Nachhaltigkeit in Unternehmen: den Carbon Footprint ermitteln24 | 03 | 20
Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich mit Nachhaltigkeit und ihrem Beitrag zur Wirtschaft und Gesellschaft. Dazu gehört auch die Ermittlung des jeweiligen Carbon Footprints des Unternehmens. Marco Rasper, Key Account Manager der DGQ Weiterbildung, spricht mit Ellen Leibing, Lead-Auditorin und Trainerin für verschiedene Energiemanagement- und Umweltthemen, über den Carbon Footprint und wie Unternehmen bei der Ermittlung vorgehen können.
Frau Leibing, meine Kunden fragen immer mehr nach Unterstützung bei der Ermittlung des sogenannten Unternehmens- bzw. Produkt-Carbon Footprints. Worauf führen Sie das zurück?
Letztes Jahr wurden das Klimaschutzprogramm 2030 und das Klimaschutzgesetz von der Bundesregierung verabschiedet. Aufgrund der erhöhten medialen Präsenz, auch aufgrund der Fridays for Future Bewegung, hat das Thema in Gesellschaft und Wirtschaft enorm an Präsenz gewonnen. Es wurden CO2-Minderungsziele für die einzelnen Sektoren festgelegt, ab 2021 werden die Unternehmen sich zudem mit einem CO2-Preis für Wärme und Verkehr auseinandersetzen müssen. Dies führt bei den Unternehmen zu einem erhöhten Handlungsdruck und zum Wunsch nach Transparenz über die eigenen Emissionen, um gezielt Minderungsmaßnahmen oder auch eine Roadmap für den Weg zur Klimaneutralität aufzuzeigen. Bei Produkten, die in der Gesellschaft sehr präsent sind, wie beispielsweise bei Konsumgütern, ist auch ein Product Carbon Footprint (PCF) in der Außendarstellung von Interesse.
Was ist der wesentliche Unterschied?
Ein Corporate Carbon Footprint (CCF) bilanziert unternehmenseigene sowie auch weitere relevante Treibhausgas-Emissionen (kurz: THG-Emissionen), die entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens verursacht werden. Es handelt sich also um unternehmensbezogene Emissionen, wie beispielsweise aus dem Energieverbrauch oder aus vor-/nachgelagerten Emissionen wie z. B. aus Dienstreisen oder der Veranstaltungsplanung.
Der Product Carbon Footprint (PCF) hingegen ist die Menge an THG-Emissionen, die direkt und indirekt durch ein Produkt erzeugt wird. Der PCF bezieht sich immer auf ein definiertes Produkt und eine damit einhergehende funktionelle Einheit, wie z. B. die THG-Emissionen für 1 kg Käse.
Welchen Nutzen hat das Unternehmen daraus?
Unternehmen erhalten durch die THG-Bilanzierung Transparenz über die eigenen Emissionsquellen und über die größten Hebel für wirksame Minderungsmaßnahmen. Außerdem sind sie auskunftsfähig gegenüber Kunden und weiteren Stakeholdern.
Mit einer THG-Bilanz gehen Unternehmen einen Schritt in Richtung zukunftsfähige Unternehmensführung. Effekte sind beispielsweise:
- Kosteneffizienz durch vorausschauende Planung sowie Kosteneinsparung durch Effizienzmaßnahmen
- Positives Image durch strukturiertes Klimamanagement
- Kundengewinnung durch transparente Kommunikation
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Wie aufwändig ist die Ermittlung dieser Footprints?
Der Aufwand variiert und ist stark abhängig von der Intensität der Bearbeitung. Liegen bereits Energieverbrauchsdaten vor, kann mit wenig Aufwand ein CCF für die Geltungsbereiche 1 und 2 (sog. Scopes) nach Greenhouse Gas Protocol erstellt werden. Umfangreicher wird es im Bereich der Scope 3 Emissionen, also den vor- und nachgelagerten Emissionsquellen. Je nachdem, wie viele Emissionsquellen eingebunden werden und wie aufwändig die Berechnung dieser Daten ist, steigt der Gesamtaufwand für die THG-Bilanz.
Im Bereich des PCF steht und fällt der Aufwand mit der Komplexität des Produktes. Für ein einfaches Produkt ist der PCF schneller zu berechnen als für einen komplexen, mehrstufigen chemischen Produktionsprozess.
Weiterhin ist die Definition der Systemgrenze ausschlaggebend. Hier gibt es beispielsweise die Option der Definition der Grenze Cradle-to-grave, wobei dann der gesamte Lebenszyklus eines Produktes betrachtet wird. Beispielsweise bei einem Laptop auch dessen Nutzung und Entsorgung/Recycling. Alternativ dazu kann man auch eine Betrachtung Cradle-to-gate durchführen. Hier zieht man die Grenze der Betrachtung dann quasi am Tor (gate) des Unternehmens.
Der größte Aufwand besteht, unabhängig davon ob CCF oder PCF, in jedem Fall in der Erhebung der relevanten Daten und Emissionsfaktoren.
Welchen Einstieg in das Thema schlagen Sie vor?
Unsere Empfehlung ist: Man kann auch mit wenig Aufwand in das Thema der THG-Bilanzierung starten und sich zunächst mit den grundlegenden Themen der Scopes 1 und 2 sowie ausgewählten Scope 3-Emissionsquellen auseinandersetzen.
Nach und nach kann dann die Systemgrenze ausgeweitet werden. Die Ausarbeitung sollte dabei stets an der Motivation eines Unternehmens orientiert sein. Ist das Ziel Treibhausgasneutralität, so ist die Vorgehensweise sicher umfangreicher, als wenn zunächst ein Überblick über die Wirkung der CO2-Bepreisung ab 2021 angestrebt wird.
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Vielen Dank, Frau Leibing!
Im Gespräch: Ellen Leibing
Ellen Leibing ist Prokuristin bei der Arqum GmbH. Frau Leibing hat einen Master im Fach International Development Studies und die Weiterbildung zum European Energy Manager (IHK) erfolgreich durchlaufen. Sie ist als Lead Auditorin für die Normen ISO 14001:2015 und ISO 50001:2018 zugelassen. Frau Leibing betreut diverse Projekte zu den Themen THG-Bilanzierung und Klimaneutralität. Seit 5 Jahren ist Frau Leibing als DGQ-Trainerin für die Lehrgänge „Einstieg ins Energiemanagement“ und „Energie-Refresher“ tätig.
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