Nachhaltigkeit als Turbo für wirksame QM-Systeme26 | 11 | 25

Die Revision der ISO 9001 öffnet die Tür, Qualitätsmanagement (QM) und Nachhaltigkeit enger zu verzahnen. Richtig umgesetzt kann das die Wirksamkeit des QM durch stabilere Prozesse, geringere Fehlerfolgekosten, resilientere Lieferketten und zugleich bessere Anschlussfähigkeit an Regulatorik erhöhen.
Nachhaltigkeit und Qualität als wirksames Duo
Werden beispielsweise Risiken aus Umwelt, Sozialem und Governance frühzeitig im Qualitätsmanagement adressiert, zum Beispiel Lieferantenausfälle, Materialknappheit oder Reputationsrisiken, steigt die Widerstandsfähigkeit der Organisation insgesamt. In der Produktentwicklung senkt ein auf Qualität und Nachhaltigkeit ausgerichtetes Design den Ausschuss, reduziert den Energie- und Materialeinsatz und verringert Feldfehler.
Ebenso wichtig sind soziale Aspekte: Arbeitsschutz, Qualifizierung, faire Arbeitsbedingungen und menschenrechtliche Sorgfalt in der Lieferkette stabilisieren Prozesse, mindern Ausfallrisiken und erhöhen die Produkt- und Servicequalität. Zugleich wachsen die Erwartungen der Kundinnen und Kunden an Langlebigkeit, Reparierbarkeit, sichere Stoffe und transparente Informationen, was die Bedeutung guter Qualitätsarbeit weiter erhöht. Saubere Kennzahlen aus dem Qualitätsmanagement bilden die Grundlage für verlässliche Nachhaltigkeitsberichte, während Daten aus der Nachhaltigkeit neue, wirksame Stellhebel für das Qualitätsmanagement liefern.
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Wo ISO 9001 um Nachhaltigkeit ergänzt werden sollte
Es gibt zahlreiche Hebel zur Wirkungsverstärkung des QM durch Nachhaltigkeit. Hier eine Auswahl mit Umsetzungsbeispielen:
Kontext der Organisation
Im Kontext der Organisation (Kapitel 4) sollte der Blick konsequent um Nachhaltigkeit erweitert werden. Dazu zählen Klimawandel und Biodiversitätsverlust, die Verfügbarkeit von Ressourcen, soziale Standards in den Lieferketten sowie zirkuläre Geschäftsmodelle. Gleichzeitig sind die Erwartungen der interessierten Parteien, insbesondere von Kunden, Mitarbeitenden, Anwohnern, Nichtregierungsorganisationen, Aufsichtsbehörden und dem Kapitalmarkt, mit klaren Nachhaltigkeitsanforderungen aufzunehmen. Das Ergebnis ist ein dokumentierter Nachhaltigkeitskontext, der Ziele, Prozesse und die Ressourcenplanung im Qualitätsmanagement sichtbar prägt.
Planung
In der Planung (Kapitel 6) sollten Chancen und Risiken aus Umwelt, Sozialem und Governance systematisch erfasst werden, von schwankenden Energiepreisen über Arbeitsbedingungen bis hin zu Compliance. Regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD und EUDR werden dann als Chance verstanden, weil sie Datenqualität, Prozesse und Audits schärfen. Szenarien und Prävention runden das Vorgehen ab, zum Beispiel durch Lieferketten-Stresstests, die Substitution kritischer Stoffe und Second-Source-Strategien, die die Robustheit erhöhen.
Führung
In der Führung (Kapitel 5) gilt es, eine klare Governance für Nachhaltigkeit im Qualitätsmanagement zu verankern: eindeutige Zuständigkeiten, Rollen und Kompetenzen sowie transparente Eskalationswege. Die Qualitätspolitik wird um ökologische, soziale und ökonomische Prinzipien ergänzt, Zielkonflikte werden offen adressiert. Führungskräfte gehen voran, schaffen Verbindlichkeit und koppeln Anreize konsequent an Qualitäts- und Nachhaltigkeitsziele.
Kompetenzen, Bewusstsein und Datenmanagement
Ein weiterer Hebel zur Steigerung der QM-Wirksamkeit liegt in den Bereichen Kompetenzen, Bewusstsein und Datenmanagement (Kapitel 7.2, 7.3, 7.5). Praxistaugliche Schulungen zu qualitäts- und nachhaltigkeitsgerechte Produktentwicklung, Lebenszyklusdenken, nachhaltigem Einkauf und menschenrechtlicher Sorgfalt bauen Fähigkeiten aus. Team-Leitlinien für Qualität und Nachhaltigkeit sowie gut sichtbare Visualisierungen machen Material- und Energieverluste adressierbar. Saubere Rückverfolgbarkeit und harmonisierte Produkt- und Prozessstammdaten liefern eine belastbare Datengrundlage und übersetzen Nachhaltigkeit in konkrete Qualitätsverbesserungen.
Betrieb
Im Betrieb (Kapitel 8) sollte Nachhaltigkeit als praxisnaher Hebel über alle Bereiche wirken: In der Entwicklung setzt die Gestaltung für Qualität und Nachhaltigkeit auf Langlebigkeit, gute Reparierbarkeit, modulare Stücklisten, sichere Materialien und kreislauffähiges Design. In Produktion und Service schaffen Energie- und Materialflussanalysen Transparenz über Verluste und Retouren serviceorientierte Konzepte verlängern die Produktlebensdauer.
Leistungsbewertung und Verbesserung
Bei Leistungsbewertung (Kapitel 9) und Verbesserung (Kapitel 10) kann ein integriertes Kennzahlenset neben klassischen Qualitätsindikatoren auch Nachhaltigkeitswerte umfassen. So lassen sich Unternehmensleistung und Effizienz gezielt optimieren, zum Beispiel durch mehr Ressourceneffizienz, niedrigere Material- und Energiekosten, geringere Ausschussquoten und eine sinkende Fluktuation. Gleichzeitig entsteht eine tragfähige Basis für gesetzliche Anforderungen, zum Beispiel für die Nachhaltigkeitsberichterstattung oder Sorgfaltspflichten in Lieferketten. ESG-Scores für Lieferanten können hier die gewohnte Lieferantenbewertung erweitern. Interne Audits und kontinuierliche Verbesserung umfassen auch Bereiche mit hoher ESG-Relevanz.
Wechselwirkungen als Grundlage berücksichtigen
Anders als die klassische Integration von Umwelt- (ISO 14001) oder Arbeits- und Gesundheitsschutzstandards (ISO 45001) in das Managementsystem einer Organisation rückt Nachhaltigkeit die Wechselwirkungen zwischen ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimensionen in den Mittelpunkt. Diese Zusammenhänge lassen sich mit konsequentem Systemdenken erfassen und steuern. Eine robuste Integration gelingt, wenn Nachhaltigkeit im Managementsystem verankert wird, beispielsweise durch Orientierung an der kommenden ISO 53001 zum Management globaler Nachhaltigkeitsziele (SDGs). Ein Mapping zwischen ISO 9001 und den SDGs zeigt zahlreiche Anknüpfungspunkte, die Qualität und Nachhaltigkeit wechselseitig stärken.
Nachhaltigkeit ist kein Zusatz zum QM, sondern ein Wirksamkeitsverstärker. Wer die ISO 9001 systematisch um ESG-Aspekte erweitert, macht das QM resilienter und fit für aktuelle Markt- sowie Regulierungsanforderungen.
| Informationsangebot der DGQ zur Revision der ISO 9001 Fakten statt Spekulation – unter diesem Motto hat die DGQ auf der Seite iso-9001-revision.info ein Informationsangebot rund um die Revision der ISO 9001:2026 zusammengestellt. Mit Hintergrundberichten, Interviews und Neuigkeiten zum Stand der Revision hält die DGQ alle Interessenten bereits im Vorfeld auf dem Laufenden. Ein wichtiger Bestandteil dieses Angebots bildet eine kostenlose Webinarreihe mit dem Titel „Revisions-Warm-up“. Sie vermittelt Kenntnisse über einige Kern- und Trendthemen, die eine Relevanz im Rahmen der Revision der ISO 9001 aufweisen. Mehr dazu findet sich unter iso-9001-revision.info/webinare » |