Künstliche Assistenz. Oder: Wie Ihnen Künstliche Intelligenz den Arbeitsalltag erleichtern kann5 | 09 | 19

Das ist künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Begriff, bei dem ein bedrohlicher Eindruck entstehen kann: Entweder wir haben es in naher Zukunft mit autonom handelnden und übernatürlich intelligenten Maschinen zu tun, die die Weltherrschaft anstreben. Oder ein großer Teil der Bevölkerung wird durch präzise arbeitende Roboter ersetzt, die weder Wochenende, Urlaub, Alter, Krankheit oder Bezahlung kennen. Auch der drohende Kontrollverlust dadurch, dass persönliche Daten in die falschen Hände geraten und für unlautere Zwecke genutzt werden, erklärt, warum nicht alle dem technischen Fortschritt und der Digitalisierung gegenüber aufgeschlossen sind.

Nüchtern betrachtet bezeichnet der Begriff KI den Versuch, Muster in großen Datensätzen zu erkennen und menschliche Entscheidungsstrukturen nachzubilden. Der Einsatz von KI soll also das menschliche Denken unterstützen und das Lösen von komplexen Aufgaben vereinfachen respektive überhaupt erst ermöglichen. Diese Art der Unterstützung bietet sich vor allem bei Aufgaben an, die sich durch regulatorische Vorgaben sowie repetitive und routinierte Arbeitsabläufe auszeichnen. Im Rahmen der Umfrage „Digitale Trends. Umfrage zum Thema Künstliche Intelligenz“, durchgeführt von Kantar TNS im Auftrag des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW), gaben 84% der Befragten an, dass sie ihre lästigen Routinearbeiten sogar gerne von „Robotern“ erledigen lassen würden. Warum das so ist wird deutlich am Beispiel der Vertragsprüfung: Die manuelle Durchsicht und Prüfung von Verträgen auf inhaltliche und formale Vollständigkeit bzw. Anomalien in Bezug auf einen gesetzten Standard ist sehr zeit- und also auch kostenintensiv. Machine-Learning-Algorithmen erledigen diese Aufgabe in einem Bruchteil der Zeit, die ein Mitarbeiter für die Bearbeitung dieser Aufgabe aufwenden müsste. Der durch den Einsatz von KI entlastete Mitarbeiter kann die gewonnene Zeit gewinnbringend an anderer Stelle einsetzen, sich wieder verstärkt auf die eigenen Kernkompetenzen konzentrieren und mehr Zeit den Kunden widmen.

So kann künstliche Intelligenz im Qualitätsmanagement helfen

Die IFS Deutschland GmbH & Co KG hat im vergangenen Jahr eine weltweite Umfrage unter rund 1400 IT-Entscheidern durchgeführt, um die wesentlichen Anwendungsgebiete von KI in Unternehmen zu identifizieren. In der DACH-Region ist mit 22% das Qualitätsmanagement (QM) das führende Einsatzgebiet für KI. „Unsere Studie zeigt, dass sich die Unternehmen nicht beirren lassen und einen realistischen Blick auf die Künstliche Intelligenz haben. Sie erwarten keine allgemeinen Wunderdinge, sondern konzentrieren sich auf die Bereiche, in denen KI ihnen tatsächlich einen Nutzen bieten kann“, interpretiert Matthias Greuner, Director Marketing & Public Relations bei IFS Europe Central die Umfrageergebnisse. „Das größte Potenzial sehen Sie (die Unternehmen) in der Interaktion von Menschen und Maschinen und widersprechen damit dem gängigen Schreckensszenario, dass KI uns alle arbeitslos machen wird. Sie gehen vielmehr davon aus, dass sich KI und Menschen gegenseitig unterstützen, statt sich Konkurrenz zu machen.“

Im Bereich QM lassen sich aus Unternehmenssicht einige Anwendungsszenarien identifizieren, wo sich die gegenseitige Unterstützung von KI und Mensch positiv auf die Effektivität und Effizienz von Prozessen auswirken kann. Fragen wie „Warum produziere ich eigentlich (soviel) Ausschuss?“, „Wann wird die Maschine voraussichtlich ausfallen?“, „Wie lässt sich die Lieferantenqualität bewerten?“ bis hin zu „Wie nimmt eigentlich der Kunde die Qualität meiner Produkte wahr?“ lassen sich mithilfe von KI beantworten. Das kleine Wort „mit-hilfe“ spielt in diesem Kontext eine wichtige Rolle, denn bei der Beantwortung der o.g. Fragen ist die Zusammenarbeit zwischen menschlichem Erfahrungsschatz und Fachwissen und Künstlicher Intelligenz gefragt.

Vor diesem Hintergrund erfreut sich insbesondere das Thema „Predictive Quality“ wachsender Beliebtheit. Nicht selten geht die Qualitätssicherung von Produkten mit einer Zerstörung des getesteten Produktes einher (zerstörende Prüfung) und erfolgt erst am Ende des Produktionszyklus. Durch die Analyse aller auf den Produktentstehungsprozess einwirkender Parameter und, sofern sinnvoll, unter Hinzunahme externer Variablen, kann der Zustand bzw. die Ausfallwahrscheinlichkeit der Produkte bereits während des Fertigungsprozesses evaluiert werden. Dieser Wissensvorsprung ermöglicht dem Mitarbeiter die proaktive Einleitung von Abstellmaßnahmen und sichert so die Qualität der letztendlich gefertigten Produkte im Feld.

Neben der Gewährleistung der technischen Produktqualität spielt auch die Sicherstellung der Qualität des Produktes aus Sicht des Kunden eine wichtige Rolle im Qualitätsmanagement. Doch an die Stimme des Kunden zu kommen ist heute nicht mehr ganz so trivial. Der Kunde ist König und als solcher hat er wenig Lust, sich durch Fragebögen oder Telefoninterviews zu „quälen“. Stattdessen kommunizieren Kunden ihren Qualitätseindruck in Social Media oder via E-Mail, häufig im Zustand emotionaler Erregung. Die Analyse von großen und unstrukturierten Textdaten kann ebenso durch den Einsatz von KI geleistet werden, wie die Prognose von Ausschuss, Stillstandzeiten und Lieferantenqualität.

Mit Data Analytics as a Service die Wertschöpfung durch KI beschleunigen

Ungeachtet der Tatsache, dass KI gezielt zur Wertschöpfung eingesetzt werden kann, stehen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) vor dem Problem der tatsächlichen Umsetzung: Oft fehlt es an Fähigkeiten und Kompetenzträgern, hinzu kommen der Mangel an Zeit und Budget. Data Analytics as a Service Lösungen (DAaaS) können diese Lücke schließen und so allen Unternehmen eine schnelle, unkomplizierte und kostengünstige Teilnahme an der datengetriebenen Wertschöpfung ermöglichen. DAaaS bietet den bedeutenden Vorteil, dass kein unternehmensinternes Data Science Team aufgebaut, kein umständliches Change-Management-Projekt initiiert und die eigene IIT kaum involviert werden muss.

Auch das Westphalia DataLab (WDL) hat sich dem DAaaS Ansatz verschrieben. Gemeinsam mit und für unsere Kunden führen wir Projekte im Bereich Data Analytics durch. Unsere Analysen basieren natürlich auf dem Einsatz von KI, wobei, je nach Sinnzusammenhang, die unternehmensinternen Daten sogar um externe Daten angereichert werden können, um die Ergebnisse zu verbessern. Im Rahmen der Projekte entwickeln wir gemäß den Anforderungen des Kunden interaktive graphische Nutzeroberflächen, so genannte Dashboards, welche unsere Analyseergebnisse für den Anwender übersichtlich darstellen und selbigen in sämtlichen Situationen bei der Entscheidungsfindung unterstützten – bei Bedarf täglich oder sogar auf die Minute genau.

q.e.d.

Aktuell ist das Thema KI sowie die damit verbundene Vielzahl möglicher Use Cases in Unternehmen noch nicht allgegenwärtig präsent bzw. flächendeckend im Einsatz. Die Erfahrung und der Austausch mit unseren Kunden zeigt aber, dass ein Umdenken stattfindet und die Unternehmen zunehmend mutiger und kreativer werden, was die Nutzenpotentiale von KI betrifft. Und das ist auch gut so, denn die o.g. Beispiele zeigen, dass der Begriff KI nicht als Angriff auf unsere humane Intelligenz, sondern eher als Beschleuniger dieser zu verstehen ist. Wir müssen uns nur darauf einlassen.

Wer mehr zum Einsatz von KI im Bereich Qualitätsmanagement erfahren möchte, ist herzlich zu meinem DGQ-Webinar „Stichprobe war gestern, Big Data ist heute: Wie Künstliche Intelligenz das Qualitätsmanagement bereichert“ am 23. September um 11 Uhr eingeladen. Zusätzlich finden Sie auf der Homepage des Westphalia DataLab weitere Informationen zu diesem spannenden Thema.

Über den Autor: Reiner Kurzhals

Reiner Kurzhals ist Unternehmer im Bereich Big Data Analytics und Professor für Data Science an der Fachhochschule Münster. Nach dem Verkauf seines ersten Unternehmens 2015 an McKinsey & Company konzentriert er sich seit 2017 auf die Entwicklung der ersten vollautomatischen Datenanalyse-Plattform mit dem Westphalia DataLab (WDL). Anfang Juli wurde das WDL vom Center Smart Services an der RWTH Aachen für die überragenden Leistungen auf dem Gebiet des Machine Learning als Champion ausgezeichnet.

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