Customer Journey im QM – der Kunde als zusätzlicher Prozessbeteiligter13 | 07 | 23

Customer Journey, QM-Methoden, Methodenkompetenz

Viele Unternehmen schreiben sich eine hohe Kundenzufriedenheit auf die Fahne. Andere wiederum sind froh, guten Service gerade noch so liefern zu können. Immer mehr Faktoren, wie Fachkräftemangel, Lieferfähigkeit etc. haben Einfluss auf Kundenzufriedenheit und Service. Und Kundenzufriedenheit wiederum ist letztlich einer der größten Qualitätsindikatoren.

Wenn wir heute Prozesse dokumentieren, steuern, bewerten und weiterentwickeln, fokussieren sich viele Unternehmen auf sich selbst und die interne Prozesssicht. Beim Input und Output wird dann zwar auf den Kunden geschaut – aber auch innerhalb der Prozessabläufe? Viele Unternehmen glauben bereits zu wissen, was Kunden wollen – jedoch ohne dies wirklich im Detail einschätzen zu können. Manchmal scheint es wiederum, dass sie die Kundensicht gar nicht einbinden wollen.

Wir vom Fachkreis Exzellenter Kundenservice empfehlen: Machen Sie sich frei von der rein auf unternehmensinterne Abläufe und Prozesse fokussierten Denkweise. Denken Sie stattdessen in Kundenerlebnissen und den Abläufen, die der Kunde im Kopf hat. Da Kunden meist die internen Abläufe nicht kennen, machen sie sich ihr eigenes Bild. Manchmal hingegen hat der Kunde auch nur Fragezeichen im Kopf, zum Beispiel bei zu viel Fachchinesisch. Versetzen Sie sich also in die Sicht des Kunden:

  • Was sind die Dinge, die den Kunden beschäftigen, die nicht in den Prozessen beschrieben werden?
  • In welcher Situation bzw. Emotion steckt der Kunde zu welchem Prozess-Zeitpunkt?
  • Was erwartet der Kunde gerade?
  • Gibt es noch etwas, womit ich den Kunden begeistern kann?

Emotionen spielen eine wichtige Rolle

Nehmen Sie die gemeinsame „Reise“ aus Sicht des Kunden, Interessenten, Bewerbers etc. in Ihre Prozesse auf – diese sind ja schließlich auch Prozessbeteiligte.

Haben Sie in Ihren Prozessdarstellungen den Kunden mit dessen Interaktionen bereits dargestellt? Das ist ein guter erster Schritt. Aber dann kommt noch ein entscheidender zweiter Schritt zur nüchternen Betrachtung von Anforderungen und Prozessschritten hinzu, den es sicherlich auch braucht: das Empfinden von Situationen, Interaktionen und Ergebnissen ihrer Kunden und Interessenten. Zu gut kennen wir Emotionen im Beschwerdefall. Aber Emotionen spielen in vielen Situationen eine Rolle.

Neben der „Basis“, die Kundeninteraktionen in die Prozessdarstellungen zu integrieren, kommt es bei gutem Service insbesondere auf die (teils nicht artikulierten) Bedürfnisse und Erwartungen, Erlebnisse und somit „Ergebnisse“ auf der Seite des Kunden an. Kennen Sie schon die Begeisterungsfaktoren, Wow-Effekte oder sogenannte „Magic Moments“ Ihrer Organisation? Nutzen Sie hierfür die Methode der Customer Journey, die ihre Anfänge im Marketing hat. Laden Sie die Prozessbeteiligten dazu ein und dabei insbesondere jene Mitarbeitende, die an den Kundenschnittstellen tätig sind. Idealerweise laden Sie auch Kunden dazu ein – sie sind gute und zugleich kostenfreie Berater.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Und so gehen Sie vor, um einen Customer-Journey-Workshop durchzuführen:

  1. Stellen Sie Ihren Prozess mit den integrierten Kundeninteraktionen dar – am besten in visualisierter Form.
  2. Bewerten Sie die Prozessschritte: Wo gibt es Begeisterungsfaktoren? Wo gibt es Hemmnisse für die Kundenbegeisterung (die über ein reines Verbesserungspotenzial hinausgehen)? Stellen Sie die Fragen bewusst so, dass sie mit Blick auf möglichen Handlungsbedarf polarisieren. Markieren Sie die relevanten Prozessnahtstellen.
  3. Suchen Sie zunächst danach, Begeisterungsfaktoren auszubauen, zu standardisieren oder zu adaptieren. Wenn daraus eine echte Mehrwertleistung entsteht, kann diese auch bepreist werden.
    Beispiel: KI-basierte Services, die dem Kunden Dinge abnehmen
  4. Die Begeisterungshemmnisse sollten abgebaut werden. Hier gibt es die Möglichkeit, diese entweder komplett auszuräumen oder alternativ direkt in Begeisterung umzukehren.
    Beispiel: Die lästigen Parkgebühren aufgrund Parkraummangels werden zwar weiter erhoben, aber für einen guten Zweck gespendet
  5. So wird der Prozess gegebenenfalls neu modelliert. Maßnahmen zu Umsetzung sind wie immer festzuhalten und deren Umsetzungserfolg zu bewerten.

Tipp: Adaptieren Sie die Customer Journey – beispielsweise können Sie sie im internen Audit einsetzen. In der Moderation versierte Auditoren können die Methode anwenden, in dem sie die Fragen entlang der Auditkriterien mit abdecken. Die direkte Dokumentation kann die Feststellungen und Maßnahmen zugleich als Auditbericht abbilden.

Mit dieser Methode kann es Ihnen nicht nur gelingen, die Qualität Ihrer Prozesse zu steigern, ihr Einsatz macht den Beteiligten oft auch Spaß. Der DGQ-Fachkreis Exzellenter Kundenservice wünscht viel Freude beim Ausprobieren!

 

Der Beitrag wurde verfasst von Christian Ziebe und Helmut Kremer, Mitglieder im Leitungsteam des Fachkreises Exzellenter Kundenservice.

 

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Über den Autor: DGQ-Fachkreis Exzellenter Kundenservice

Der DGQ-Fachkreis Exzellenter Kundenservice beschäftigt sich seit 2016 damit zu ergründen, was exzellenten Kundenservice in der Dienstleistungsbranche ausmacht. Hierfür betrachtet und diskutiert er verschiedene Themen und arbeitet an praktisch anwendbaren Ergebnissen, die den Kundenservice verbessern sollen. Bei Interesse an einer Mitarbeit im Fachkreis wenden Sie sich gerne an FK-DL@dgqaktiv.de.

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