Ist das Integrierte Managementsystem eine Sackgasse der Desintegration?29 | 06 | 23

Integrierte Managementsysteme, Integriertes Managementsystem, IMS, Zahnrad

Es klingt so gut: Integriertes Management, Integriertes Managementsystem. Aber schon sprachlich ist uns Qualitätsmanagerinnen und -managern die Integration nicht gelungen: Wir und einige wenige Expertinnen und Experten aus anderen Feldern, wie Umwelt- oder Arbeitssicherheitsmanagement, sind fast die einzigen, die diese Begriffe verwenden. Nicht, weil es Integriertes Management oder Managementsysteme als Phänomen nicht gäbe. Im deutschen und englischen Sprachraum tauchen diese Begriffe in der Managementliteratur kaum auf und wenn, dann fast immer im Kontext von Qualitätsmanagement und Co.

Vieles, was wir unter den Begriffen diskutieren, nennt man dort Unternehmenssteuerung, (Corporate) Governance (System), Compliance Management (System), Rule(s) Management (System), Risk Management (System).

Hierzu mit dem Top und Senior Management keine gemeinsame Sprache zu haben, ist ein Alarmsignal und fördert ein gefährliches Aneinandervorbeireden bezogen auf die so wichtigen Inhalte. Bevor jetzt aber eine Managerschelte beginnt oder der Appell an die Führungskräfte erschallt, diese mögen sich doch endlich mit QM und den Managementsystemnormen befassen, oder wir wieder überlegen, „wie wir „die“ in unser Boot bekommen“ möchte ich laut Stopp rufen. „Die“ haben das Schiff! Wenn wir Qualitätler wirklich in einem Bötchen sitzen, dann schnell zurück aufs Schiff. Niemand will und muss und wird vom Schiff in unsere Nussschale umsteigen.

An grundlegende Prämissen andocken, Schattensysteme vermeiden

Wir haben zumeist bei unserer Vorstellung von Integriertem Managementsystem deren Grundgerüst übersehen: Governance Management, Legal Compliance Management, Finance Management; zudem Ziel- und Inzentivierungs-, also Belohnungssysteme. Die bestimmen nämlich, was die grundlegenden Prämissen, die Fundamente für das Managementsystem der Organisation sind. Daran müssen wir mit zusätzlichen Modulen oder Ausbaustufen für Qualität, Umweltmanagement, Datensicherheit etc. andocken. Dann können wirklich Integrierte Managementsysteme entstehen, die dann aber so gar nicht heißen müssen.

Leisten wir Integration nicht auf diese Weise, bleiben viele unserer Teilsysteme und Bündelungen zum Integrierten Managementsystem unvollständige Schattensysteme, verfestigen unsere Integrationskonzepte nur die Desintegration. Und haben wir uns schon oft gewundert, warum das so ist und fälschlich vermutet, es mangele an Qualitätsbewusstsein?

Die Harmonised Structure hilft kaum bei der Systemintegration

Die Rolle der Harmonised Structure (hieß zuvor High Level Structure) haben wir meines Erachtens bezüglich der Managementsystemintegration überbewertet und missverstanden. Sie ist eine Standardgliederung der ISO für fast alle ihrer Managementsystemnormen, keine Anleitung zur Systemintegration. Sie erleichtert es, Managementsystemnormen zu erstellen und zu vergleichen. Bei der Konzeption im Alltag gelebter Integrierter Governancekonzepte hilft sie nicht oder kaum.

Was also tun? Die Governance-Mechanismen des eigenen Unternehmens verstehen und mit den eigenen Teilsystemen dort andocken. Die Sprache des Managements dabei sprechen. Mit dem Bötchen zurück zum Schiff, sich auf der Brücke zum Dienst melden und als Lotse, nicht als Co-Kapitän, helfen, das Schiff auf Kurs zu bringen und zu halten. Ahoi!

 

Weiterbildungsangebote und Veranstaltungen rund um das Thema „Integrierte Managementsysteme“

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Hören Sie rein in den DGQ-Podcast zum Thema Integrierte Managementsysteme

Integriertes Management und integrierte Managementsysteme sind Begrifflichkeiten, an denen niemand im Qualitätsmanagement vorbeikommt. Denn heutzutage gilt es, eine Vielzahl unterschiedlicher normativer und regulativer Anforderungen in Unternehmen zu integrieren und interdisziplinär zu bearbeiten. Wie dies erfolgreich gelingen kann, diskutieren Benedikt Sommerhoff, Leiter des Themenfelds Qualität und Innovation bei der DGQ und Mathias Wernicke, Mitglied im Leitungsteam des DGQ-Fachkreises Audit und Assessment sowie Berater und Trainer für Managementsysteme, im DGQ-Podcast.

Hören Sie rein in die DGQ-Podcast-Folge 23 „Über die Vielzahl an Anforderungen hin zum integrierten Managementsystem“: Zur DGQ-Podcastfolge »

Über den Autor: Benedikt Sommerhoff

Benedikt Sommerhoff leitet bei der DGQ das Themenfeld Qualität & Innovation. Er beobachtet, analysiert und interpretiert die Paradigmenwechsel und Trends in Gesellschaft und Wirtschaft sowie ihre Wirkungen auf das Qualitätsmanagement. Seine zahlreichen Impulse in Form von Publikationen und inspirierenden Vorträgen geben Orientierung in Zeiten des Wandels. Sie ermutigen zur Neukonzeption des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten des DGQ-Netzwerks aus Praxis und Wissenschaft arbeitet Sommerhoff in Think Tanks und Pionierprojekten an der Entwicklung, Pilotierung und Vermittlung innovativer Konzepte und Methoden.

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