Das QM und die Veränderung3 | 09 | 25

QM und Veränderung

Veränderung ist der ständige Begleiter der Menschheit, im Großen und im Kleinen. Einige Veränderungen brechen ohne unser Zutun über uns hinein, vom Vulkanausbruch bis zum Erdbeben. Andere sind von anderen Menschen ohne unsere aktive Mitwirkung induziert, von der Erfindung der KI bis zur Wiedereinführung der Wehrpflicht. Einige lösen wir selbst durch unsere Entscheidungen aus, von der Einführung eines neuartigen Produktentwicklungsprozesses bis zur Umstellung von zentralem auf dezentrales Qualitätsmanagement.

Zum Besseren oder zum Schlechteren?

Veränderung ist allgegenwärtig, ob sie gut oder schlecht ist, hängt von ihren Konsequenzen ab. Und da unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Konsequenzen erleben und diese auch noch individuell unterschiedlich bewerten, gibt es recht selten eine einstimmige Bewertung von Veränderungen und Veränderungsprozessen. Die einen finden sie gut, die anderen schlecht. Da ist dann die Bilanz einer Veränderung wichtig: Entstehen mehr gute als schlechte Konsequenzen, bewertet die Mehrheit der betroffenen Menschen sie als positiv oder als negativ?

Verflixter lobenswerter Widerstand

Mit Widerstand in Veränderungsprojekten ist zu rechnen. Diesen sollen die Treiber der Veränderung allerdings durch gutes Change-Management minimieren, indem sie die Menschen überzeugen und mitnehmen. Das ist relativ einfach bei den Menschen, für die positive Konsequenzen entstehen werden, denen eine neue Komfortzone geschaffen wird (oder die das fälschlicherweise glauben). Ja, die legendäre Komfortzone, in der angeblich alle so gerne bleiben wollen. Der Vorwurf der Trägheit schwingt da oft mit. Ich kenne allerdings Menschen, deren Komfortzone ist die Veränderung selbst, die halten – auch notwendige – stabile Phasen gar nicht aus.

Einige Menschen, die Widerstand gegen Veränderung leisten, haben genau verstanden, dass diese sie zu Verlierern machen wird. Verständlich, dass sie sich wehren. Und so wichtig, wie Veränderung ist, um eine positive Entwicklung oder gar die Weiterexistenz eines Unternehmens zu sichern: Immer wieder gibt es auch fatale Veränderungen und Veränderungsprojekte, die einem Unternehmen schaden oder es gefährden. Wäre schön gewesen, wenn der Widerstand dagegen erfolgreich gewesen wäre. Es kommt also immer auf Ziel und Kontext an, ob Veränderung uns voranbringt oder nicht, Veränderung ist nicht per se gut, ihre Vermeidung auch nicht.

Wer verändert, muss auch stabilisieren

Und wenn wir verändern, dann müssen wir anschließend auch wieder stabilisieren. Qualität und ihre kontinuierliche Verbesserung brauchen eine stabile Grundlage, ein stabiles Fundament. Hohe Reifegrade zu erzielen, braucht einen An- und Vorlauf. Veränderungen lösen zunächst oft Reifegradeinbrüche aus, das müssen die Change Manager „einpreisen“.

Die QM-Rolle in der Veränderung: Stabilitätsmanagement

Wo Veränderung eine positive Konnotation hat, gilt sie auch als attraktives Betätigungsfeld für das Qualitätsmanagement sowie Qualitätsmanagerinnen und -manager. Einige Qualitätsmanagementexperten wollen darin sogar eine neue Rolle des QM sehen. Abgesehen davon, dass das QM selbst auch eigene Veränderungsprojekte zu initiieren und umzusetzen hat, halte ich ein darüberhinausgehendes Veränderungsmanagement allerdings für kein typisches QM-Aufgabenfeld und somit nicht für eine anzustrebende neue Rolle.

Vielmehr gilt: QM ist prädestiniert für das dringend benötigte Stabilitätsmanagement, insbesondere dann, wenn die Veränderungsdynamik im Unternehmen hoch ist. Stabilisieren, systematisieren, absichern, verbessern, das sind stabilisierende Tätigkeiten, für die das QM bestens aufgestellt und ausgestattet ist.

 

Meine DGQ-Blogserie 2025 „Das QM und die …
Das Qualitätsmanagement betritt viele unterschiedliche Felder, behandelt viele verschiede Themen und benötigt Wissen aus vielen Gebieten. In meiner DGQ-Blogserie „Das QM und die …“ sinniere ich über zwölf Begriffe und ihre Bedeutung für das QM und im QM. Dabei möchte ich immer auch auf die Bedeutung für Praxis und Umsetzung im Unternehmen eingehen. Eines ist klar, die wenigen Zeilen eines Blogs können interessante Impulse setzen, doch die Themen nie umfassend behandeln. Deshalb werden wir vertiefende Ausarbeitungen in DGQ Impulspapieren, den DGQ Mitgliederwebinaren der Reihe „Chili-con-Q“ und QZ Artikeln publizieren.

Über den Autor: Benedikt Sommerhoff

Avatar-Foto
Benedikt Sommerhoff leitet bei der DGQ das Themenfeld Qualität & Innovation. Er beobachtet, analysiert und interpretiert die Paradigmenwechsel und Trends in Gesellschaft und Wirtschaft sowie ihre Wirkungen auf das Qualitätsmanagement. Seine zahlreichen Impulse in Form von Publikationen und inspirierenden Vorträgen geben Orientierung in Zeiten des Wandels. Sie ermutigen zur Neukonzeption des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten des DGQ-Netzwerks aus Praxis und Wissenschaft arbeitet Sommerhoff in Think Tanks und Pionierprojekten an der Entwicklung, Pilotierung und Vermittlung innovativer Konzepte und Methoden.