Telefoninterview – QM in Handwerksbetrieben18 | 08 | 15
Selbstbewertung in Handwerksbetrieben
In den letzten zwei Wochen sind Teil 1 und Teil 2 und Teil 3 eines Interviews erschienen, dass ein Masterstudent kürzlich mit mir geführt hat. Der 4. Teil es Interviews hat Anpassungsmöglichkeiten des EFQM Modells für Handwerksbetriebe beleuchtet. Im 5. Teil wird eine Studie der Firma Würth zur Umsetzung von QM im Handwerk betrachtet.
„Spezifischere Modelle helfen!“
Die Firma Würth hat eine Studie durchgeführt, bei der 700 Handwerksbetriebe eine Selbstbewertung mit einer etwas abgeänderten Art von Business Excellence Modell durchgeführt haben. Diese Befragung beinhaltete 140 Teilkriterien. Anschließend wurden zehn Prozent der Unternehmen herausgesucht, die laut dem Fragebogen von der Ertragslage, vom Preisniveau, von der erwarteten Geschäftslage als führend zu bewerten sind und haben deren Antworten mit denen verglichen, die nicht in dieser Kategorie waren. Dabei wurden die signifikanten Unterschiede ermittelt und diese Fragen als Erfolgskriterium deklariert, nach dem Motto „Okay, das machen die zehn Prozent der Handwerksbetriebe, die top sind. Die machen das besser oder setzen das stärker um.“ Ist es in Ihren Augen sinnvoll, dass sich da ein Handwerksunternehmen, das jetzt mit Business Excellence beginnen möchte, erst einmal an so einem abgespeckten Modell orientiert und versucht da, gerade jetzt diese Empfehlungen für diese Erfolgsfaktoren umzusetzen?
Sommerhoff: Also ich finde das nicht abgespeckt. Ich finde das spezifischer und spezifischer finde ich gut. Wenn das eine bessere Sprache hat und die Befindlichkeit des Handwerks trifft, ist das für mich kein abgespecktes Modell, sondern es ist ein besser transformiertes Modell. Wir haben selber mal was Ähnliches gemacht. Wir haben für die Handwerkskammer Frankfurt an der Oder und andere, die gemeinsam so ein Projekt aufgelegt haben, so ein an EFQM angelehntes Reifegrad-Bewertungsmodell entwickelt, das in Handwerksbetrieben benutzt wurde. Und das hat eine vierstufige Reifegrad-Matrix. Wir haben es so gemacht, dass wir dann jede Reifegradebene eigens beschrieben haben, sodass das nicht nur ein Bewertungsinstrument ist, sondern zumindest tendenziell schon mal aufzeigt, was müsstest du denn da, wo du wenig machst, tun. In welche Richtung könntest du denn überhaupt denken, um das weiterzuentwickeln. Also das ist so eine Mischung aus Leitfaden und Bewertungsinstrument.
Und das EFQM-Modell ist dann nur noch für Experten überhaupt drin wiederzuerkennen. Man sieht weder die neuen Kästchen, noch sind da im Modell wichtige Begriffe verwendet. Völlig andere Begriffe sind zum Teil verwendet, eine ganz andere Visualisierung, viel weniger Kriterien und durch diese Art der Reifegrad-Matrix gibt es eine viel einfachere Möglichkeit zu bewerten und schon mal eine Idee zu bekommen, in welche Richtung könnte ich denn mehr machen. Also ich finde diese spezifischen Modelle für Kleinstorganisationen absolut hilfreich, das EFQM-Modell in Reinform halte ich da für nahezu ungeeignet. Nicht, weil das nicht in Kleinstorganisationen funktioniert, sondern weil die Transferleistung, die man erbringen muss, um das zu übersetzen, VIEL zu groß ist und für diese Klientel einfach nicht leistbar ist.
„Benchmarks sollten nur innerhalb der eigenen Branche gesetzt werden“
Denken Sie denn auch, dass man diese Studie für Würth die unter Handwerksunternehmen erstellt wurde als Benchmark bezeichnet und es für ein Unternehmen Sinn macht sich dann damit zu vergleichen oder dass man da eher einen größeren Fokus nehmen sollte und sich mit Unternehmen außerhalb vom Handwerk benchmarken sollte?
Sommerhoff: Nein. Auf keinen Fall außerhalb. Auch das halte ich wieder über eine Überforderung. Einzelne werden das leisten können. Aber auch hier gilt wieder, es muss der Transfer möglich sein. Also ein guter Klempner oder überhaupt ein Klempner erkennt einen guten Klempner, und wenn der Sachen macht, die der noch nie gesehen hat, dann guckt der sich das an und denkt: „Ah, Mensch“, und: „Hey, das ist zwar nicht völlig unmöglich für mich, so was könnte ich auch machen.“ Wenn ich dem aber, sage ich mal, die beste Schule Nordrhein-Westfalens zeige oder den besten Automobilzulieferer Bayerns, dann guckt der kurz hin, zuckt die Achseln und sagt: „Ey, das sind doch ganz andere Strukturen, das ist doch für mich total uninteressant.“ Also ich finde Benchmark überhaupt auch überschätzt an dieser Stelle.