Gamification im QM: Ernste Themen verspielt angehen18 | 12 | 23

Gamification, Skills

Im Wort „Qualität“ steckt das Wort „Qual“? Nicht unbedingt! Im QM können wir mit spielerisch leichten Ansätzen und Tools auch harte Nüsse knacken. Das Stichwort heißt „Gamification“.

Im Qualitätsmanagement geht es meistens ernst zu: Es gilt, Korrektheit und Fehlerfreiheit zu belegen, Abweichungen und Schäden abzuwenden oder zu korrigieren. Bestenfalls bemüht man sich darum, vom Guten zum Besseren zu gelangen. Da ist kein Platz für Gamification! Spielereien können dem QM nicht weiterhelfen. Oder vielleicht doch?

Was ist Gamification?

Gamification nutzt den Erlebnis- und Lerneffekt des Spiels im Betriebsalltag. Durch das Einbringen spielerischer Elemente, wie zum Beispiel grafische Hingucker, Symbole, Punkte, Rankings, Nudging, Auszeichnungen, Preise, usw. werden erwünschte Verhaltensweisen gefördert, komplexe oder Routine-Aufgaben interessanter und ansprechender gestaltet oder Arbeitsergebnisse als Erfolge erlebt und positiv abgespeichert.

Und was hat Gamification mit QM zu tun?

Auf den ersten Blick ist Gamification nichts für QM – zu trocken und ernst scheinen dort die Themen und Aufgaben, mit denen man sich befassen muss. Aber gerade dann, wenn es ernst wird, tut vielleicht ein Impuls aus der Spieleecke ganz gut! Auch in vielen Qualitäts-Tools und -Methoden werden Gamification-Elemente verwendet, um sie interessanter zu gestalten.

Doch wann hilft Gamification?

Im QM können wir Gamification gut und erfolgreich einsetzen, wenn es darum geht, Mitarbeiter zu motivieren, Schulungen zu verbessern, Prozesse zu optimieren, über brisante Themen ins Gespräch zu kommen, Fakten zu analysieren, Regeln aufzustellen oder deren Einhaltung zu steigern. Mit anderen Worten: Gamification kann den Mitarbeitern – nicht nur im QM – helfen, ihre Kommunikations-Skills auszubauen und wichtige Themen innerhalb der Organisation effektiver zu kommunizieren.

Motivieren!

Die Integration von Gamification-Elementen in QM-Programmen, Qualitätsinitiativen, bei Prüfungen und im Umfeld der statistischen Prozessüberwachung kann diese Themen auflockern und die Mitarbeiter motivieren, sich stärker zu engagieren und ihre Leistung zu verbessern.

Lernen!

Schulungen, Workshops und Trainingsprogramme im Qualitätsmanagement können durch Gamification aufgewertet werden und so die Lernmotivation der Teilnehmer steigern. Das kann dazu beitragen, Lerninhalte besser zu verstehen und das Erlernte in der Praxis besser umzusetzen.

Analysieren und Optimieren!

Durch den Einsatz von spielerisch-kreativen Elementen bei der Analyse und Verbesserung von Prozessen können wir Überraschungseffekte erzielen, neue Denkanstöße erzeugen und Mitarbeiter dazu ermutigen, aktiv neue Ideen zur Prozessverbesserung einzubringen.

Will man beispielsweise, dass jemand über Wege nachdenkt, einen Idealzustand zu erreichen, kann man ihm die Frage stellen: „Was müsste man denn tun, um es so richtig zu versauen?“ Durch dieses Gedankenexperiment kommt er spielerisch-kreativ und von ganz allein auf die Dinge, die man vermeiden sollte.

Kontrollieren!

Gamification kann auch in der Überwachung von Arbeitsabläufen, Kennzahlen und Leistungsindikatoren eingesetzt werden. Anhand von Gamification kann Mitarbeitern beispielsweise ein verbesserungswürdiger Zustand oder der Erfolg ihrer Bemühungen zur Einhaltung von Qualitätsstandards und Reduzierung von Fehlern oder Störfällen transparent visualisiert werden.

Um die Prüfmittelüberwachung zu verbessern, könnte man zum Beispiel eine Challenge im Betrieb ausrufen: „Wer findet die meisten abgelaufenen Prüfetiketten?“ Das würde die Entdeckungsquote abgelaufener Prüfmittel erhöhen und ganz nebenbei die Beachtung von Prüfetiketten allgemein steigern.

Besser zusammenarbeiten!

Spielelemente können auch verwendet werden, um die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Teams oder Abteilungen zu fördern. Teamwettbewerbe und kooperative Spiele oder Workshops können wir einsetzen, um eine positive Teamkultur aufzubauen, Arbeitsabläufe, Schnittstellen und Zusammenarbeit zu verbessern.

Fazit

Durch die Integration von Gamification kann das Qualitätsmanagement an vielen Stellen gewinnen. So kann QM die Organisation besser dabei unterstützen, die Motivation ihrer Mitarbeiter zu steigern, die Effektivität von Schulungen zu verbessern, Prozesse zu optimieren oder die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen zu steigern.

Der DGQ-Fachkreis QM und Organisationsentwicklung beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Rollenverständnis und Nahtstellen zur Leitung. Die gelungene Gestaltung von Nahtstellen zur obersten Leitung, zwischen verschiedenen Managementsystemen und zwischen Fachbereichen ist ein besonderer Erfolgsfaktor zur Organisationsentwicklung.

Workshop-Spiel „Läuft der Laden?“

In einer seiner aktuellen Erarbeitungen hat der Fachkreis den oben beschriebenen Gamification-Ansatz verwirklicht und das Workshop-Spiel „Läuft der Laden?“ entwickelt: Eine große Herausforderung ist in vielen Organisationen, alle beteiligten Personen an einen Tisch zu bekommen und die relevanten Themen so zu kommunizieren, dass sie in unterschiedlichen Abteilungen verstanden und angenommen werden. Mit dem Spiel „Läuft der Laden?“ erhalten (Q-)Verantwortliche ein einfaches und wirksames Tool für die konstruktive Kommunikation der Bereiche untereinander.

In einem moderierten Workshop positionieren die Teilnehmer aus den unterschiedlichen Fachbereichen, Hierarchieebenen und Positionen innerhalb einer Organisation zunächst ihre Standpunkte zu bestimmten, themenbezogenen Statements. Danach werden die Positionen in der Gruppe besprochen und die Teilnehmer erarbeiten Ideen für Lösungen. Sie können in diesem Workshop wichtige (Q-)Themen und Geschäftsprozesse auf spielerische Weise analysieren, Diskussionen darüber anregen und Impulse setzen, um das Verhältnis der Bereiche zueinander und die Abläufe untereinander zu verbessern.

Mehr Informationen dazu finden Interessierte auf DGQplus.

Über den Autor: Dirk Lübbermann

Dipl.-Ing. (FH) Dirk Lübbermann studierte nach dem Abitur Physikalische Technik an der Fachhochschule Heilbronn. Im Jahr 1996 absolvierte er anschließend an das Studium einen Fortbildungskurs zum Qualitäts- und Umweltauditor, Projektleitung, CAQ sowie zum EFQM-Assessor an der Staufen-Akademie Bad Boll. Seit mehr als 25 Jahren ist Dirk Lübbermann als Managementbeauftragter verantwortlich für das integrierte Managementsystem der international aufgestellten Marbach-Gruppe und betreut darin die Themen Qualitätsmanagement, Arbeitssicherheit, Umwelt-, Prozess-, Innovations- und Risikomanagement. Als DGQ-Mitglied ist er aktiv im Fachkreis QM und Organisationsentwicklung und im Regionalkreis Heilbronn-Franken.

4 Kommentare bei “Gamification im QM: Ernste Themen verspielt angehen”

  1. d6f738e3362c41d441b427bce880944b Kristin Daleiden sagt:

    Interessanter Ansatz. Aber Vorsicht: nicht immer kommt das Spielerische bei Erwachsenen gut an, sie fühlen sich nicht ernst genommen.
    Aber Methodenvielfalt und Humor haben noch nie geschadet. Ich mache in meinen QM und QA Kursen etwa Assoziationsspiele mit Karikaturen, Videos oder Fotos.
    Alles gute Ideen, aber bitte dosiert.

    1. cfc7a7f3b3e6e94feaea482b5b447e8c Dirk Lübbermann sagt:

      Hallo und herzlichen Dank für die Anmerkung. Natürlich muss der Gamification-Ansatz zum Anlass und zum Thema passen. Wir haben die These „Spiele sind doch nichts fürs Business / für Erwachsene“ im Storyteam für „Läuft der Laden?“, in Feedbackrunden nach Spieletests und im Fachkreis OE auch durchdiskutiert.
      Daraufhin haben wir das „Spiel“ zu einem „Workshopmodul“ weiterentwickelt, das optional auch am Whiteboard moderiert werden kann. So findet es auch dort Akzeptanz, wo es offiziell und ernst zugeht.

  2. Vielleicht einmal mit Q-Key2 beschäftigen. Mit diesem Spiel wird das Thema QM sehr einfach innerhalb von ca. vier Stunden den Teilnehmenden vermittelt. Q-Key2 ist aus einem Forschungsprojekt entstanden. Weitere Informationen hier: http://www.qkey.de/q-key/grundidee/ oder hier https://www.jr-msq.de/seite/de/beratung/97/-/Das_QManagementsystem_mit_Q-Key2_verstehen.html

    Die DGQ besitzt auch ein Q-Key2 Spiel zur Nutzung innerhalb der RK.

  3. 8dec50bda25b367168df67d3603818ca Karlheinz Zacherl sagt:

    Rettet das Spiel
    Weil Leben mehr als funktionieren ist
    Warum unser Gehirn zur Hochform aufläuft, sobald wir es spielerisch nutzen.
    Der Mensch ist nur da ganz Mensch. wo er spielt. Was Schiller einst dachte. bestätigt heute die Neurowissenschaft: Im Spiel entfalten Menschen ihre Potenziale, beim Spiel erfahren sie Lebendigkeit. Doch das Spiel ist bedroht – durch seine Kommerzialisierung ebenso wie sucht erzeugende Online-Spiele. Der Hirnforscher Gerald Hüther und der Philosoph Christoph Quarch wollen sich damit nicht abfinden. Sie erläutern, warum unser Gehirn zu Hochform aufläuft, sobald wir es spielerisch nutzen, erinnern an die Wertschätzung des Spiels in früheren Kulturen und zeigen, welche Spiele dazu angetan sind, Freiräume für Lebensfreude zu öffnen – damit wir unsere spielerische Kreativität nicht verlieren.

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