Nachhaltigkeit im Kontext von Qualität und Managementsystemen – miteinander statt nebeneinander5 | 07 | 23

IMS, Nachhaltigkeit, ISO, Integration

In vielen Unternehmen, unabhängig von Branche und Größe, stellt sich die Frage, wie Nachhaltigkeit sowohl vom Organigramm her als auch in den Prozessen sinnvoll verankert werden kann.

Nachhaltigkeit wird als Zusammenhang von wirtschaftlicher Stabilität sowie ökologischer und sozialer Verantwortung verstanden. Es gibt aber, Stand heute, kein zertifizierbares Managementsystem analog der ISO 9001 oder ISO 14001 zum Thema Nachhaltigkeit. Daher wird sie häufig nicht in Verbindung mit den im Unternehmen vorhandenen Managementsystemen zu Qualitäts-, Umwelt-, Energie-, Arbeitssicherheits- sowie Informationssicherheitsmanagement gebracht.

Beschäftigung mit Nachhaltigkeit ist meist extrinsisch motiviert

Viele Unternehmen beginnen nicht selbstbestimmt und selbstbewusst damit, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen, sondern aufgrund von Kundenanforderungen und gesetzlichen Vorgaben. Die erste Berührung stellt häufig die Aufforderung zur Teilnahme an einem Rating dar, wie zum Beispiel SAQ/NQC. Diese landet nicht selten im Vertrieb und wird dann eigenmächtig ohne interne Absprache ausgefüllt. Weil die schon vorhandenen Themen aus den Managementsystemen, die auch für Nachhaltigkeit interessant wären, nicht als solche erkannt werden, entsteht häufig ein Parallelsystem. Das kann den Grund haben, dass die Personen, die im Unternehmen mit Nachhaltigkeit betraut sind, bisher zu wenig oder gar nicht in die Managementsysteme involviert waren. Vielleicht würden auch völlig neue Personen eingestellt, die in ihre Ausbildung keine Informationen zur sinnvollen Integration der Managementsysteme und Nachhaltigkeit bekommen haben.

Berufsbild Nachhaltigkeitsmanager

Die Themen Nachhaltigkeit und Klima­schutz gehören zu den Mega­trends unserer Zeit. Für Unter­nehmen wird es somit immer wichtiger, CSR-Maßnahmen um­zu­setzen und ihrer gesell­schaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Mit dem größeren Fokus auf Nachhaltigkeit haben sich in den letzten Jahren eine Vielzahl an grünen Jobs entwickelt, wie beispielsweise der Job als Nachhaltigkeitsmanager.
Antworten auf die wichtigsten Fragen finden Sie in unserem Berufsbild zum Nachhaltigkeitsmanager:

  • Welche Aufgaben betreuen Nachhaltigkeitsmanager?
  • Wie werde ich Nach­haltigkeits­beauf­tragter?
  • Welche Weiter­bildungs­möglich­keiten gibt es?
  • Was verdient ein Nach­haltigkeits­manager?
  • Welche Jobs gibt es im Nach­haltigkeits­manage­ment?

Zum Berufsbild Nachhhaltigkeitsmanager »

Vermeidung von Parallelwelten durch Integration der Managementsysteme

Die „Einführung“ von Nachhaltigkeit ist kein einmaliges Projekt in einzelnen Teams, sondern braucht eine feste Verankerung in allen Unternehmensbereichen. So wird nachhaltiges Handeln zur selbstverständlichen Gewohnheit. Es empfiehlt sich, ein interdisziplinäres Team mit Vertreter:innen der Managementsysteme sowie aus Einkauf, Vertrieb, Kommunikation, Personal und Controlling zu etablieren.

Dabei ist eine Integration der Managementsysteme (mit Nachhaltigkeit als verbindendem Element) inhaltlich sinnvoll und ressourcenschonend. Doppelarbeit durch den Aufbau paralleler Systeme wird vermieden. Die vorhandenen Ressourcen, zum Beispiel zur Betreuung der Managementsysteme, lassen sich besser nutzen. So kann es für einige Unternehmen besser sein, vorhandene Personen zu qualifizieren, statt neue personelle Ressourcen einzustellen.

Folgende Schnittstellen bieten sich offensichtlich zwischen den bekannten Managementsystemen im Rahmen der High Level Structure an:

  • Kontext der Organisation / Unternehmensstrategie: Die unternehmerische Nachhaltigkeit ist eine strategische Ausrichtung, die Umwelt- und Sozial-Orientierung in alle Aspekte des unternehmerischen Handelns integriert.
  • Stakeholderanalyse / interessierte Parteien werden im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit auch als Anspruchsgruppen bezeichnet und sind ein elementarer Bestandteil der für die Nachhaltigkeitsberichtserstattung geforderten Wesentlichkeitsanalyse.
  • Eine Risiko-Chancenbetrachtung wird im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichtserstattung mindestens in Richtung der Risikobetrachtung verlangt.
  • Die vorhandene Prozesslandschaft hilft bei der Definition von nachhaltigkeitsrelevanten Aspekten und deren Integration in das unternehmerische Handeln.
  • Auditierung: Die Einbindung von Nachhaltigkeitsthemen in die internen System-, Prozessaudits gibt die Gelegenheit, die Verankerung im Unternehmen zu überprüfen.

Gerade zu den ersten drei Punkten ist im Rahmen der inhaltlichen Erarbeitung von (zertifizierten) Managementsystemen viel Inhalt vorhanden, der den Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit dem Thema Nachhaltigkeit bilden kann. Branchenspezifische Normen wie die IATF 16949 stellen über die ISO 9001 hinausgehende Forderungen, die gut zu den im Rahmen von Nachhaltigkeit auftretenden Forderungen passen.

Die Integration von nachhaltigkeitsrelevanten Themen in die Prozesslandschaft bietet sich auf verschiedenen Ebenen an:

  1. Schaffung einer neuen Prozessgruppe
  2. Schaffung eines oder mehrerer neuen Prozesse
  3. Formulierung von Aktivitäten im Rahmen bestehenden Prozesse
  4. Definition neuer (Vorgabe-)Dokumente wie Arbeitsanweisungen

In der Praxis hat sich gezeigt, dass die 1., 3. und 4. Möglichkeit am meisten genutzt wird.

Dieser kleine Einblick soll zeigen, dass es sinnvoll ist, sich die vorhandenen Managementsysteme mit den Vorgaben und Dokumentationen anzusehen und Themen mit Nachhaltigkeitsbezug in bestehende Managementsystem zu integrieren.

Über die Autorin: Gabriela Zimmermann

Gabriela Zimmermann ist geschäftsführende Gesellschafterin der ipu fit for success und langjähriges Fachkreismitglied im Fachkreis „Qualität und Projekte“. Sie berät und trainiert seit mehr als 20 Jahren Produktions- und Dienstleistungsunternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen zu integrierten Managementsystemen, Prozessmanagement, Nachhaltigkeit sowie KVP und ist als „externe“ interne Auditoren vor allem zur IATF 16949 im Einsatz.

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