Die Automobilindustrie hat ein Qualitätsproblem!19 | 11 | 21

Das bestätigt sich durch eine Studie des CAM-Instituts die im Oktober 2021 veröffentlicht wurde. Zwischen 2011 und 2020 wurden in den USA 331 Mio. Fahrzeuge wegen sicherheitstechnischer Mängel zurückgerufen. Dieser Rekordwert entspricht einer Rückrufquote von 201 Prozent. Laut CAM-Institut bedeutet dies, dass mehr als doppelt so viele Fahrzeuge zurückgerufen als im gleichen Zeitraum gekauft wurden. Die Auswertungen des Jahres 2020 und des ersten Halbjahres 2021 zeigen, dass sich dieser Negativtrend noch verstärkt.

An erster Stelle aller sicherheitsrelevanten Produktmängel im Jahr 2020 steht der Insassenschutz (27 Prozent), gefolgt von Qualitätsmängel beim Antriebsstrang (Motor, Getriebe) mit 21 Prozent. Auf die Karosserie lassen sich rund 20 Prozent der Sicherheitsmängel zurückführen und 14 Prozent auf Probleme mit der Elektrik und Elektronik sowie 10 Prozent der Mängel auf defekte Bremsanlagen.

Studienleiter Stefan Bratzel ist überzeugt, die Rückrufzahlen der letzten Jahre sind auch Kennzeichen des enormen Veränderungsdrucks, der auf der Branche lastet. Es sei bereits abzusehen, dass Probleme rund um das Batteriesystem sowie Softwareprobleme erheblich zunehmen werden. „Allerdings stellen sicherheitstechnische Rückrufe nur die Spitze des Eisbergs dar. Nicht selten gleicht die Produktherstellung mancher Automobilunternehmen einer „Bananenentwicklung“: Das Produkt reift erst beim Kunden. Das verärgert vielfach die Autokäufer und kann zu Personen- und Sachschäden führen. Außerdem kostet es die Hersteller mittel- und langfristig viel Geld und schadet ihrem Image warnt Bratzel.

Was sind die Gründe der fehlenden Qualität und was ist zu tun?

Als Folgerung aus den Rückrufen 2020 und 2021 (1. HJ), fordert die Studie einen „Paradigmenwechsel im Qualitätsmanagement Automobilhersteller“. Als strukturelle Ursachen für wachsende Qualitätsprobleme nennt die Studie die steigende technische Komplexität des Fahrzeugs, die Zunahme der Entwicklungsgeschwindigkeit aufgrund gestiegener Wettbewerbsintensität, die Wertschöpfungsverlagerung und Globalisierung der Entwicklung und Produktion, den erhöhten Kostendruck als Gefahr für Produktqualität sowie die Baukasten- und Gleichteilestrategie, auf die viele Hersteller setzen.

Das Qualitätsmanagement vieler Automobilhersteller sei noch nicht auf die neuen globalen Produktsicherheitsanforderungen eingestellt. Bei manchen Herstellern stehe kurzfristige Gewinnmaximierung und eher reaktive Qualitätsmanagementsysteme mit nachsorgender Mängelbeseitigung im Vordergrund. Hier seien jedoch proaktive und vorsorgende Produktqualitätsstrategien notwendig, gerade vor dem Hintergrund veränderter Entwicklungs- und Produktionsbedingungen, neuen Technologien und Funktionen im Fahrzeug.

Eine Möglichkeit diesem Negativtrend entgegenzuwirken ist die Prognose von Reklamationen. Wenn sich Reklamationen schon nicht vollständig vermeiden lassen, dann muss doch zumindest so früh wie möglich geklärt werden, wie viele Reklamationen welcher Art wann zu erwarten sind. Vor allem im Bereich der Sicherheitsmängel. Je genauer eine Prognose ist, desto besser und schneller kann reagiert werden. Fehler, die erst spät erkannt werden stellen ein Risiko für das Unternehmen dar: Sie können nicht nur zu einer enormen direkten Kostenbelastung führen, sondern auch das Image von Fahrzeugherstellern gefährden. Mit den Werkzeugen der Datenanalyse lassen sich verschiedene Modelle über zu erwartende Reklamationen und Kosten erstellen. So können Entscheidungsprozesse bei Qualitätsproblemen optimal unterstützt und Risiken für das Unternehmen vermieden werden.

Die DGQ bietet Ihnen dazu die passenden Weiterbildungen, um sich das erforderliche Know How anzueignen. Wenn Sie sich tiefer mit der Vorhersage von Reklamationen beschäftigen möchten und lernen wollen, wie Sie Data Analytics Techniken nutzen können, dann ist das E-Training „Wie Sie mit Data Analytics Reklamationen vorhersagen“ unseres Trainers Dr. Gregor Bartsch genau das Richtige.

In unserem umfangreichen Trainingsangebot zur Automotive-Branche finden weitere wichtige Trainings zur Verbesserung der Produktqualität. Zum Beispiel lernen Sie im Seminar „Advanced Product Quality Planning – APQP“ die Vorgehensweise nach APQP bzw. VDA-Band mit den für die Erstellung eines Qualitätsprodukts erforderlichen Schritten. Der VDA-Band Schadteilanalyse Feld bietet für die Ursachenermittlung einen ganzheitlichen Ansatz und wurde 2018 grundlegend überarbeitet. Die zweitägige Schulung „VDA Schadteilanalyse Feld – Anwenderschulung (VDA QMC)“ bietet Teilnehmern die Vermittlung der Inhalte des aktuellen Standards zur Umsetzung im eigenen Unternehmen.

Literaturhinweise: https://auto-institut.de/automotiveperformance/rueckruf-trends-der-globalen-automobilhersteller-im-langfristvergleich-2011-2021-referenzmarkt-usa/

https://www.qz-online.de/a/article-350144?etcc_cmp=Newsletter+QZ-News&etcc_med=Newsletter

Über die Autorin: Christina Eibert

Christina Eibert ist studierte Sozialwissenschaftlerin und Produktmanagerin bei der DGQ. Sie verantwortet die Trainings in den Bereichen Compliance, Datenschutz, Statistik und Cyber-Sicherheit. Besonders wichtig ist es ihr, praxisnahe und zukunftsorientierte Weiterbildungen zu entwickeln, von denen Teilnehmer und Unternehmen gleichermaßen profitieren.

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