Dies Gesetz gehört erneuert15 | 07 | 16

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Vor rund fünf Jahren war das aus dem Jahr 2000 stammende EEG mal wieder in aller Munde. Im Juni 2011 beschloss nämlich der Deutsche Bundestag eine umfassende Novelle des Gesetzes. Die damals neue Fassung trat dann am 1. Januar 2012 in Kraft – zurzeit gilt eine mehrfach überarbeitete Version des EEG vom Juni 2016 – das war jetzt aber nur der Vorspann.

Denn was in diesem Gesetz im Detail geregelt ist und welche Bedeutung es für die deutsche Unternehmenslandschaft und natürlich auch für den privaten Stromverbraucher hat, ist ja hinlänglich bekannt. Anscheinend jedoch nicht, wie das EEG korrekt ausgeschrieben wird. Deutsche Pressemeldungen zu diesem Thema offenbarten im Sommer 2011 jedenfalls ordentliche Lücken. Ein spontaner Blick in drei Provinzblätter ergab damals folgende Varianten:

a) … das Erneuerbare Energiengesetz (Schwarzwälder Bote vom 2. 8. 2011)

b) … das Erneuerbare-Energien-Gesetz (Augsburger Allgemeine vom 4. 8. 2011)

c) … das Erneuerbare Energien Gesetz (Oberbayerisches Volksblatt vom 5. 8. 2011)

Nicht allein die Bindestriche

Die Augsburger Allgemeine landete seinerzeit den Volltreffer, Gratulation! Der Schwarzwälder Bote betonte dagegen unfreiwillig die Erneuerbarkeit eines Energiengesetzes und setzte sich wie das Oberbayerische Volksblatt zusätzlich noch über die Rechtschreibregeln hinweg: Wegen der sinnfreien Aussage hat das Wort Erneuerbare bei den Varianten a) und c) kein Recht mehr auf Großschreibung, zu schweigen von der fehlenden Kopplung der beiden Substantive in Variante c), was nur im Englischen richtig wäre.

Sind es allein die fehlenden Bindestriche, die hier Konfusion schaffen? Zwar kommt das EEG in seiner ausgeschriebenen Version nicht ohne diese Bindestriche aus, das eigentliche Problem – vor allem in Variante a) sichtbar – sitzt aber noch woanders. In unserem Beispiel handelt es sich um einen feststehenden Ausdruck, dessen Bestandteile entsprechend fest zusammengehören, das zeigt die Großschreibung des Adjektivs. Dieses bestimmt dabei aber weiterhin die Eigenschaft des Grundwortes, weshalb man durch das Anhängen eines weiteren Substantivs, hier Gesetz, eine völlig neue Situation herstellt. Jedenfalls, wenn man nicht durchkoppelt. Das Adjektiv zielt sonst nämlich auf Gesetz statt auf Energien – und schon passt es nicht mehr.

Eine aktuelle Recherche (vom Juni 2016) hat übrigens ergeben, dass das EEG heute weitaus häufiger korrekt ausgeschrieben wird, als noch vor fünf Jahren. Ausgerechnet das federführende Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) leistet sich jedoch an einigen Stellen seines Webauftritts diesbezüglich noch kleine Patzer. Auf einer Unterseite, die besondere Ausgleichsregelungen für stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen behandelt, heißt es z. B.: „Das zweite Gesetz zur Änderung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes ist am 03. Juli 2015 in Kraft getreten.“ Das kleine n, das sich zwischen Erneuerbare und den Bindestrich gequetscht hat, ist schuld.

Irritierende Sinnverdrehungen

Man kennt ja aus der Alltagssprache eine ganze Reihe teils wirklich lustiger Schrägbildungen, wie den sehr beliebten warmen Würstchenverkäufer oder den ebenfalls nicht zu verachtenden vierköpfigen Familienvater. Manche Wendungen sind allerdings so geläufig, dass man die Schräglage erst auf den zweiten, dritten Blick erkennt, wie z. B. beim königlichen Hoflieferanten oder dem blühenden Rapsfeld.

Und wie ist es im QM-Alltag? Man denke nur einmal an die vielen internen Audits, die sich hier wunderbar vergurken lassen. An das Wort Audit kann man ja alles Mögliche anhängen, z. B. -Situation, -Leiter oder -Vorgaben etc. So können Gebilde wie interne Auditvorgaben entstehen. Was bedeutet das? Sind das Vorgaben für interne Audits oder interne Vorgaben für Audits? Dieses steht geschrieben, jenes ist gemeint.

Obwohl die Möglichkeit, Substantive im Deutschen zu Komposita zu vereinigen, oft gepriesen wird, ist hier also eher Vorsicht geboten. Vor allem, wenn Adjektive involviert sind. Bei der Konstruktion interne Auditvorgaben bleibt zur Reparatur eigentlich nur der Verzicht auf das Kompositum resp. das Umstellen des Satzes. Und das gilt  natürlich für alle vergleichbaren Konstruktionen – damit so etwas wie eine oberste Leitungsverantwortung wenigstens formal nicht zum Zug kommen kann …

Über den Autor: Peter Blaha

Peter Blaha, geboren 1954 in Frankfurt am Main, ist freier Journalist mit Spezialisierung auf „Managementsysteme“ und „Weinwirtschaft“ und DGQ-Mitglied. Er widmet sich neben der Erstellung von Fachbeiträgen seit jeher (und mit Vorliebe) dem nach seiner Meinung oft viel zu wenig beachteten Phänomen unklarer bis kurioser Formulierungen und Schreibweisen in der deutschen (Q-)Sprache. Wer dabei eine gewisse Nähe zur Argumentation des bekannten Journalisten Wolf Schneider zu erkennen glaubt, liegt nicht ganz falsch.

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