„Unser zentrales Anliegen ist der Transfer von Know-how in Unternehmen“7 | 09 | 23
Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Energie- und Rohstoffpreise, Fachkräftemangel – Unternehmen stehen zurzeit vielen Herausforderungen gegenüber. Gleichzeitig bieten neue Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) neue Chancen. Im Interview erklärt Klaus Schmieder, Vorstandsvorsitzender der FQS – Forschungsgemeinschaft Qualität e. V., was seiner Meinung nach der Schlüssel für ein Bestehen im Wettbewerb ist – und wie die FQS kleine und mittelgroße Unternehmen dabei unterstützen kann.
Welchen Rat können Sie Entscheidern angesichts der aktuellen Herausforderungen geben?
Klaus Schmieder: Grundsätzlich muss man das operative Geschäft im laufenden Betrieb an die neuen Gegebenheiten anpassen und gleichzeitig eigene Produkte und Dienstleistungen weiterentwickeln. Das erfordert eine Menge Ressourcen und Know-how und gerade kleinere und mittelgroße Unternehmen kommen da häufig schnell an eine Grenze. Alleine kann das ziemlich schwer werden. Man sollte daher verstärkt schauen, mit Organisationen zu kooperieren, die einem Unternehmen bei möglichen Schwächen weiterhelfen, sodass es sich auf seine Stärken konzentrieren kann.
Zum Beispiel?
Klaus Schmieder: Zum Beispiel im Innovationsbereich. Sei es bei den eigenen Produkten bzw. Dienstleistungen oder bei den unternehmensinternen Prozessen. Die notwendige Digitalisierung bindet viele Ressourcen, da bleibt oft nicht genug Spielraum, um auch noch parallel strategisch zu innovieren, also neue Ideen oder Methoden weiter zu entwickeln und in das eigene Unternehmen zu integrieren. Das wird aber immer wichtiger, weil Markt- und Branchengrenzen sich immer weiter auflösen. Der Wettbewerb wird immer globaler und digitaler, es findet sich in vielen Bereich ganz plötzlich Konkurrenz aus unerwarteter Richtung. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, gibt es nur einen Weg: Besser werden. Der Standort Deutschland bietet zwar immer noch gute Chancen, aus meiner Sicht gibt es jedoch nur einen Schlüssel zum Bestehen im Wettbewerb: Neue innovative Ideen zusammen mit hervorragender Qualität der Produkte und Dienstleistungen. Daneben muss man zukünftig schlicht und ergreifend seine Prozesse im Griff haben und dabei besser sein als die Konkurrenz.
Wenn dafür die Ressourcen fehlen, was bleibt Unternehmen dann noch?
Klaus Schmieder: Wie gesagt: Partner suchen, die weiterhelfen können. Gerade was Fragestellungen mit Qualitätsbezug angeht, unterstützt die FQS Unternehmen bei den Herausforderungen im Innovationsbereich. Insbesondere kleinen und mittelgroßen Unternehmen können wir da weiterhelfen, indem wir diesen Unternehmen einen besonders einfachen Zugang zur deutschen und internationalen Forschungslandschaft anbieten. Unser zentrales Anliegen ist der Transfer von Know-how in Unternehmen und zwar so, dass es möglichst unmittelbar nutzenstiftend ist.
Und wie erreichen Sie das?
Klaus Schmieder: Wir nutzen ein Instrument, dass sich Industrielle Gemeinschaftsforschung nennt. Hierbei werden Forschungsfragen von Unternehmen an besonders geeignete Forschungseinrichtungen gegeben, welche die Frage dann wissenschaftlich bearbeiten. Die Unternehmen überwachen die Forschungsarbeiten dann über einen sogenannten Projektbegleitenden Ausschuss. Dort stellen die Forschungseinrichtungen zweimal im Jahr die erzielten Ergebnisse vor und die Unternehmen können dann nachsteuern, damit die Ergebnisse möglichst optimal auf die Anforderungen der Unternehmen passen. Die Unternehmen können dazwischen jederzeit die Arbeiten unterstützen, indem sie beispielsweise Fachexperten mit Know-how aus dem Tagesgeschäft für Interviews bereitstellen oder mal eine Maschine aus dem eigenen Park zur Verfügung stellen, damit die Forschungseinrichtungen Daten aufnehmen können oder ähnliches. Ganz wie es den Bedürfnissen der Unternehmen entspricht. Und das ist auch der Clou: Bei unseren Projekten werden die Forschungsarbeiten von den Forschungseinrichtungen durchgeführt und die Ergebnisse an die Unternehmen transferiert. Für die Unternehmen fallen keine eigenen ungeplanten Aufwände an. Das Instrument ist also praktisch risikofrei für die Unternehmen.
Aber die Arbeiten an den Forschungseinrichtungen müssen trotzdem von irgendjemanden finanziert werden…
Klaus Schmieder: Das machen wir. Die FQS wirbt für solche Projekte öffentliche Fördermittel ein und finanziert so die Forschungsarbeiten zu 100%. Wir übernehmen die gesamte Bürokratie. Unternehmen sehen davon so gut wie gar nichts. Hin und wieder muss mal ein Nachweis unterzeichnet werden, wenn man beispielsweise einen Mitarbeiter für ein Interview durch die Forschungseinrichtung zur Verfügung gestellt hat. Das war es dann auch schon. Die Antragstellung übernehmen wir für die Unternehmen.
Wie können denn Unternehmen ihre spezifischen Fragestellungen in so einem Projekt unterbringen? Normalerweise braucht man dafür ja das Glück, dass es gerade zur rechten Zeit eine passende Förderung gibt, in die man hineinpasst.
Klaus Schmieder: Das ist ein weiterer Vorteil unseres Instruments, denn wir sind themenoffen, das heißt man kann jederzeit mit einer Idee auf uns zu kommen. Am Ende des Tages muss das natürlich in einem Forschungsantrag überzeugend ausformuliert werden, denn die öffentlichen Mittel, die wir einsetzen, werden in einem wettbewerblichen Verfahren vergeben und die Konkurrenz schläft auch hier nicht, aber es gibt keine thematischen Einschränkungen. Ganz besonders übrigens nicht bei der FQS, denn bei uns kommt es darauf an, dass das Forschungsthema einen klaren Qualitätsbezug hat. Das ist ein sehr breites Feld und kann von internen Prozessen bis zur Qualitätssicherung bei Fertigungstechnologien gehen, zum Beispiel 3D-Druck. Wir machen viel im KI-Bereich und beschäftigen uns unter anderem mit organisatorischen Fragen wie Qualitätsmanagement in Start-ups, Crowdworking oder Traceability. Wir haben ein außergewöhnlich breites Spektrum an Themen und arbeiten generell branchenübergreifend.
Wenn sich ein Unternehmen nun mit einer solchen Fragestellung an die FQS wenden möchte, wie geht es dann vor?
Klaus Schmieder: Das haben wir so niederschwellig wie möglich ausgestaltet. Das Unternehmen kann ganz formlos einen Aufriss der Forschungsfrage an die Geschäftsstelle der FQS bei der Deutschen Gesellschaft für Qualität schicken. Wir nennen das intern den „Vierzeiler“, also vier Zeilen oder Sätze, aus denen klar wird, worum es gehen soll und was das Problem ist. Mehr braucht es typischerweise nicht. Daraus erstellen wir ein einseitiges Themenexposé, das wir dann an geeignete Forschungseinrichtungen schicken, mit der Frage, ob man das Thema dort gerne bearbeiten möchte. Wenn ja, erstellen die Forschungseinrichtungen eine vierseitige Projektskizze, sozusagen als Pitch. Das Unternehmen, das die Fragestellung aufgeworfen hat, wird dann zur Auswahl der Forschungseinrichtung hinzugezogen. Da entsteht dann der erste Nutzen für das Unternehmen, denn es erhält ja schon einmal die Skizzen und sieht, wie hochqualifizierte Forschungseinrichtungen die Frage sehen und was man dort tun würde. Wurde dann eine Forschungseinrichtung ausgewählt, geht es mit dem Antragsprozess los. Wie schon gesagt, bekommt das Unternehmen davon eigentlich nichts mit, es sei denn man möchte aktiv mitwirken. Wenn alles glatt läuft, startet dann das Projekt, das Unternehmen ist dabei und erhält am Ende die gewünschten Antworten.
Und das alles komplett kostenfrei?
Klaus Schmieder: Na ja, nicht ganz. Sollten wir eine Projektidee erfolgreich in der Förderung platziert haben, bitten wir die teilnehmenden Unternehmen um eine finanzielle Zuwendung, damit wir unsere Projektmanagementkosten refinanzieren können. Wir sind eine gemeinnützige Organisation und haben dementsprechend keine Gewinnerzielungsabsicht. Für die Mitglieder unserer Forschungsvereinigung entfällt das natürlich. Das ist einer der Benefits einer Mitgliedschaft bei uns. Unsere Mitglieder haben generell Zugang zu allen Projekten und allen Ergebnissen. Sie werden über alle Forschungsaktivitäten informiert und bekommen unsere Publikationen. Außerdem haben sie Zugang zu den digitalen Plattformen der DGQ, „DGQplus„, wo sich bereits über 5000 Qualitätsverantwortliche und -interessierte zum branchenübergreifenden Austausch treffen und zum „InnovatorsNet„, der führenden digitalen Innovatorenplattform in Deutschland.
Erfahren Sie mehr zur FQS – Forschungsgemeinschaft Qualität e. V. und den Beteiligungsmöglichkeiten
Die Forschungsgemeinschaft Qualität e. V. unterstützt seit 1989 die anwendungsorientierte Forschung rund um das Thema Qualität in Deutschland. Hierzu fördert die FQS Forschungsprojekte über das Instrument der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und ist ordentliches Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e. V. (AiF).
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