Vom Training in die Praxis: Wie Hochschulen agile Methoden erfolgreich nutzen können11 | 12 | 18
Für eine Produktmanagerin wie mich sowie unsere TrainerInnen ist es immer ein besonderer Moment zu erfahren, wie Teilnehmende der DGQ-Trainings erlernte Inhalte in den Arbeitsalltag integrieren. Ich hatte das Glück eine Teilnehmerin unserer PraxisWerkstatt „Agile Methoden für Qualitätsmanagement und Organisationsentwicklung in Hochschulen“ interviewen zu dürfen und etwas über den Einsatz agiler Methoden in ihrer Arbeitspraxis zu erfahren. Diese DGQ-PraxisWerkstatt wird in Kooperation mit der ZEIT Verlagsgruppe durchgeführt. Sie soll zeigen, wie agile Ansätze dabei unterstützen, den besonderen Herausforderungen einer Hochschule erfolgreich zu begegnen: z. B. der Beteiligung und Vernetzung ganz unterschiedlicher Gruppen, den besonderen Führungs- und Mitbestimmungskulturen, der Verbindung von Forschung und Lehre sowie der Koexistenz ganz unterschiedlicher Subkulturen.
Meine Interviewpartnerin Antje Müller leitet die Gruppe „Medien und E-Learning“ im Hochschulrechenzentrum (HRZ) der Justus-Liebig-Universität Gießen und wird täglich mit diesen Herausforderungen konfrontiert.
Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrer alltäglichen Arbeit und inwiefern können agile Methoden hier eine Lösung bieten?
KundInnen oder im Fall der Hochschule Studierende und Lehrende haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen an unsere Gruppe innerhalb des HRZ. Diese reichen von der störungsfreien Nutzung der Präsentationsmedien in Lehrräumen bis hin zu täglichen Anwendungen von digitalen Lernplattformen für Verwaltung, Studium und Lehre. Hier bieten agile Methoden einen entscheidenden Vorteil – vor allem die, die in Design-Thinking-Prozessen verwendet werden: Nicht die Technik, sondern die Nutzenden stehen im Zentrum. Ziel ist es, sie besser zu verstehen. Im besten Fall können auf diese Weise Bedürfnisse hinter den Problemen erkannt und gezielt erfüllt werden.
Wie haben Sie die Methoden, die Sie in der DGQ-PraxisWerkstatt erprobt haben konkret in der Praxis umgesetzt?
Zunächst bin ich in die Rolle einer Multiplikatorin für agiles Denken geschlüpft. Ganz konkret ging es darum den Begriff „agil“, den Nutzen und die Inhalte agiler Ansätze zu erklären. Im zweiten Schritt wollten wir zeigen, wie MitarbeiterInnen agile Ansätze in ihrem Arbeitsalltag umsetzen können. Hierzu habe ich mit einer Kollegin einen Workshop für alle Beschäftigten des HRZ konzipiert, der es ermöglichte, mehr über agile Ansätze zu erfahren und sie zu erproben. Die Methoden und Übungen aus der DGQ-PraxisWerkstatt waren für mich eine gute Grundlage, auf der ich bei der Konzeption aufbauen konnte. Der Workshop sollte nach einer Begriffsklärung von agil, agilem Denken, agiler Softwareentwicklung und agilem Projektmanagement verschiedene Ansätze und Methoden vorstellen. Unter dem Motto „Entdecken & Verstehen“ haben wir dann in Gruppenübungen die Theorie praktisch erlebbar gemacht. Ziel war es, ganz konkret zu zeigen, wie wir unsere NutzerInnen besser verstehen können. Eine Übung bezog sich beispielsweise auf die Orientierung der HRZ-BesucherInnen in unserem Gebäude. Ein Studierender bekam die Aufgabe, einen bestimmten Raum zu suchen. Die Workshop-TeilnehmerInnen folgten ihm, um zu erfahren, wie NutzerInnen die Raumsuche erleben. Zudem setzten wir die 5-Why-Methode und „lautes Nachdenken“ ein, um etwas über die Emotionen, Motive und Bedürfnisse bei der Raumsuche zu erfahren.
Der Workshop, den Sie und Ihre Kollegin mit den erlernten Methoden aus der DGQ-PraxisWerkstatt entwickelt haben, trägt den Titel: „Agiles Denken – wie hilft mir das bei meiner Arbeit?“. Wurden Ihre Erwartungen erfüllt? Kann agiles Denken Sie und Ihre KollegInnen bei der Arbeit unterstützen?
Der Workshop ist mit Sicherheit ein erster Anstoß, um sich mit dem Thema agiles Denken und Arbeiten auseinanderzusetzen. Ein Ergebnis war, dass großes Interesse daran besteht, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Meine KollegInnen wollen jetzt auch weitere Methoden zur Projektarbeit kennenlernen,wie Kanban oder Scrum. Eine Hochschule hat, im Gegensatz zu vielen Unternehmen, ganz eigene Zielsetzungen und auch Organisationsformen. Auf der einen Seite gibt es einen hohen Grad der Strukturiertheit und klare Hierarchien. Auf der anderen Seite bieten die akademischen Fachbereiche und Lehrstühle viel Freiheit, Lehre und Forschung zu organisieren. Aus der gesamten Hochschule eine agile Organisation zu machen, halte ich aus diesem Grund für schwierig. Agiles Denken im Kleinen zu integrieren – also in die tägliche Arbeit – ist aber auf jeden Fall möglich. Dies fängt zum Beispiel mit dem beschriebenen Perspektivenwechsel an: Wie kann ich mich in Nutzende hineinversetzen und ihre Bedürfnisse erkennen? Diesen Transfer, die Übungen aus dem Workshop in den Arbeitsalltag zu übertragen, müssen meine KollegInnen nun üben.
Wie geht es weiter, haben Sie Weiteres im Bereich agiles Denken geplant?
Als nächstes ist ein weiterer Workshop geplant, der sich nun an Lehrende der Justus-Liebig-Universität richtet. Ziel ist es, mit Design-Methoden die Digitalisierung der Lehre kreativ zu gestalten. Die Digitalisierung der Hochschullehre stellt die Lehrenden oft vor komplexe Herausforderungen. Design-Methoden bieten hierzu geeignete Lösungsansätze. Die Lehrenden haben so die Möglichkeit, Problemen konstruktiv zu begegnen und schnell kreative Ansätze zu entwickeln. Die DGQ-PraxisWerkstatt hat mir hier die passenden Grundlagen geliefert und der Zuschnitt auf Hochschulen hat die Umsetzung in meiner Arbeit auf jeden Fall vereinfacht.
Weitere Informationen zum Training
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