Generative KI in Audits nach ISO 19011 sinnvoll einsetzen2 | 09 | 25
KI verändert die Welt – auch die der Auditor:innen. Mit dem neuen E-Training „ChatGPT im Audit: Generative KI in Audits nach ISO 19011 sinnvoll einsetzen“ hat die DGQ dazu ein passendes Weiterbildungsangebot geschaffen, das das notwendige Know-how praxisnah, kritisch und mit klarem Bezug zur ISO 19011 vermittelt. Im Interview berichten die beiden DGQ-Trainer und Entwickler des Trainings, Christian Braun und Tom Rittel, wie das neue Format entstanden ist, welche Kompetenzen es vermittelt und welche Chancen, aber auch Risiken sie sehen.
Ganz allgemein gefragt: Wie kann der Einsatz von ChatGPT die Effizienz und Qualität im Auditprozess steigern?
Christian Braun: ChatGPT kann Auditor:innen von Routinetätigkeiten entlasten und dabei unterstützen, Audits zielgerichteter durchzuführen. KI unterstützt bei der Dokumentenanalyse, Fragengenerierung und Berichtserstellung. So steigt nicht nur die Effizienz, sondern auch die inhaltliche Tiefe. Besonders effektiv ist ChatGPT, wenn es mithilfe klarer Prompts eingesetzt wird – etwa durch unsere Prompt-Burger-Methode, die strukturierte Ergebnisse fördert.
Sie haben das Training konzipiert. Es verbindet Audit, Norm und KI. Welchen Herausforderungen mussten Sie sich dadurch stellen?
Tom Rittel: Unser Ziel war es von Anfang an, erfahrene Auditor:innen nicht zu ersetzen, sondern in ihrer Methodenkompetenz gezielt zu stärken – wir sprechen intern oft von „Audit-Methodik Plus„.
Die Idee dahinter: Der Auditor arbeitet nicht allein, sondern erweitert sich durch virtuelle Co-Auditoren wie ChatGPT. Aus dieser Perspektive haben wir keinen klassischen Zielkonflikt zwischen Auditpraxis, Normverständnis und KI gesehen. Die eigentliche Herausforderung lag vielmehr darin, das Potenzial dieses digitalen Werkzeugs für den Auditkontext sinnvoll und wirksam nutzbar zu machen. Und dieses Potenzial ist enorm – insbesondere bei aufwändigen Routinetätigkeiten rund um Vorbereitung und Nachbereitung.
Jeder Auditor kennt das: Die Entwicklung von Fragen, Risikoanalysen, Checklisten oder die strukturierte Nachbereitung eines Gesprächs sind zeitintensiv. Genau hier setzt unser Training an. ChatGPT kann dabei helfen, Auditberichte und Protokolle nicht nur schneller, sondern auch konsistenter zu erstellen – unabhängig davon, ob ein Junior- oder Senior-Auditor dahintersteht.
Der Clou: Wir schaffen durch KI einen Qualitätsausgleich. Fünf Auditor:innen schreiben normalerweise fünf verschiedene Berichte – mit eigenen Stilen, unterschiedlichen Schwerpunkten und Erfahrungsniveaus. Mit KI-Unterstützung gelingt es, die Ergebnisse standardisiert, nachvollziehbar und auf konstant hohem Niveau zu dokumentieren. Und das stärkt am Ende die gesamte Auditpraxis.
An wen richtet sich das Training?
Christian Braun: Das Training richtet sich an interne und externe Auditor:innen sowie an erfahrene Qualitätsmanager:innen, die nach ISO 19011 arbeiten und offen dafür sind, KI verantwortungsvoll in ihre Praxis zu integrieren. Vorkenntnisse im Bereich KI sind nicht erforderlich. Wir holen die Teilnehmenden auf ihrem Erfahrungsniveau ab und zeigen ihnen Schritt für Schritt, wie sie ChatGPT als Co-Assistent im Auditprozess einsetzen können.
Welche Rolle spielt die ISO 19011 im Training?
Tom Rittel: Die ISO 19011 ist das methodische Rückgrat unseres Trainings. Der gesamte Aufbau folgt bewusst den Prozessphasen der Norm – von der Auditplanung über die Durchführung bis hin zur Nachbereitung. Damit greifen wir genau an den Stellen an, an denen im Auditalltag das größte Potenzial zur Unterstützung durch KI liegt.
Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Themen, die in der Praxis oft zu kurz kommen – etwa dem risikobasierten Ansatz. Hier zeigt sich das Potenzial von KI besonders deutlich. Viele Organisationen tun sich schwer damit, risikobasiertes Denken im Audit konsequent umzusetzen, weil es mit hohem Vorbereitungs- und Analyseaufwand verbunden ist. Genau an diesem Punkt kann ChatGPT unterstützen: bei der Priorisierung, Strukturierung und Ableitung risikobasierter Fragen – und das effizient, nachvollziehbar und normkonform.
Wichtig ist uns: Die Kompetenz des Auditors wird durch den KI-Einsatz nicht ersetzt, sondern ergänzt. Wir sprechen von einer methodischen Erweiterung, die hilft, den Anspruch der ISO 19011 in der Praxis leichter und zugleich wirksamer zu erfüllen. Um das greifbar zu machen, haben wir für jede Normphase konkrete Fallbeispiele entwickelt. So entsteht eine interaktive Lernreise, die Theorie und Anwendung ideal verbindet.
Welche Kompetenzen entwickeln Teilnehmende konkret im Umgang mit ChatGPT?
Christian Braun: Die Teilnehmenden gewinnen ein sehr praxisnahes Verständnis dafür, wie sie ChatGPT gezielt im Auditprozess einsetzen können. Dies umfasst den gesamten Ablauf.
Ein zentraler Punkt ist die sogenannte Prompt-Kompetenz. Oft merken die Teilnehmenden erst im Training, wie viel Einfluss die richtige Fragestellung auf die Qualität der KI-Antworten hat. Sie lernen, wie man präzise, normgerechte und auf den jeweiligen Auditkontext abgestimmte Prompts formuliert, beispielsweise für die Ableitung von Fragen oder die Analyse komplexer Dokumente.
Außerdem entwickeln sie ein Gespür dafür, wie ChatGPT bei der Strukturierung und Auswertung von Informationen helfen kann. In Praxisübungen arbeiten sie in Gruppen direkt an realitätsnahen Szenarien, die sich anschließend in bestehende Prozesse integrieren lassen. Am Ende steht kein theoretisches Wissen, sondern echte Handlungssicherheit: Die Teilnehmenden wissen, wie sie ChatGPT als digitalen Co-Piloten souverän und effizient im Audit-Alltag nutzen können.
Was ist das Besondere am neuen Format?
Tom Rittel: Unser Training ist keine klassische KI-Schulung, sondern ein spezialisierter Praxisworkshop für den Auditkontext – und genau darin liegt das Besondere. Christian Braun und ich haben uns früh auf dieses Thema fokussiert und bereits Anfang des Jahres erste Workshops dazu initiiert. Mit der DGQ konnten wir diesen Ansatz nun noch weiter professionalisieren und zielgerichtet auf die Bedarfe von Auditor:innen zuschneiden.
Uns war wichtig, keine abstrakte Wissensvermittlung zu liefern, sondern eine echte Lernerfahrung mit direktem Praxisbezug. Die Teilnehmenden sollen nicht nur verstehen, wie KI im Audit funktioniert – sie sollen es unmittelbar anwenden können. Unser Anspruch ist: Am nächsten Tag im Job direkt loslegen zu können.
Ein zentrales Highlight ist dabei das von uns entwickelte Prompt-Burger-Framework. Es hilft, Eingaben in ChatGPT so zu gestalten, dass qualitativ hochwertige, auditkonforme und nachvollziehbare Ergebnisse entstehen. Ganz nach dem Motto: Garbage in – garbage out. Nur wenn der Input stimmt, kann auch der Output überzeugen. Genau dieses strukturierte Prompting vermitteln wir Schritt für Schritt – verständlich, praktisch und mit hohem Transferwert für den Auditalltag.
Wie adressiert das Training kritische Aspekte wie Datenschutz oder die Qualität der KI-Antworten?
Tom Rittel: Unser Training versteht sich nicht als allgemeiner KI-Einführungskurs, sondern als spezialisierter Praxisworkshop für den Auditkontext. Deshalb greifen wir Themen wie Datenschutz und die Qualität von KI-Antworten gezielt und fokussiert auf. Natürlich sensibilisieren wir für potenzielle Risiken – etwa bei der Eingabe sensibler Daten oder beim Vertrauen in KI-generierte Inhalte. Wir thematisieren Stärken, Schwächen und Einsatzgrenzen von Tools wie ChatGPT bewusst und lassen Raum für gemeinsame Reflexion. Aber unser Schwerpunkt liegt klar auf der methodischen Anwendung: Wie kann ich als Auditor:in KI konkret nutzen, um effizienter, strukturierter und normkonform zu arbeiten?
Wer sich tief in rechtliche, ethische oder datenschutzrechtliche Fragestellungen vertiefen möchte, dem empfehlen wir ergänzende Schulungen, die sich genau darauf spezialisieren. Unser Ziel ist es hingegen, Auditor:innen ein praktisches Werkzeug an die Hand zu geben – inklusive eines verantwortungsvollen Umgangs, aber ohne den Fokus zu verlieren. Wir zeigen, was geht – und worauf man achten sollte, um KI sicher und wirksam in die Auditpraxis zu integrieren.
Gibt es typische Aha-Momente im Training?
Christian Braun: Auf jeden Fall – und das sogar regelmäßig. Ein besonders häufiger Aha-Moment ist die Erkenntnis, wie stark sich die Qualität der KI-Antworten durch gut formulierte Prompts beeinflussen lässt. Ein echtes Highlight ist der Moment, in dem wir mit dem sogenannten „Prompt-Burger“ arbeiten. Plötzlich wird klar, wie leicht sich KI durch gezielte Anweisungen steuern lässt und welches Potenzial darin steckt.
Was möchten Sie Teilnehmenden mitgeben? Mit welcher Sichtweise sollten sie aus dem Training herausgehen?
Christian Braun: Uns ist wichtig, dass die Teilnehmenden verstehen: ChatGPT ist kein Ersatz, sondern ein Werkzeug, das Auditor:innen entlasten und stärken kann – sofern es richtig eingesetzt wird. Sie sollen mit dem Gefühl rausgehen: „Ich kann das! Ich weiß, wie ich KI sicher, effizient und normkonform in meine Audits integriere.“ Mithilfe von Methoden wie dem „Prompt-Burger“, praxisnahen Übungen und dem Bezug zur ISO 19011 schaffen wir dafür das nötige Wissen und Selbstvertrauen dafür.
ChatGPT im Audit: Generative KI in Audits nach ISO 19011 sinnvoll einsetzen Lernen Sie im neuen E-Training, wie Sie generative KI-Systeme wie ChatGPT gezielt und normkonform in Ihren Auditprozess integrieren können. Weitere Informationen zu den Trainingsinhalten und Termine finden Sie im DGQ-Webshop » |
Über die Interviewgäste:
Tom Rittel bringt seine Fähigkeiten als Qualitäts- und Prozessmanager bei der chargecloud GmbH ein. Sein Motto lautet: Kompliziertes einfach machen. Als Leitungsmitglied der DGQ QM Youngster engagiert er sich für die Förderung von Qualitätsmanagement unter jungen Fachkräften. Dabei ist es ihm ein Anliegen, Wissen zu teilen und sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen, beispielsweise über LinkedIn.
Christian Braun hat einen Master of Advanced Studies in Business Engineering Management (FHNW). Er ist als Dozent an Weiterbildungsinstituten in Deutschland und der Schweiz tätig. Christian Braun verfügt über langjährige Erfahrung als Qualitätsingenieur im Supply-Chain-Management mit internationaler Auditpraxis und ist Gründer von braunimpuls mit Fokus auf Mentoring und Inhouse-Trainings für Auditoren.
Über den Autor: DGQ
