Engagement und Zielsetzung in der Normungsarbeit – welchen Beitrag leistet die DGQ?21 | 02 | 23

ISO, Norm, Richtlinie, Normungsarbeit

Jeder, der sich in seinem beruflichen Umfeld mit Normenanwendung beschäftigt, wünscht sich idealerweise Normen, die klar, eindeutig und verständlich sind. Gibt es Überschneidungen zu Handlungsfeldern mit anderen Normen, so sollten diese leicht integrierbar bzw. berücksichtigbar sein. Der Gegenstand der Normung sollte eindeutig definiert sein, ebenso wie die wesentlichen Begriffe, auf die sich die Norm bezieht.

Alles Selbstverständlichkeiten? Eigentlich schon – aber…

Viele Anwender haben schon mal die Erfahrung gemacht, dass bestimmte Inhalte schwer oder nicht verständlich sind, ihnen unklar ist, wie allgemeine abstrakte Regeln in konkretes Handeln umgesetzt werden können, oder dass es scheinbare oder tatsächliche Widersprüche bei miteinander in Beziehung stehenden Normen gibt. Hier für Klarheit zu sorgen, ist ein wesentliches Ziel der DGQ-Normungsexperten und -expertinnen.

Die Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. ist bestrebt, das Know-how und die Methoden im Bereich Qualität und Qualitätsmanagement weiterzuentwickeln, über neueste Erkenntnisse zu informieren und ihre praktische Umsetzung zu fördern. Einer ihrer Aufgabenschwerpunkte als Fachgesellschaft ist daher bereits seit vielen Jahren die aktive Teilnahme an der nationalen und internationalen Normungsarbeit. Auf diese Weise beeinflusst die DGQ die fachlich-inhaltliche Normenentwicklung sowie die strategischen Entscheidungen und Themenstellungen bei der nationalen und internationalen Normung. Im Fokus steht dabei vor allem der Nutzen der Organisationen und Personen, die diese Normen anwenden bzw. davon betroffen sind.

Einsatz gegen Überreglementierung

Ein weiterer Grund für das Normungsengagement der DGQ: die Flut von Regeln einzudämmen, die für Unternehmen und Organisationen einzuhalten sind. Reduktion auf das Nötige – ein in unserer gegenwärtigen überreglementierten Alltagswelt immer bedeutsamerer Aspekt. Durch entsprechende Abstimmungen und Kommentierungen zu Normungsvorhaben bzw. von Normungsentwürfen lässt sich auch hier Einfluss nehmen, wenn auch bei internationalen Normen mit überschaubarem Erfolg. Sehr viele neue Normungsprojekte der Internationalen Organisation für Normung (ISO) mit eher geringem Marktbedarf werden international – also im Rahmen der Abstimmung mit den anderen ISO-Mitgliedsländern – positiv angenommen, oft entgegen der Stimme Deutschlands bzw. des Deutschen Instituts für Normung (DIN).

Somit liegt der Nutzen der DGQ-Normungsarbeit für die Normenanwender zum einen in der Verhinderung zusätzlicher Anforderungen, wo nicht unbedingt erforderlich. Zum anderen profitieren sie von der Unterstützung notwendiger Normen durch die DGQ, die möglichst gut zu verstehen sind und in den betrieblichen Alltag integriert werden können.

Nationale Normungsarbeit

Schwerpunktmäßig wirkt die DGQ beim DIN mit: In den Normungsausschüssen „Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen“ (NQSZ bzw. NA 147), „Technische Grundlagen“ (NATG bzw. NA 152), „Grundlagen des Umweltschutzes“ (NAGUS bzw. NA 172) und „Organisationsprozesse“ (NAORG bzw. NA 175) ist sie vertreten. Des Weiteren sind DGQ-Vertreter und -Vertreterinnen bei verschiedenen beratenden und übergeordneten Gremien des DIN wie dem Deutschen Rat für Konformitätsbewertung oder dem Beirat zum NA 147 präsent, dessen Aufgaben Entscheidungen über das Arbeitsprogramm, Finanzen und strategische Bewertungen umfassen.

Inhaltliche Schwerpunkte der DGQ-Normungsarbeit betreffen die Kernnormen der Normenreihen zu Qualität und Konformitätsbewertung sowie weitere Managementnormen und Themenfelder, zum Beispiel Umwelt-, OHS-, Risiko-, Nachhaltigkeits-, Projekt-, Prozess-, oder integrierte Managementsysteme. DGQ-Normungsexperten und -expertinnen engagieren sich darüber hinaus zu Themen wie Konformitätsbewertung, Audits, Metrologie, Dienstleistungen – Schnittstelle soziale Dienste und Technikeinsatz AAL („Ambient Assisted Living“) / Rettungsdienste sowie Kompetenzermittlung und -bewertung.

Da sich die Normenwelt kontinuierlich weiterentwickelt, verschieben sich naturgemäß auch Inhalte und Anzahl der für die DGQ relevanten Normungsprojekte. Schwerpunkte der letzten Jahre waren die ISO 9000er und ISO 14000er Kernnormen, ISO 19011 sowie die Normen der ISO 17000er Reihe.

Internationale Normungsarbeit

Über die Arbeit beim DIN hinaus sind Vertreter und Vertreterinnen der DGQ auch international in Gremien der Internationalen Organisation für Normung (ISO) aktiv. Dazu zählen unter anderem das ISO Technical Committee 176 (TC 176), TC 207 und CASCO, die sich mit den Themen QM, Umweltmanagement und Konformitätsbewertung befassen. Hier nutzt die DGQ die Möglichkeit, sowohl als Vertreter des DIN als auch der European Organization for Quality (EOQ) mitzuwirken. Die EOQ hat in verschiedenen ISO- und CASCO-Gremien einen anerkannten Status als sogenanntes A-Liaison Member – verfügt also über ein Recht auf Mitwirkung, allerdings ohne Stimmrecht bei Entscheidungen – und kann daher direkt Vertreter an die jeweiligen Gremien entsenden.

Auf der Ebene der EOQ leistet die DGQ Normungs- und Standardisierungsarbeit, indem sie an normativen Dokumenten mitarbeitet, die für die Zertifizierung von Qualitäts- und Managementfachpersonal europaweit zu Grunde gelegt werden können. Die EOQ ist als Liaison Member der European Cooperation for Accreditation (EA), dem Dachverband der europäischen nationalen Akkreditierungsstellen, ebenfalls an der Gestaltung von normativen Regeln im Bereich der Konformitätsbewertung beteiligt. Dabei wird sie personell unter anderem durch DGQ-Mitarbeiter vertreten.

Eine vergleichbare Normungsaktivität erfolgt auf internationaler Ebene über die Mitwirkung der DGQ in Vorstand und Arbeitskreisen der International Personnel Certification Association (IPC). Letztere ist wiederum Mitglied beim International Accreditation Forum (IAF). Die IPC entwickelt als Dachorganisation von akkreditierten Personenzertifizierungsstellen international anerkannte Zertifizierungsprogramme für Fachpersonal (insbesondere für Auditorenzertifizierung). Über die Anerkennung der Programme als akkreditierungsfähig durch das IAF sind diese weltweit durch Personenzertifizierungsstellen einsetzbar. Das IAF erarbeitet Regeln und legt Rahmenbedingungen für die Konformitätsbewertung unter anderem von Managementsystemen, Produkten und Personen fest.

Die Konformitätsbewertung von Managementsystemen auf Basis international akzeptierter Standards von ISO und IAF sind wiederum Geschäftsfelder der DGQ im Bereich der Personenzertifizierung sowie der Tochtergesellschaft DQS (Managementsystemzertifizierung).

Zielsetzungen

Welche fachlichen Ziele verfolgt die DGQ mit der Normungsarbeit?

  • Stärkung / Verbesserung der Wirkung, Praxisnähe, Akzeptanz und des Images von (QM-) Normen
  • Stärkung der Verständlichkeit und Klarheit von Normentexten
  • Förderung des Systems der Qualitätsinfrastruktur mit Akkreditierungs- und Zertifizierungssystemen
  • Beschränkung der Anzahl von zusätzlichen (Managementsystem-)Normungsvorhaben auf diejenigen mit klarem Marktbedarf und Nutzen für die Organisationen
  • Unterstützung des Trends zur besseren Vereinbarkeit von Managementsystemnormen bei der Umsetzung („Harmonized Structure“, gleiche Terminologie, vergleichbare Regelungsdichte, etc.)
  • Verringerung der Detailregelungen in Normen, stattdessen Stärkung von Prinzipien mit Interpretationsmöglichkeiten bei der Anwendung (zum Beispiel QM-Grundsätze, Auditprinzipien)
  • Vermeidung von unnötigen Revisionen vorhandener Normen

Darüber hinaus informiert die DGQ Kunden, Mitglieder und Interessenten regelmäßig über aktuelle Entwicklungen in der Normung. Mitglieder haben zudem die Möglichkeit, sich selbst aktiv in die Normungsarbeit einzubringen – zum Beispiel über Stellungsnahmeverfahren.

 

Lesen Sie auch den ersten Teil unserer Blogreihe rund um die Normungsarbeit: DIN, EN, ISO: Wozu brauchen wir eigentlich Normung? »

 

DGQ-Weiterbildungsangebot – Qualitätsmanagement Grundlagen

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Über den Autor: Thomas Votsmeier

Dipl. Ing. Thomas Votsmeier ist Leiter "Normung/Internationale Kooperationen" und seit 1998 bei der DGQ tätig. Er engagiert sich in verschiedenen Fachgremien bei der European Organisation for Quality (EOQ), der International Personnel Certification Association (IPC), dem Deutschen Institut für Normung und International Standard Organisation (ISO). Unter anderem ist er Obmann des DIN NA 147 – 00 – 01 AA Qualtitätsmanagement und Mitglied bei ISO TC 176.