12 Sätze, die Ihr QM verbessern – 9. Satz: Das probieren wir aus.27 | 09 | 23

12 Sätze die ihr QM verbessern

Sicherlich haben viele Menschen, die aus eigenem Antrieb ins Qualitätsmanagement gehen oder von anderen dafür als geeignet befunden werden, eher eine Disposition für Ordnung, Planung, Struktur, vielleicht sogar Perfektion. Qualitätsmanagementsysteme sollen allen in der Organisation helfen, das Richtige richtig zu tun. Nun ist es aber bei komplexen und bei neuartigen Prozessen oft so, dass nicht nur Unvorhergesehenes, sondern Unvorhersehbares passiert und wir vorab nicht mit vertretbarem Aufwand definieren können, was richtig ist.

Im Nachhinein sieht es oft so aus, als ob man ein ungewolltes Ergebnis oder Ereignis hätte gezielt vermeiden oder verhindern können, also gleich das Richtige richtig tun. Das kann ein Trugschluss sein. Chirurgen habe ich das „postmortale Klugscheißerei“ nennen hören, drastisch im Ausdruck, aber dadurch auch extrem eindrücklich. Beim Psychologieprofessor Dietrich Dörner, der das Entscheidungsverhalten von Menschen in Unbestimmtheit und Komplexität untersuchte, las ich, dass es keine falschen Entscheidungen gäbe, sondern nur Entscheidungen. (Die Logik des Mißlingens – Strategisches Denken in komplexen Situationen. Rowohlt, Reinbek 1989, 12. Auflage 2003). Soll heißen, Menschen treffen ihre Entscheidungen intuitiv oder bewusst rational zum Zwecke des Gelingens oder um gewünschte Ergebnisse zu erzielen. Manchmal kommt aber etwas anderes, auch etwas nicht Gewünschtes oder gar Schädliches dabei heraus. War deshalb die Entscheidung falsch? Wir werden oft nicht erfahren, ob eine andere Entscheidung wirklich Besseres erzeugt hätte.

Wie gehen wir damit um? Bitte nicht, indem wir eine Entscheidung auf die ganz lange Bank schieben, bis wir alles wissen und bedacht haben – also nie. Sondern indem wir getroffene Entscheidungen revidieren, zurücknehmen und anpassen, sobald wir erkennen, dass sie uns das gewünschte Ergebnis nicht oder ein unerwünschtes Ergebnis verschaffen. Das fällt Menschen aber so schwer, dass sie lieber an ihrer ursprünglichen Entscheidung festhalten und für das Misslingen nicht das Entschiedene, sondern andere Faktoren verantwortlich machen. Das passiert auch nicht selten im Qualitätsmanagement. Die Menschen setzen die neue QM-Regel nicht wirksam um? Kann gar nicht sein, dass die Regel nicht taugt, das muss an deren Unwillen oder Unvermögen liegen.

In komplexen Situationen oder bei schwierigen Problemstellungen ist es kein realistischer, weil kaum realisierbarer Anspruch, sofort das Richtige richtig zu tun. Da dürfen wir uns durchaus auch einmal experimentell vortasten und ausprobieren, was funktioniert und was nicht. Das dürfen wir übrigens auch bei einfacheren Dingen. Nach- und Vordenken ist und bleibt ja wichtig, haben aber Grenzen. Dann doch öfter sagen und umsetzen: „Das probieren wir aus“.

 

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Die Idee für diese Reihe habe ich dem Buch „50 Sätze, die das Leben leichter machen“ von Karin Kuschik (rororo 2022) entnommen. Ich fand sie großartig und deshalb habe ich sie für uns aufgegriffen.

Über den Autor: Benedikt Sommerhoff

Benedikt Sommerhoff leitet bei der DGQ das Themenfeld Qualität & Innovation. Er beobachtet, analysiert und interpretiert die Paradigmenwechsel und Trends in Gesellschaft und Wirtschaft sowie ihre Wirkungen auf das Qualitätsmanagement. Seine zahlreichen Impulse in Form von Publikationen und inspirierenden Vorträgen geben Orientierung in Zeiten des Wandels. Sie ermutigen zur Neukonzeption des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten des DGQ-Netzwerks aus Praxis und Wissenschaft arbeitet Sommerhoff in Think Tanks und Pionierprojekten an der Entwicklung, Pilotierung und Vermittlung innovativer Konzepte und Methoden.