ISO 10005 – Der QM-Plan als Chamäleon unter den Management-Tools7 | 10 | 25

QM-Plan, ISO 10005

Wer glaubt, Qualitätsmanagementpläne seien nur etwas für Normverliebte und Auditoren mit Klemmbrett, hat die Rechnung ohne die ISO 10005 gemacht. Denn diese Norm ist weit mehr als ein trockenes Regelwerk – sie ist ein echter Möglichmacher.

Was ist ein Qualitätsmanagementplan nach ISO 10005 eigentlich?

Ein Qualitätsmanagementplan (kurz: QM-Plan) beschreibt, wie eine Organisation ein gewünschtes Ergebnis liefern will – sei es ein Produkt, eine Dienstleistung, ein Projekt oder ein gesamter Vertrag. Klingt erstmal überschaubar. Doch der Trick liegt im Detail: Der Plan konzentriert sich nicht nur auf klassische Qualitätsanforderungen, sondern kann weit über den Tellerrand hinausschauen – Stichwort: Additional Requirements Plan.

QM-Plan 2.0 – Mehr als nur Qualität

In modernen Unternehmen reicht es längst nicht mehr, „nur“ Qualität zu liefern. Auch Anforderungen aus Nachhaltigkeit, Informationssicherheit, Umwelt oder sogar landesspezifische Regularien müssen berücksichtigt werden. Genau hier kommt der erweiterte QM-Plan ins Spiel. Er wird so zum Alleskönner – ohne das zertifizierte Managementsystem jedes Mal komplett umzubauen. Das ist Flexibilität mit System.

Und was ist mit der guten alten Qualitätssicherungsvereinbarung (QSV)?

Ja, die gibt’s auch noch. Und die klingt ähnlich – ist aber etwas ganz anderes. Während sich die QSV als verbindlicher Vertrag zwischen Lieferant und Kunde tief in die Details gräbt, bleibt der QM-Plan auf der gestalterischen Flughöhe: Er beschreibt, wie zusätzliche Anforderungen erfüllt werden – nicht, dass sie vertraglich bindend vorgeschrieben sind.

Kurz gesagt:

  • QSV: „Du musst das exakt so machen – und zwar immer.
  • QM-Plan: „So gehen wir bei diesem Projekt mit diesen Anforderungen um.

Grenzenlose Möglichkeiten – aber nicht überall

Einsatzgebiete? Viele! Von der Luft- und Raumfahrt bis zur Pharmaindustrie, vom Anlagenbau über Softwareentwicklung bis zur Verteidigung. Besonders spannend: Innovationsprojekte, bei denen ein zu starres QM-System oft wie ein Käfig wirkt. Mit einem clever aufgesetzten QM-Plan kann man auch im Rahmen eines zertifizierten Systems Neues wagen, ohne jedes Mal das ganze System neu zu zertifizieren.

Insbesondere bei einem neuen Produkt mit Startup Charakter kann der QM-Plan sein volles Potential entfalten: Anstatt das neue Produkt in ein Startup auszulagern, kann über einen QM-Plan ein Arbeitsumfeld mit einfacheren, aber gesicherten Regelungen geschaffen werden, das den Reifegrad des Produktes berücksichtigt und in dem Stadium unnötige Überregulierungen ausschließt. – Weglassen, was noch nicht benötigt wird.

Aber Achtung: In der klassischen Serienfertigung mit klar definierten Abläufen und Anforderungen wird der QM-Plan schnell zum unnötigen Overhead.

Audit-Turbo statt Auditalbtraum

Gerade im Audit zeigt der QM-Plan seine Stärke. Er dient als klarer Nachweis, wie (zusätzliche) Kundenanforderungen umgesetzt werden – ganz ohne das „Kern-QM-System“ zu verändern oder gleich eine neue Zertifizierung auf den Weg zu bringen. Ein Plan, viele Antworten.

Der Kontrollplan nach IATF 16949 – noch ein Verwandter?

Der Kontrollplan (Control Plan) aus der IATF-Welt wird oft mit dem QM-Plan verwechselt. Aber Obacht! Der Kontrollplan ist prozessspezifisch und tief im operativen Detail, während der QM-Plan das große Bild malt: Wie wird sichergestellt, dass alle Anforderungen (nicht nur Qualitätsanforderungen!) im Gesamtprozess berücksichtigt werden?

Fazit: ISO 10005 rockt – wenn man sie richtig einsetzt

Ob für komplexe Großprojekte, neue Produkte, länderspezifische Kundenanforderungen oder um einfach mal unkonventionelle Wege zu gehen: Der QM-Plan nach ISO 10005 ist ein strategisches Multitool. Richtig eingesetzt, schafft er Struktur, Freiheit und Sicherheit in einem. Und manchmal spart er sogar die teure Zertifizierung.

Tipp zum Schluss:
Wer den QM-Plan nicht nur als lästige Pflicht, sondern als charmantes Werkzeug zur Gestaltung von Anforderungen begreift, hat ISO 10005 verstanden – und gewinnt Kunden, Auditoren und interne Stakeholder gleichermaßen.

 

Dieser Blogbeitrag wurde verfasst von Mathias Wernicke, Mitglied im Leitungsteam des DGQ-Fachkreises „Audit und Assessment“.

Über den Autor: DGQ-Fachkreis Audit und Assessment

Avatar-Foto
Der DGQ-Fachkreis Audit und Assessment setzt sich dafür ein, dass Audits als wirksames Mittel zur Unterstützung der Unternehmensführung eingesetzt und wahrgenommen werden, und nicht nur als notwendige Prüfung zum Erwerb des Zertifikats. Es ist das Ziel der Fachkreisarbeit, dass Audits als akzeptierte und wirksame Treiber in Organisationen eingesetzt werden, um Risiken und Chancen zu erkennen und Mehrwert zu erzeugen. Wenn Sie Interesse haben, sich aktiv im Fachkreis einzubringen und sich mit Experten zu diesem Thema auszutauschen, dann sprechen Sie das Leitungsteam unter fk-a@dgqaktiv.de an.