Mess- und Prüfmittelüberwachung sichert die Zukunft von Unternehmen26 | 01 | 16

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Die Verwendung von Meter, Kilogramm, Grad Celsius und Stunden usw. ist im heutigen Leben so selbstverständlich wie die tägliche Nutzung von fließendem Trinkwasser. Und so verlassen wir uns auf Messwerte, ob in der medizinischen Diagnose, in der Herstellung von Produkten oder beim täglichen Einkauf. Mit welchen Risiken das blinde Vertrauen auf valide Messwerte verbunden ist, ist kaum jemandem von uns bewusst. Und so kann es durchaus passieren, dass der ein oder andere schon einmal auf dem grünem Markt tatsächlich weniger Parmaschinken bekommen hat, als an der Waage angezeigt. Trotz alledem wurde natürlich der Preis von ca. 60 Euro pro Kilogramm für die angezeigte Menge bezahlt. Jetzt kann der Kritiker natürlich sofort widersprechen. Denn die Waage ist ja geeicht und damit ist sichergestellt, dass aus gesetzlicher Sicht richtig gewogen wurde. Grundsätzlich kann man das sicherlich bejahen, aber das richtige Wiegen hat auch mit der Aufstellung einer Waage (Neigung) und der Funktionsfähigkeit zu tun. Dafür ist wiederum der Betreiber und Anwender verantwortlich. Und eine falsche Neigung führt unwiderruflich zu einem anderen Ergebnis als eine ordnungsgemäß aufgestellte Waage.

Somit sind angezeigte und abgelesene Messwerte immer nur so gut, wie die Kenntnis über die eigentliche Messaufgabe und die Umgebungsbedingungen, wie das eingesetzte Messverfahren, wie die eingesetzte Technik und den Bediener der Messeinrichtung. Ich habe hier nur die wesentlichen Einflussfaktoren genannt. Die Liste ist natürlich umfassend bis ins Einzelne erweiterbar.

Geht es um die Zukunftssicherung von Unternehmen, sind die Ablieferung von Produkten innerhalb von Spezifikationen, effiziente und sichere Massenfertigung sowie die Minimierung von Risiken inkl. Haftungsansprüchen zu bestimmenden Erfolgsfaktoren geworden. Gerade das Betrachten und Bewerten von Risiken ist in der neuen ISO 9001:2015 als ein wesentlicher Baustein implementiert worden, aber grundsätzlich nichts Neues. Die Bedeutsamkeit dieser eigentlich selbstverständlichen Anforderung liegt im Bereich Mess- und Prüfmittelüberwachung auf der Hand, betrachtet man die Auswirkungen die sich bei einer Verwendung von fehlerhaften Mess- und Prüfmitteln ergeben:

  • nicht wirksame Regelkreise in der Produktion
  • etwaiger Fehlerdurchschlupf zum Kunden
  • Nicht-Einhaltung von gesetzlichen Forderungen
  • Rückrufaktionen
  • erhebliche Haftungsrisiken

Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass in allen gängigen Managementsystemnormen das Thema „… gültige und zuverlässige Überwachungs- und Messergebnisse“ in Verbindung mit festgelegten Anforderungen als „muss“-Forderung enthalten ist. Der Aufbau, die Überprüfung und Einhaltung dieser Forderungen ist für Unternehmen nicht immer einfach und im Rahmen einer vernünftigen Kostenstruktur darstellbar. Zum einen fehlt im nicht-gesetzlichen Messwesen eine geregelte Qualifikationsstruktur (Ausbildungsberuf). Zum anderen ist die Komplexität im Messwesen teilweise erheblich. Der Höhepunkt der Komplexität ist dann erreicht, wenn Messergebnisse nicht oder nicht ohne weiteres auf SI Einheiten rückgeführt werden können und somit ein erheblicher Aufwand erforderlich ist, um valide Messergebnisse inkl. belastbarer Messunsicherheit darstellen zu können.

Es geht um mehr als nur Plaketten kleben

Es geht also um mehr, als nur Mess- und Prüfmittel regelmäßig zu kalibrieren/überwachen und mit Plaketten zu versehen. Es geht um ein ganzheitliches Verständnis wie reproduzierbare und rückführbare Messergebnisse erzeugt werden können, wodurch die mit dem Messen verbundenen Risiken für ein Unternehmen bewertbar und kalkulierbar sowie steuerbar werden.

Hier sind jetzt natürlich auch die Auditoren gefordert, die bestätigen dass z.B. das installierte Managementsystem die Anforderungen der Zertifizierungsnorm erfüllt. Die Auditoren müssen das System zur Sicherstellung zuverlässiger Überwachungs- und Messergebnisse in ihrer ganzen Komplexität (von der Prüf-/Messprozessplanung bis zum Produktrückruf) verstanden haben, um zu bestätigen dass das installierte System auch tatsächlich geeignet ist, die Konformität von Produkten und Dienstleistungen durch Überwachungs- und Messergebnisse zu bestätigen. Hier sehe ich derzeit ein gewisses Defizit und auch eine große Herausforderung Auditoren entsprechend zu qualifizieren.

Liste mit Links/Literatur zur Vertiefung

Veranstaltungen zur Vertiefung

Vom 23. bis 27. Februar findet in Düsseldorf die METAV statt – die 19. internationale Messe für Technologien der Metallbearbeitung. Hier veranstaltet die DGQ als Aussteller mehrere kostenfreie Workshops zu unterschiedlichen Themen. Wenn Sie mehr über Messmittelüberwachung erfahren möchten, empfehle ich Ihnen den Workshop „Auditors Liebling: die Messmittelüberwachung“, der am 26. Februar stattfindet. Hier beleuchte ich die Herausforderungen, die entstehen, wenn die Messmittelüberwachung auditiert wird.

Zum kostenfreien Workshop „Auditors Liebling: die Messmittelüberwachung“ auf der METAV anmelden

 

Über den Autor: Jörg Roggensack

Jörg Roggensack ist Elektroniker und Calibration Engineer GAF sowie zertifizierter Auditor für div. Managementsysteme. Er hat umfassende Erfahrung als Managementsystemkoordinator und als Auditor für diverse Regelwerke und Managementsysteme sowie als LEP Assessor, die er in über 25 Jahren bei der Bundeswehr, in der Industrie und bei Zertifizierungsgesellschaften sammeln konnte. Über mehrere Jahre bildete er Kalibriertechniker an der Technischen Schule der Luftwaffe aus und begann seine industrielle Karriere als Kalibrierlaborleiter bei BEYSCHLAG. In diversen Veröffentlichungen, als Herausgeber des Weka Werkes der „Mess- und Prüfmittelbeauftragte“ und als Trainer sowie Coach gibt er Hilfestellungen zur Gestaltung wirtschaftlicher und Normkonformer Mess- und Prüfmittelüberwachungssysteme. www.jr-msq.de

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