Letzte Meldung – Heute: Work-Life-Balance15 | 05 | 15
Nicht nur die Sauerländer, als südlichste Landsmannschaft der Altsachsen (deren Stammesgebiet bekanntlich heute durch die LGS Nord der DGQ abgedeckt wird), haben so ihre Auffassung zur Toleranz. Vielerorts begegnen einen gnadenlose Genauigkeit, Konsequenz, geballtes Bewusstsein und Commitment für die Erfüllung von Anforderungen in allen möglichen Lebenssituationen. Bei alltäglichen Abweichungen (geschmacklicher oder sozialer Art, wahlweise auch Treppenhausreinigung oder Heckenschnitt) heißt es dann: „Geht gar nicht!“ Im Straßenverkehr greift mancher inzwischen zur Dash-Kamera, um ausreichend dokumentierte Informationen für die Kommunikation mit interessierten Parteien parat zu haben. Der Grundsatz Zahlen, Daten, Fakten beherrscht jede Sportdebatte, der kulturelle Nachwuchs wird unter ausgiebiger Teilnahme der TV-Öffentlichkeit qualifiziert und entwickelt wie einst (als die Babyboomer mit der Schule fertig waren) nur die Azubi der Ortskrankenkassen. Die Sitte, morgens um fünf am Pool das Handtuch auszulegen, zeugt von verbreitetem Risikobewusstsein, Strategie und Saison-Ziele (der Formel-1-Teams) werden noch in der Pause diskutiert. Effizienzaspekte werden im Alltag selbstverständlich berücksichtigt: In der U-Bahn wird ab der vorletzten Haltestelle um den besten Platz zum Ausstieg gerungen, die Angebote in den Wochenblättern werden auf den Cent genau beobachtet. Schade nur, dass viele dieser Tugenden nicht mit an den Arbeitsplatz genommen werden. Wie ist es zu erklären, dass Menschen, die sich in 35 Berufsjahren auf dem Weg von der Arbeit nach Haus nicht ein einziges Mal verfahren am Arbeitsplatz mit einem Fehlerniveau im Prozentbereich gut leben können? Wie, dass jemand, der im Alltag einen starken Hang zur Standardisierung hegt (etwa beim Platz im Stadion, in der Teeküche oder auf dem Parkdeck), dem Auditor sagt „man soll das ja eigentlich so machen, aber…“? Kann es sein, dass der Schicht- oder Urlaubsplan mit mehr Akribie diskutiert wird, als mancher Kundenauftrag? Spätestens, wenn Sie als QM-Führungskraft feststellen, dass der Werdegang des Jungprofis im Lieblingsverein tatsächlich mehr Bedeutung hat, als dessen der eigenen Abteilung, wird es Zeit für sauerländischen Charme: Null-Toleranz. Natürlich nur während der Arbeitszeit. Wegen der Work-Life-Balance.
Über den Autor: Kai-Uwe Behrends
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