Vergessen Sie’s! – Quality Function Deployment (QFD)28 | 07 | 20
In den 1960ern entwickelte der Japaner Yoji Akao das Quality Function Deployment (QFD), eine Methode zur systematischen Transformation von Kundenanforderungen in Qualitätsmerkmale und der Qualitätsmerkmale in Prozessmerkmale. Toyota übernahm sie in den 70ern. Damals richteten sich immer mehr Blicke auf Japan und insbesondere Toyota, erkannten doch immer mehr Manager weltweit, dass die Japaner bezogen auf Qualität und Kundenorientierung beste Praktiken einsetzten. Und Toyota war viele Jahre das internationale Flaggschiff einer japanischen und dann internationalen Qualitätsbewegung. In den 1980ern erfreute sich auch das QFD international einer wachsenden Bekanntheit.
In der heutigen digitalen Zeit mutet es befremdlich an, wenn Akao und Zeitgenossen beschreiben, wie die mit einem „Dach“ zum House of Quality ergänzten riesigen QFD-Matrizen die Wände von Büros und Besprechungsräumen pflasterten. QFD fügte sich nahtlos in den damaligen modernen Kanon der Total Quality Management-Methoden ein. Seitdem ist QFD in jedem QM-Kompendium genannt oder beschrieben, ist in jeder umfänglichen QM-Ausbildung Thema. Wenn Sie im Qualitätsmanagement tätig sind, haben Sie davon gehört und gelesen. Aber haben Sie jemals QFD betrieben? Ich bin mir ziemlich sicher, dass maximal eine Handvoll Prozent der heutigen Qualitätsmanagerinnen und Qualitätsmanager jemals ein QFD Projekt gemacht haben und nur wenige Promille die Methode regelmäßig betreiben.
Das Qualitätsmanagement ist, wie andere Disziplinen auch, geprägt durch historische Meilensteine und bedeutende Persönlichkeiten sowie die Geschichten, die sich darum ranken. Zu den Meilensteinen gehören die Erfindung der FMEA im Rahmen des Apollo-Projekts der NASA 1963, die erste Revision der ISO 9001 in 1987, die Gründung der EFQM in 1989. Zu den Persönlichkeiten gehören Noriaki Kano, der Erfinder des gleichnamigen Modells, William Edwards Deming, einer der Väter des TQM und eben auch Yoji Akao, der Urheber des QFD.
Wenn es stimmt, dass QFD kaum noch Anwendung findet, warum bleibt es dann in den Büchern und Trainings? Dann könnten wir es auch vergessen und an seiner Stelle relevantes aktuelles Wissen abspeichern.
Noch heute lassen sich in der Beschäftigung mit QFD einige der Schlüsselelemente des Qualitätsmanagements erkennen und aufzeigen, auch wenn wir es als isolierte Methode gar nicht mehr anwenden. Dazu gehören Kundenorientierung, die Übersetzung von Anforderungen in Qualitätsmerkmale, die Operationalisierung der Qualitätsmerkmale, die Identifikation qualitätsrelevanter Prozessmerkmale und die Berücksichtigung von Wirkungs- und Zielkonflikten bezüglich unterschiedlicher Qualitäts- und Prozessmerkmale. Wir können das anders als mit der Methode QFD adressieren, aber wir sollten es integriert und systematisch tun. Ansonsten fällt QFD einfach nur weg, ohne dass gleichwertige oder bessere Ansätze es ersetzen.
Seit 30 Jahren entstehen Innovationen in QM und QS nicht mehr als Geistesblitze einzelner Gurus, ja, gibt es gar keine neuen QM-Gurus mehr. Ansätze wie Predictive Quality, Social Media Analytics, Agiles QM oder QM als Organisationsentwicklung entstehen in Netzwerken aus Wissenschaftlern und Praktikern. Oft kommen Sie erst mit großem Zeitverzug in Bücher und Ausbildungen an, zumindest gemessen an heutigen schnellen Veränderungsdynamiken.
Heute ist das Netzwerk der Guru. Und die DGQ ist das Netzwerk. Wir innovieren das QM gemeinsam. Ob im DGQ-Fachkreis oder der DGQ-PraxisWerkstatt: dort entstehen neue Lösungen für die heutigen Herausforderungen. Und wenn wir sie haben, können wir QFD auch wieder vergessen. Und Yoji Akao. Müssen wir aber nicht. Sie haben uns vor langer Zeit im QM einen großen Schritt vorangebracht. Daran dürfen wir uns gerne erinnern.
Comments are closed.