Telefoninterview – QM in Handwerksbetrieben25 | 08 | 15
Praxisbeispiele und Studien über die Umsetzung von QM im Handwerk
Im Blog sind bereits Teil 1 und Teil 2 und Teil 3 eines Interviews erschienen, dass ein Masterstudent kürzlich mit mir geführt hat. Der 4. Teil es Interviews hat Anpassungsmöglichkeiten des EFQM Modells für Handwerksbetriebe beleuchtet. Im 5. Teil wurde eine Studie der Firma Würth zur Umsetzung von QM im Handwerk betrachtet.Teil 6 zeigt Überlegungen für Ansätze in einem konkreten Unternehmen
Also wenn ich jetzt zum Beispiel jetzt mal aus der Praxis von einem Unternehmen ausgehe, in dem ich die Praxisphasen in mein duales Studium absolviere. Der Partnerbetrieb ist ein Handwerksunternehmen mit 65 Mitarbeitern.
Sommerhoff: Das ist das eigene Familienunternehmen oder?
„Der Chef muss Kapazitäten freischaufeln, um sich auf Organisationsentwicklung oder Tagesgeschäft konzentrieren zu können.“
Das eigene Familienunternehmen, genau. Also dort ist die Struktur interessant. Wir haben uns vor fast 16 Jahren mit einem anderen Handwerker zusammengeschlossen. Die beiden Standorte sind rechtlich unabhängig und gemeinsam führen wir zwei andere Unternehmen als Joint Venture. Bei uns am Standort sind die Hälfte, also sind 30 Mitarbeiter, und es gibt nach meinem Vater keine andere Führungsperson und er ist sehr stark im Tagesgeschäft. Er muss sich also um alle 30 Mitarbeiter kümmern und ich sehe als ganz dringendes Thema, dass man da eben jemanden aufbaut, der ihm ein bisschen Arbeit abnimmt, der sich um Montage kümmern kann und der sich vielleicht um den Verkauf kümmern kann. Also so eine zweite Hierarchieebene. Da würde ich schon sagen, dass das hier ein sehr dringendes Problem ist. Man kann das wahrscheinlich, wenn man die Leute ausbilden muss, erst in ein bis zwei Jahren lösen, aber ich denke, wenn das so weitergeht, ist die Arbeitsbelastung so hoch, dass dann irgendwann auch die Existenz der Firma gefährdet wäre.
Sommerhoff: Ja, ich sehe zwei Dinge. Sie brauchen vielleicht eine Führungskraft, die in der Organisation arbeitet und eine Führungskraft, die an der Organisation arbeitet. Wenn Sie ihn sozusagen jetzt freischaufeln wollen und sagen: „Wir holen weitere Leute rein, die auch Führungsverantwortung übernehmen können“, die ihn im Tagesgeschäft entlasten. Heißt das dann, er arbeitet mehr an der Organisation, mehr organisationsentwicklerisch, strategisch oder macht er einfach sein normales Pensum weiter und es gibt dann zwei Leute, die in der Organisation arbeiten? Wissen Sie, was ich meine?
„Es ist entscheidend die Rolle des Inhabers genau zu kennen und zu definieren, um entsprechende Maßnahmen einleiten zu können.“
Ja, wahrscheinlich wird es auf die zweite Option hinauslaufen.
Sommerhoff: Ja. Genau. Deswegen gibt es auch keine Pauschallösung. Es ist entscheidend die Rolle des Inhabers genau zu kennen und zu definieren, um entsprechende Maßnahmen einleiten zu können. Wenn ich jetzt jemand vor mir habe, der so ein Macher ist, wie Ihr Vater, der eigentlich auch seine Energie daraus zieht, dass er am Kunden ist, dass er mit den Kunden spricht, dass er mit seinen Leuten zusammen ist, dann nehme ich ihm doch das nicht weg, sondern sage: „Ja gut, dann ist das deine Rolle. Du bist hier der Chef, ganz klar, du bist aber sehr operativ, dann brauchst du vielleicht einen Assistenten oder was auch immer, jemand der auch eine Sonderrolle in der Organisation bekommt, der aber nicht im Tagesgeschäft verbraten wird, sondern der vielleicht Projekte macht, der Organisationsentwicklung macht, der vielleicht mal den Rekrutierungsprozess renoviert, damit bessere Leute hineinkommen“, oder, oder, oder. Ich mache dann doch nicht aus dem, ich sag mal, operativen, energiegeladenen Chef, jemanden, der er gar nicht ist und ersetze ihn durch jemanden, der er früher war. Sondern ich sage: „Okay, dann bist du weiter operativ. Das ist so. Und wir stellen Dir jemanden zur Seite, der mehr so strategisch, ganzheitlich denkt, der organisationsentwicklerisch denkt. Ab und zu müssen wir ein paar Sachen mit dir abstimmen und das war’s., Der wird aber voraussichtlich völlig anders ticken, als du. Hältst du das mit so einem überhaupt aus? Kannst du den ernst nehmen? Könnt ihr euch ergänzen oder gibt das nur ständig ein Hauen und Stechen?“ Das sind genau die Dinge, die sich dann jemand überlegen muss, wenn er das als Problem identifiziert, was Sie benennen. Und da gibt es keine Checklistenlösung für und dann gilt es, miteinander solche Lösungen zu entwickeln. Das ist nicht trivial!
Die Analyse alleine, wo das Problem ist, die ist erst mal vergleichsweise einfach. Die Lösung zu erarbeiten, ist TOTAL schwierig und da scheitern viele Handwerker dran, denn wer sagt denen denn jetzt: „Was du brauchst ist einer, der dir hilft an der Organisation zu arbeiten“; und wenn du klein bist, dann ist es halt keiner, den du fest einstellst, dann ist es vielleicht ein Berater von der Handwerkskammer, den du alle drei Monate in einem Jour fixe triffst und der dich kennt und der dich über Jahre kennenlernt, dem du vertraust und der dir immer wieder sagt, „Hey, ist ja schön und gut, habe ich verstanden, was du machst, aber an der Stelle bist du ein Idiot, guck mal dahin, da läuft gerade das und das. So. Wie gehen wir da jetzt ran?“ „Keine Ahnung, den rufe ich morgen an, den mache ich zur Schnecke.“ Dann sagt der: „Das wird dir nicht helfen, wenn du den zur Schnecke machst. Denn übermorgen ist der wieder so unterwegs. Wie gehst du daran? Also da müssen wir anders herangehen.“ So, Sie verstehen, was ich meine?
„Ein Wettbewerbsvorteil ist, wenn man reifer aufgestellt ist, als seine Wettbewerber.“
Würden Sie dann sagen, dass das für Handwerksunternehmen ein Wettbewerbsvorteil sein kann, wenn man sich mit diesem Modell [Anm.: dem EFQM Excellence Modell] zurechtfindet und das dann auch einsetzt?
Sommerhoff: Nein, ich sage es anders. Ein Wettbewerbsvorteil ist, wenn man reifer aufgestellt ist, als seine Wettbewerber. Das ist ein Wettbewerbsvorteil. Wenn es die Modelle sind, die einen dahin führen, dass man höhere Reifegrade hat – ja, dann führen die Modelle zu einem Wettbewerbsvorteil. Also so würde ich die Kausalkette aufbauen. Es ist nicht das; das Modell macht keinen Wettbewerbsvorteil, sondern der höhere Reifegrad, die bessere Ergebnisfähigkeit einer Organisation, die macht den Wettbewerbsvorteil. Manchmal helfen Modelle Führungskräften die richtigen Dinge zu tun.
Okay. Noch mal vielen Dank, Herr Sommerhoff.
Sommerhoff: Ich bin sicher, ich habe nicht die Antworten gegeben, die Sie erwartet haben, aber da bin ich schamlos.
Nein, ich hatte jetzt schon den einen oder anderen Experten am Telefon und es ging alles in die gleiche Richtung. Also dass man Schwierigkeiten hat mit dem Modell.
Sommerhoff: Das spricht doch für die Experten.