Vergessen Sie’s! – das P26 | 08 | 20
Halt, nicht ganz so schnell. Das P brauchen wir schon noch, wir haben im lateinischen Alphabet ohnehin so wenige Zeichen, viel weniger als die chinesische Schrift und China ist auf dem Weg, sich die ganze Welt untertan zu machen. Wir brauchen also jeden einzelnen Buchstaben.
Nein, ich meine im PDCA können wir das P vergessen. Ja in unserem PDCA, dem Plan-Do-Check-Act-Zyklus, diesem das Qualitätsmanagement so lange dominierenden Kreis, ist ein P abzugeben. Dabei war der Zyklus jahrzehntelang ohne das P gar nicht denkbar, er hätte ohne es gar keinen Anfang gehabt. Wobei, ein Kreis mit einem Anfang? Das hätte uns schon stutzig machen sollen.
Was ist passiert? Unternehmer, vor allem Start-Up-Gründer, haben herausgefunden, dass sie ohne das P erfolgreicher sein können, als mit ihm. Ohne P, aber nicht ohne Kreis, ohne Zyklus, wodurch die Chance besteht, dass wir von PDCA wenigstens das DCA retten können.
Gründer ohne Plan? Im Grunde ja, sie starten nicht mit einem Plan, sondern mit einer Idee, die eine Nutzenhypothese beinhaltet. Und sie setzen diese Idee ganz minimalistisch als „Minimum Viable Product“ um und bringen in Erfahrung, ob jemand bereit ist, dafür zu zahlen. Eine zusätzliche Wachstumshypothese regelt den Abbruch des Experiments. Ist niemand bereit zu zahlen oder wächst das Startup nicht gut genug, wird das Experiment abgebrochen, ganz konsequent. Und bis dahin gilt DCA: Do, Check, Act, sodass die Realisierung der Idee immer besser, ihr Nutzungsgrad immer größer wird. Das ist kurz umrissen das von Eric Ries beschriebene Lean Startup Konzept. Er sagt statt Do, Check, Act: Build, Measure, Learn (baue, messe, lerne) – das Prinzip ist identisch.
Und auch Controller und Führungskräfte in seriösen Unternehmen haben ihrerseits herausgefunden, dass Pläne oft nicht funktionieren, weil die Wirklichkeit nicht bereit ist, sich daran sowie an Budgets zu halten. Sapperlot. Immer mehr und schnellere technologische, gesellschaftliche, politische Innovationen bis hin zu Disruptionen, dazu Pandemien, plötzlich platzende Blasen, lokale und globale Rezessionen, Klimawandel und Naturkatastrophen machen Planung, nun ja, durchaus schwierig bis unmöglich. Und wäre damit mal eine Woche Ruhe, bricht sich die Projektleiterin den Knöchel und ein Schlüsselkunde wird an unseren Wettbewerber verkauft. Eine große Gefahr liegt auch drin, dass wir sozialisiert sind an unseren Plänen auch dann festzuhalten und sie weiter zu verfolgen, wenn wir bereits wissen, dass sie durch die Wirklichkeit gesprengt wurden. Damit verzetteln wir uns und unsere Ressourcen.
Fazit: Wir müssen an den richtigen Stellen auf Pläne und Planen, zumindest auf große, ausgefuchste, langfristige Pläne verzichten und einfach beginnen, Ideen und Maßnahmen umzusetzen und experimentell tastend zur Reife und zum Erfolg zu bringen. In unsicheren Zeiten und unter Unschärfe sind nicht Pläne, sondern ist Agilität gefragt, dieses tastende Vorangehen, dieses Experimentieren in kleinen Schritten (inkrementell) und Schleifen (iterativ), das immer ermöglicht ad hoc neu zu entscheiden und neue Wege zu gehen.
Für das Qualitätsmanagement bedeutet die Entfernung des P aus dem PDCA einen harten Paradigmenwechsel. Es muss Wege finden, die Qualität zu sichern, wenn die Planung stark zurückgeht. Für viele Unternehmen ist das eine Frage des Überlebens in Zeiten des Umbruchs.
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