Darf ich Sie ‘mal ‘was fragen? – Wie gut hören Sie eigentlich zu und hin?29 | 06 | 22
Was ist denn das für eine dusselige Frage? Nervt sie Sie und die Unterstellung, die sie beinhalten könnte? Schlimmer noch, regt sie Sie auf? Wenn wir aufgeregt sind, sind unsere Fähigkeiten, zu- und mehr noch, genau hinzuhören, schon einmal drastisch eingeschränkt. Je höher der Erregungszustand, desto mehr „machen wir zu“, sind kaum noch empfänglich, nehmen unsere Umgebung, wenn überhaupt, nur noch durch einen starken Filter wahr. Berücksichtigen Sie das, wenn Sie selbst erregt sind? Das ist sehr schwierig. Berücksichtigen Sie das, wenn Sie bemerken, dass andere erregt sind? Das wäre schon eher möglich.
Doch auch ohne Erregung können wir das Zu- und Hinhören vernachlässigen. Kennen Sie das Phänomen, dass wir, während die anderen sprechen, auf die Lücke warten, in die wir stoßen können, um das zu sagen, was wir sagen wollen? Um zu erzählen, dass wir so etwas auch schon einmal gemacht oder erlebt haben? Und dass wir von da an erwarten, dass der oder die andere nun uns zuhört? Unsere Gesprächspartner degradieren wir so zu unseren Stichwortgebern. Die merken das natürlich. Ärgern sich vielleicht. Werden sogar wütend. Ein Teufelskreis. Faszinierend, dass es uns oft wichtiger ist, Bekanntes zu erzählen, als Neues zu hören.
Wer gut zuhören will, muss schweigen können. Lange und anhaltend. Wie gut sind Sie im Schweigen? Wer gut hinhören will, muss aufmerksam sein können. Wie machen und wie erhalten Sie sich aufmerksam?
Schweigsamkeit und Aufmerksamkeit sind für uns oft viel anstrengender als Beredsamkeit und Unaufmerksamkeit. Auf Lateinisch heißt zuhören ja „audire“, doch auch in vielen Auditsituationen liegen die meisten Redeanteile bei Auditorinnen und Auditoren. Bestimmt hat es schon viele Audits gegeben, in denen die Auditierten geschwiegen haben, ohne dass es groß ins Gewicht fiel. Doch stellen Sie sich ein Audit vor, in dem die Auditorinnen und Auditoren schweigen. Ich möchte wetten, dass die Auditierten die Stille nicht lange aushalten werden und beginnen zu erzählen. Auch in vielen anderen Situationen der Zusammenarbeit wäre das Zuhören genauso wichtig wie im Audit.
Wer mehr und besser zuhört, der hat auch mehr Gelegenheit und Freiheit zum Beobachten, dem kongenialen Partner des Zuhörens. Beobachten Sie oft und vor allem – beobachten sie aufmerksam. Wenn Sie das tun, werden Sie im Alltag, beruflich und auch privat, interessante und oft überraschende Feststellungen machen können.
Also, wie gut hören Sie eigentlich zu und hin? Erzählen Sie bitte, ich höre Ihnen gerne zu.
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