So sieht’s aus: Alle für Einen oder Einer für Alle?24 | 06 | 21
Das Qualitätsmanagement ist ein Fachbereich, der seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in alle Bereiche des Unternehmers führt. So erhalten sie zahleiche Einblicke und bauen mit der Zeit ein breites und an vielen Stellen tiefes Wissen über Produkte und Prozesse auf. Im Rahmen ihrer Aufgaben führen sie zudem viele Gespräche mit Führungskräften, Prozesseignern, Spezialisten, Kunden, Lieferanten und Auditoren. So entwickeln sie Beredsamkeit und Wortgewandtheit.
Diese Mischung aus breitem Produkt- und Prozesswissen, analytischer und Problemlösungskompetenz sowie Eloquenz ist großartig und die Grundlage für einen nützlichen Beitrag im Unternehmen. Sie ist ein Segen, kann aber auch leicht zum Fluch werden – für sie selbst und für die anderen.
Egal wie viel eine Einzelne oder ein Einzelner weiß, es gibt zu fast allen Themen jemanden im Unternehmen, die oder der mehr weiß. Das gilt umso mehr für Teams. Deren kumulierte Erfahrung und Kompetenz gehen weit über die Einzelner hinaus. Allerdings ist es nicht leicht, sie zielgerichtet zu „extrahieren“ und zur Wirkung zu bringen. KVP- und Problemlösungsworkshops sind typische Formate, die Teamwissen verfügbar machen sollen. Idealerweise helfen Moderatoren den Teams. Gut moderieren ist allerdings eine Kunst oder zumindest ein anspruchsvolles Handwerk.
Einige der Grafiken, die uns lange begleiten, sind ganz simpel und aus der Situation heraus entstanden. So ergeht es mir mit einer Grafik, die DGQ-Mitglied Christoph Koenig, einige Jahre als Leiter des DGQ-Community Managements mein Kollege, einmal zeichnete, um zwei unterschiedliche Moderationsphilosophien oder -settings zu veranschaulichen.
Die links dargestellte Situation ist typisch. Eine Moderatorin sammelt und visualisiert die Beiträge des Teams. Teammitglieder sprechen sie an, sie dominiert letztlich den Workshop und dessen Ergebnis. Nicht selten bringt sie sich aus dieser zentralen Position auch inhaltlich stark ein, nicht nur durch eigene Wortbeiträge, sondern auch durch Nicken oder Augenrollen, durch die Wortwahl bei der Dokumentation.
Ganz anders die rechts dargestellte Situation. Die Teammitglieder interagieren miteinander und visualisieren selbst. Die Moderatorin hält sich zurück, im Präsenzmeeting sogar physisch, macht den Platz zwischen Pinnwand und Team frei, bleibt sogar außerhalb der Sichtachse der Teammitglieder. Sie würde nur einschreiten, wenn das Team bei der Lösung seiner Aufgabe nicht weiterkommt. Auch dann hält sie sich inhaltlich heraus, macht dem Team methodische Vorschläge, zieht sich anschließend wieder zurück.
Wenn wir Teams dominieren und die Inhalte mitgestalten wollen, ist das erste Setting bestens geeignet. Wenn wir die Teams selbst ins Spiel bringen und deren Verantwortung für Qualität und ihre Problemlösungskompetenz immer weiter steigern wollen, das zweite.
Gerade Personen im Qualitätsmanagement, die, wie eingangs beschrieben, vielfältige Fähigkeiten und einen guten Überblick über das Unternehmen haben, kann es schwerfallen, sich derart zurückzuhalten. Manch einer oder eine will und muss die Q-Themen von vorne adressieren und nach den eigenen Vorstellungen vorantreiben. Das geht aber langfristig zu Lasten der Qualitätskultur, der Eigenverantwortung für Qualität und der Problemlösungskompetenz aller im Unternehmen.
Wie ist das bei Ihnen? Welche Erfahrungen haben Sie im Moderieren von Teams gemacht? Fällt es Ihnen leicht oder schwer, sich zurückzunehmen, um das Team zu stärken, zu aktivieren und in die Verantwortung für Qualität zu bringen?
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