Der externe Auditor als Coach: Mit den richtigen Fragen zu mehr Wirksamkeit im QM-System1 | 09 | 25

Auditor, Coach, Interview

Traditionell galt der Auditor als Kontrollelement im Qualitätsmanagementsystem (QMS). Seine Hauptaufgabe bestand darin, Abweichungen von Normen und internen Vorgaben aufzudecken. Doch dieser Ansatz ist zunehmend überholt. Unternehmen benötigen heute mehr als nur Fehlerlisten. Sie suchen nach Impulsen für die Weiterentwicklung ihrer Prozesse und Strukturen.

Ein moderner Auditor geht über die reine Prüfung hinaus. Er analysiert systematisch, denkt vernetzt und bietet strategische Beratung an. Dabei rückt die Frage nach dem „Warum“ in den Mittelpunkt: Warum gibt es bestimmte Anforderungen? Welche Wirkung sollen Maßnahmen erzielen? Wie kann Effizienz gesteigert werden, ohne die Konformität zu gefährden?

Potenziale aufdecken statt Fehler suchen

Ein wirksames Audit zielt nicht nur darauf ab, Schwächen aufzudecken, sondern auch Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Der Fokus verlagert sich damit vom reaktiven zum proaktiven Ansatz. Anstatt lediglich zu protokollieren, was nicht funktioniert, erkennt der Auditor Chancen, Prozesse zu optimieren.

Durch eine offene, wertschätzende Gesprächsführung gelingt es dem Auditor, mit den auditierten Bereichen in einen Dialog auf Augenhöhe zu treten. Die richtige Fragetechnik – etwa durch offene, lösungsorientierte Fragen – fördert Reflexion und Selbstkritik. So entstehen Ideen, wie Prozesse effizienter, sicherer und kundenorientierter gestaltet werden können.

Anregen zum Mitdenken – Verankern eines nachhaltigen Qualitätsverständnisses

Ein Auditor, der als Coach agiert, regt zum Mitdenken an. Er macht nicht nur Mängel sichtbar, sondern vermittelt die dahinterliegenden Qualitätsprinzipien. Ziel ist es, ein nachhaltiges Qualitätsverständnis im Unternehmen zu verankern. Mitarbeiter sollen erkennen, dass Qualität kein Kontrollmechanismus ist, sondern ein integraler Bestandteil der täglichen Arbeit.

Das gelingt am besten, wenn der Auditor praxisnahe Beispiele einbringt. Statt bloßer Anforderungskonformität steht der Nutzen für das Unternehmen im Fokus: Wie helfen bestimmte Anforderungen dabei, Kundenanforderungen besser zu erfüllen? Wo schützen Prozesse vor Risiken? Wie fördern klare Verantwortlichkeiten die Effizienz?

Berufsbild Auditor

Für die Integrität und Zuverlässigkeit von Unternehmen ist das Einhalten von gesetzlichen, behördlichen und normativen Vorgaben und Anforderungen essenziell. Neben dem Feststellen der Konformität können im Rahmen eines Audits unter anderem bewährte Praktiken erkannt, Lücken identifiziert und Optimierungspotenziale aufgedeckt werden. Auditoren können so einen entscheidenden Beitrag für das Unternehmen leisten und haben gute Karriereaussichten in den verschiedensten Branchen.
Antworten auf die wichtigsten Fragen finden Sie in unserem Berufsbild zum Auditor:

  • Welche Aufgaben betreuen Auditoren?
  • Wie werde ich Auditor?
  • Welche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es?
  • Was verdient ein Auditor?
  • Welche Karrieremöglichkeiten gibt es als Auditor?

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Nicht blind Anforderungen prüfen – Umsetzung mit Augenmaß

Auditoren sollten sich nicht darauf beschränken, Anforderungen schematisch abzuhaken. Vielmehr gilt es, die Umsetzung im konkreten Kontext des Unternehmens zu beurteilen. Dabei sind Best-Practice-Ansätze hilfreich, um alternative Lösungswege aufzuzeigen.

Zudem ist „Augenmaß“ gefragt: Nicht jede Abweichung erfordert sofort eine Maßnahme. Vielmehr sollte der Auditor abwägen, welche Bedeutung ein festgestellter Sachverhalt für das gesamte System hat. Wichtig ist, bei allem Regelwerk den Sinn und Zweck der Anforderungen nicht aus den Augen zu verlieren.

Effizienz als Mehrwert der Maßnahmen

Ein Qualitätsmanagementsystem darf nicht Selbstzweck sein. Es muss einen Mehrwert liefern – insbesondere in Form von Effizienz. Das bedeutet: Maßnahmen, die aus Audits hervorgehen, sollten nicht nur normkonform, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll sein.

Der Auditor ist hier in der Verantwortung, nicht nur auf die Einhaltung von Vorgaben zu achten, sondern auch Vorschläge auf ihre Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Dabei ist eine Zusammenarbeit mit den betroffenen Bereichen wichtig. Nur gemeinsam lassen sich Lösungen finden, die sowohl effizient als auch wirksam sind.

Verständnis für die Anforderungen erzeugen

Ein häufiger Grund für fehlerhafte oder lückenhafte Umsetzungen im QMS ist mangelndes Verständnis für die Anforderungen. Der Auditor sollte daher nicht nur kontrollieren, ob Anforderungen erfüllt sind, sondern auch klären, ob sie verstanden wurden.

Ein gutes Audit erzeugt Klarheit: Warum gibt es eine bestimmte Regelung? Welche Risiken sollen dadurch minimiert werden? Welche Vorteile bringt die Einhaltung mit sich? Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, entsteht ein echtes Commitment zur Umsetzung. Der Auditor wird so zum Vermittler zwischen Normtext und Unternehmenspraxis.

Unternehmen, die Beratung annehmen, werden besser

Audits bieten Unternehmen eine große Chance, wenn sie bereit sind, sie anzunehmen. Denn Auditoren bringen nicht nur einen objektiven Blick von außen mit, sondern auch Erfahrungen aus anderen Unternehmen und Branchen. Sie erkennen Muster, zeigen Alternativen auf und fördern den Lernprozess.

Unternehmen, die Audits nicht als „Pflichtübung“ verstehen, sondern als Impulsgeber für Veränderung, profitieren langfristig: Ihre Systeme werden robuster, ihre Prozesse effizienter und ihre Mitarbeiter qualitätsbewusster. Der Reifegrad des Unternehmens steigt, ebenso wie die Kundenzufriedenheit.

Fazit: Der Auditor 4.0 als Coach und Partner

Die Rolle des Auditors befindet sich im Wandel. Aus dem Prüfer wird ein Coach – ein kompetenter, empathischer und analytisch denkender Partner, der Unternehmen hilft, ihre Qualitätssysteme zu verbessern und zukunftssicher zu gestalten.

Dieser Wandel erfordert neue Kompetenzen: Kommunikationsstärke, systemisches Denken, Branchenkenntnis und vor allem die Fähigkeit, andere zu begeistern. Wenn der Auditor mit Respekt, Augenmaß und einem klaren Blick für Zusammenhänge auftritt, kann er enorme Wirkung entfalten – nicht nur im QM-System, sondern in der gesamten Organisation.

Audits sind damit nicht nur ein Instrument zur Sicherung der Normenkonformität, sondern ein strategisches Werkzeug zur Unternehmensentwicklung. Richtig eingesetzt, leisten sie einen entscheidenden Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Innovationsfähigkeit moderner Organisationen.

 

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Über den Autor: Maximilian Klee

Maximilian Klee
Maximilian Klee ist Gründer und Senior Partner bei Kemény Boehme Consultants SE (KBC). Als erfahrener Unternehmensberater verfügt er über umfangreiche Expertise in Requalifikationsprozessen und gilt als ausgewiesener Experte für Supply Chain Management. Er leitet komplexe Task Forces und Beratungsprojekte und entwickelt innovative Beratungsansätze.