Erweiterte Anforderungen an Lead Auditoren31 | 03 | 25

Lead Auditor, Führung, Team

Betrachten wir rückblickend die letzten 10 Jahre, kommen wir nicht umhin festzustellen, dass die Anforderungen und Erwartungen an Lead Auditoren kontinuierlich angewachsen sind. Dabei ist es unerheblich, ob wir 1st, 2nd oder 3rd-Party-Audits betrachten.

Unternehmen erwarten von ihren internen, leitenden Auditorinnen und Auditoren nicht nur das eindimensionale Betrachten von Konformitätsaspekten, sondern auch effektive und effiziente Auditprogrammkonzepte, die Integration verschiedener Regelwerke, die professionelle Koordination von Auditorenteams, die immer größer werden, weil mehr und zusätzliche Kompetenzen für die fachgerechte und professionelle Auditierung von zunehmend komplexeren Prozessen erforderlich werden. Aber auch seitens der Akkreditierungsstellen oder zulassenden Behörden werden die Kompetenzanforderungen nahezu im Jahresrhythmus angehoben.

In der Konsequenz erfordert dies, auch die Ausbildung, Qualifikation und Prüfung von Lead Auditoren zu überarbeiten und an aktuelle Anforderungen anzupassen. Diese Anpassung zeigt sich insbesondere in den folgenden Aspekten:

  1. Transformation der Rolle „Lead Auditor“
  2. Integration von methodischen Innovationen
  3. Benötigte Zukunftskompetenzen

Transformation der Rolle „Lead Auditor“

In der Vergangenheit waren Lead Auditoren vornehmlich verantwortlich für die Planung, Durchführung und Nachbereitung des Audits. Diese Aufgabe erweitert sich aktuell auf eine verstärkte Betrachtung der Einhaltung von gesetzlichen und behördlichen Vorgaben. Dies ist bei Qualitätsmanagementsystemen noch begrenzt auf die jeweiligen Produkte und Dienstleistungen. Bei Umwelt-, Nachhaltigkeits-, Arbeits- und Gesundheitsschutz- und Datensicherheits-/Datenschutzregelwerken kommen jedoch deutlich mehr zu beachtende Rechtsvorschriften in Frage, die im Audit behandelt und deren wirksame Anwendung sowie Umsetzung geprüft und bewertet werden muss. Gerade bei der stark angewachsenen Anzahl von integrierten Managementsystemen folgen daraus in der Praxis häufig Auditorenteams, die nicht nur zwei Auditierende umfassen. Vielmehr können deutlich mehr (um die Summe der Regelwerke/Rechtsgebiete/ Kompetenzfelder adäquat abzubilden) Personen eingebunden werden (Co-Auditoren pro Regelwerk, Experten).

Daraus ergeben sich für leitende Auditorinnen und Auditoren deutlich verstärkte Planungs- und Koordinationsaufgaben, um die Audits effektiv und effizient innerhalb der kalkulierten Auditzeiten zu absolvieren. Erforderlich sind also zunehmend steuernde, planende, kommunikative Kompetenzen sowohl in der Auditplanungs- als auch der Durchführungsphase.

Integration von methodischen Innovationen

Die zurückliegenden Jahre waren geprägt von einer intensiven Diskussion über die langjährig bewährten, aber auch innovativen neuen Auditmethoden. Mit Beginn der Corona-Pandemie wurden Remote Audits – zunächst aus der Not geboren – zu einem Paradebeispiel einer neuen Auditmethode, die sich heute einen anerkannten Platz im Baukasten der anwendbaren Methoden erobert hat (selbst wenn die Zahlen der durchgeführten Remote-Audits in der Summe rückläufig sind). Hinzu kommen aber zahlreiche in den letzten Jahren erprobte innovative Auditvorgehensweisen (beispielsweise LPA, Stellvertreteraudits, TOP/FLOP-Methode, Schnittstellenaudits).

Lead Auditoren sollten also das gesamte Spektrum der Auditmethoden sowie deren Nutzen und Grenzen kennen. Sie sollten außerdem beurteilen können, in welchen Prozessen, in welcher Unternehmenskultur und mit welchem Auditteam welche Auditmethode sinnvoll und erfolgreich eingesetzt werden kann.

Benötigte Zukunftskompetenzen

Lead Auditoren benötigen die oben angeführten erweiterten Kenntnisse zu unterschiedlichen Regelwerken, den damit verbundenen rechtlichen und behördlichen Anforderungen und den gestiegenen Anforderungen an Planung, Steuerung und Koordination großer Auditteams in komplexen Unternehmensstrukturen und Prozesswelten. Daneben erwarten gerade Zertifizierungsgesellschaften von ausgebildeten Lead Auditoren, die sie unter Vertrag nehmen wollen, fundierte Kenntnisse zu Akkreditierungsregeln in Bezug auf Auditplanung, Auditdurchführung und den Besonderheiten zur Berichtstellung bezüglich Zertifizierungs- und Überwachungsaudits.

Dazu zählen akkreditierungs-konforme Nachweisführung, korrekte Formulierung von Auditfeststellungen und Nichtkonformitäten sowie eine fachkompetente Beurteilung:

  • ob und inwieweit eine dem Sachverhalt angemessene Ursachenanalyse bei einer festgestellten Nichtkonformität zur Anwendung gekommen ist und
  • ob die daraufhin definierte Korrekturmaßnahme geeignet ist, die festgestellte Nichtkonformität WIRKSAM zu beheben.

Eine weitere Zukunftskompetenz wird sich in der Anwendung von KI in der Erstellung von Auditfrage- und Auditchecklisten sowie von Auditdokumentation/ Auditberichten abbilden. Doch dies ist ein Thema für sich und würde hier den Rahmen sprengen.

 

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Über den Autor: Frank Graichen

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Frank Graichen hat als Dozent, Referent, Moderator und Prüfer rund 400 Seminare, Workshops und Lehrgänge durchgeführt. Darüber hinaus ist er ein erfahrener Auditor mit etwa 450 externen Audits mit mehr als 700 Audittagen in der Dienstleistungsbranche sowie dem Gesundheits- und Sozialwesen.