicklung bewegen, die das Qualitätsbewusstsein aller Mitarbeiter fördert, prägt und manifestiert. Der Qualitätsmanager, der in vielen Häusern augenrollend als regelreitender Störenfried mit der Normenkeule erlebt werden kann, sollte sich in den Freund des Werkers wandeln, der ihm die Arbeit erleichtert und unterstützend wirkt. So kann der Qualitätsmanager künftig zu einem wichtigen Entwickler von gesunder Organisationskultur werden.

Welche Tipps geben Sie Berufseinsteigern in Ihrem Bereich mit auf den Weg?

  • Setzen Sie für sich persönliche smarte Ziele sowohl kurz- als auch mittel- und langfristig und verfolgen Sie diese konsequent.
  • Verschaffen Sie sich Fachwissen im Tätigkeitsfeld, erlernen und trainieren Sie Methoden und bleiben Sie geistig offen für die Entwicklungen in der Arbeitswelt.
  • Begreifen Sie jedes Risiko als Chance und wechseln Sie regelmäßig den Betrachtungswinkel auf jedes Problem.
  • Tragen Sie zu einer organisationsübergreifend gleichen Interpretation von Begriffen bei, die abteilungsspezifisch unterschiedlich ausgelegt werden können.
  • Scheitern Sie erfolgreich und gehen Sie gestärkt daraus hervor.
  • Bilden Sie sich Ihr Netzwerk im Unternehmen, tragen Sie dazu bei, dass alle im Boot auch in die gleiche Richtung rudern.
  • Zweifeln Sie oft und hinterfragen Sie alles.
  • Nutzen Sie das Netzwerk und die Veranstaltungen der DGQ als unterstützendes Element zur Überprüfung und weiteren Entwicklung Ihres eigenen Weges und zur Einholung wertvoller Expertenratschläge.

Haben Sie Lust, über Ihren Traumjob im Qualitätsmanagement zu berichten?

Berichten Sie z. B. darüber, wie Sie QMB oder Qualitätsmanager geworden sind, welche Herausforderungen Ihnen im beruflichen Alltag begegnen, welche Qualifikationen wichtig sind und wie es gelingt, sich im Unternehmen erfolgreich zu positionieren. Haben Sie gute Tipps, die Sie Neueinsteigern mit auf den Weg geben möchten? Wir sind gespannt.

Ihr direkter Kontakt:
Katrin Kemm
T 069 954 24-180
E-Mail: katrin.kemm@dgq.de.

Streben auch Sie eine Karriere im Qualitätsmanagement an?

Wir beraten Sie gern – telefonisch unter 069 954 24-333 oder per Mail an weiterbildung@dgq.de

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