Sustainability Journey – Unternehmen auf der Reise zur Nachhaltigkeit?!30 | 09 | 21

Sustainability Journey

Nachhaltigkeitsmanagement wird von vielen Unternehmen betrieben. Häufig wird ein bestimmtes Nachhaltigkeitsengagement von Kunden oder Stakeholdern gefordert, manchmal gibt es eine innere Motivation im Unternehmen, manchmal soll Nachhaltigkeit der Markenkern werden.

Die Entwicklung eines Unternehmens zu mehr Nachhaltigkeit kann treffend als Reise beschrieben werden. Diese Reise ist anspruchsvoll und abenteuerlich und folgt keinem klar vorgezeichneten Weg. Wichtig dabei ist: jedes Unternehmen kann frei entscheiden, wohin die Reise geht.

Wer den Reifegrad seines eigenen Unternehmens hinsichtlich Nachhaltigkeit bestimmen möchte, kann die Sustainability Journey des kanadischen Nachhaltigkeitsexperten und ehemaligen IBM Senior Manager Bob Willard nutzen. In seinem Modell gibt es fünf Stufen:

Die Stufen beschreiben die Unternehmensentwicklung, sich von Business-as-usual-Praktiken zu entfernen und über die betriebliche Organisation, die Produkte und letztendlich das Geschäftsmodell zu einem vollständig nachhaltigen Unternehmen zu entwickeln.

Wie ist die Realität in den meisten deutschen Unternehmen?

Gegenwärtig arbeiten immer mehr Unternehmen mit Umwelt- und Sozialmanagementsystemen (ISO 14001, ISO 50001, ISO 45000, usw.) und zählen somit zu Stufe 2 Compliance und Stufe 3 Beyond compliance. Die Unternehmen der Stufe 3 stellen zwar die gleichen Produkte und Dienstleistungen her wie immer, aber auf effizientere Weise. Dennoch werden Einsparungen direkt an den Gewinn weitergegeben und nicht in die kontinuierliche Verbesserung reinvestiert. Die jährlichen Ziele für die Verringerung des Abfallaufkommens, des Stromverbrauchs und der Beseitigung giftiger Stoffe zu erreichen, wird somit immer schwieriger.

Berufsbild Nachhaltigkeitsmanager

Die Themen Nachhaltigkeit und Klima­schutz gehören zu den Mega­trends unserer Zeit. Für Unter­nehmen wird es somit immer wichtiger, CSR-Maßnahmen um­zu­setzen und ihrer gesell­schaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Mit dem größeren Fokus auf Nachhaltigkeit haben sich in den letzten Jahren eine Vielzahl an grünen Jobs entwickelt, wie beispielsweise der Job als Nachhaltigkeitsmanager.
Antworten auf die wichtigsten Fragen finden Sie in unserem Berufsbild zum Nachhaltigkeitsmanager:

  • Welche Aufgaben betreuen Nachhaltigkeitsmanager?
  • Wie werde ich Nach­haltigkeits­beauf­tragter?
  • Welche Weiter­bildungs­möglich­keiten gibt es?
  • Was verdient ein Nach­haltigkeits­manager?
  • Welche Jobs gibt es im Nach­haltigkeits­manage­ment?

Zum Berufsbild Nachhhaltigkeitsmanager »

Notwendige Zwischenschritte auf dem Weg zur „echten“ Nachhaltigkeit

Die Unternehmen müssen daher einen großen Sprung machen, um die Stufe 4 Integrated Strategy zu erreichen. Dazu gehören u. a. die Konzentration auf die Lieferkette, um die Ökoeffizienz zu erfassen und die Arbeitsbedingungen in den Betrieben und Prozessen der Lieferanten zu verbessern,  die Integration von Stakeholdern zur Schaffung innovativer und nachhaltiger Produkte und die Integration von sektoralen Managementsystemen, um die Unternehmensführung an den Grundsätzen der Nachhaltigkeit auszurichten.

Für konventionelle Unternehmen, die in klassischen Wertschöpfungsketten eingebunden sind, dürfte eine Entwicklung bis einschließlich Stufe 4 Integrated Strategy möglich sein. Unternehmen der Stufe 5 Purpose and Mission Driven folgen hingegen einem inneren Auftrag und werden häufig erst aus dem Grund gegründet, zur Nachhaltigkeit beizutragen. Oft handelt es sich hier um Nischenunternehmen im „Bio-Sektor“.

Keine „one-fits-all“-Lösung vorhanden

Nachhaltige Entwicklung wird angesichts der vielfältigen Krisenerscheinungen und anstehenden Transformationen als Thema nicht mehr verschwinden. Unternehmen müssen sich der Aufgabe stellen, denn sie sind wichtige strukturpolitische Akteure. Sie können (und müssen) Märkte, Lieferketten und Konsummuster beeinflussen. Gleichzeitig sind die Einflussmöglichkeiten nicht unendlich. Unternehmen sind eingebettet in gewachsene und notwendige Strukturen global vernetzter Industriegesellschaften, die sich nicht über Nacht ändern können. Je nach Branche und Unternehmensform ergeben sich unterschiedliche Herausforderungen und auch unterschiedliche Möglichkeiten, aber keine „one-fits-all“-Lösung.

Eine Nachhaltigkeitstransformation lässt sich demnach nur umsetzen, wenn sich die spezifischen Potenziale der unterschiedlichen (Wirtschafts-)Akteure unter den Bedingungen einer weiterentwickelten kapitalistischen Marktwirtschaft entfalten können. Nur der richtige Mix aus unterschiedlichen Formen von Unternehmen, der Positive-Impacts und der Gemeinwohlorientierung im Sinne einer gemischten Wirtschaft wird einen ökonomischen Transformationsprozess ermöglichen.

Mehr zum Reifegrad-Modell der Sustainability Journey, den einzelnen Stufen und notwendigen (Zwischen)-Schritten, die Sie gehen müssen, um mit Ihrem Unternehmen Stufe 4 zu erreichen, erfahren Sie im kostenfreien DGQ-Whitepaper »

Über den Autor: Markus Will

Markus Will hat mehr als 15 Jahre Erfahrung in den Bereichen Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement. Er doziert an der Hochschule Zittau/Görlitz in den Studiengängen „Ökologie und Umweltschutz“ und „Integrierte Managementsysteme“ und ist als Berater tätig. Zusammen mit seinen Kompagnons hat er 2013 die „Institut für Nachhaltigkeitsmanagement GmbH“ gegründet, die neben Beratungen vor allem Softwareanwendungen entwickelt.

8 Kommentare bei “Sustainability Journey – Unternehmen auf der Reise zur Nachhaltigkeit?!”

  1. Vielen Dank für den guten Beitrag. Ich bin mir sicher, das auch Forderungen der Kunden nach mehr Nachhaltigkeit die Prozesse des Unternehmens weiter beeinflussen. Ansätze nach einem neutralen CO2 Fussabdruck werden dabei immer wichtiger.

    1. 6518569b84a1b11b57730a96c0646f29 Markus Will sagt:

      Genau, direkte Kundenanforderungen und ein „gesellschaftlicher Klimawandel“ können Nachhaltigkeitsbemühungen auslösen. Hinzu kommen staatliche Anreize oder Verbote und technische Innovationen. Klimaneutralität, vor allem in Scope 3 wird wichtiger werden.

  2. Jedes Unternehmen hat einen Anteil an der nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft: Entweder als Bremser oder Beschleuniger der Entwicklung! Genau so hat jedes Unternehmen eine unterschiedliche Wirkung auf Mit- und Umwelt, verschiedene Hebel und die wesentlichen Handlungsfelder liegen bei jedem anders.

    Das muss jedes Unternehmen selbst rausfinden. Aber viele Tools, Beratung oder eine Methodik, wie man sich seiner Wirkung und seinen Auswirkungen bewusst wird, sind hier hilfreich. Meiner Meinung nach ist das erste, wichtige Schritt für Unternehmen, um sich seriös mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen!

    Damit hat jedes Unternehmen die Chancen, sich wirklich mit seiner nachhaltigen Transformation zu beschäftigen und bspw. zu erkennen, ob es auf Stufe 4 bleiben wird oder auch eine Stufe 5 erreichen kann.

    1. 6518569b84a1b11b57730a96c0646f29 Markus Will sagt:

      Danke! Ich finde auch, dass eine ernste Auseinandersetzung der ernste ehrliche Schritt zu „true sustainability“ ist. Es gibt Sachzwänge, ganz klar, die die Spielräume einschränken, es gibt aber auch viele Möglichkeiten, die sich auch insgesamt positiv auf die Unternehmensentwicklung auswirken können.

  3. 0258375cf29bb67d4936494e88cca704 David Horsch sagt:

    Super Beitrag! Ich denke Schritt 3 zu 4 ist grad voll im Gange. Nicht unbedingt aus einer intrinsischen Motivation, sondern weil es Investoren und Kunden bereits jetzt fordern. Nachhaltiges Wirtschaften heißt mit Blick auf den Klimawandel vorallem Risiken minimieren und Chancen nutzen! Nachhaltigkeit wird der Innovationsmotor für die nächsten 30 Jahre sein!

    1. 6518569b84a1b11b57730a96c0646f29 Markus Will sagt:

      …manch ein Unternehmen pendelt auch zwischen den Stufen, fällt auch wieder auf Stufe 1 zurück, weil statt disruptiven Inoovationen am bestehende Produkt heruminkrementiert wird und letztlich nur die Manipulationssoftware bleibt. Aber das ist hoffentlich lediglich eine Ausnahme

  4. „Reifegrad“ – ein wirklich hilfreiches Konzept!
    Und eigentlich ist ja schon ganz viel da, wenn Unternehmen ihre Managementsysteme wirklich nutzen. Hier wie da spannende Frage: Wo hört die Pflicht auf? Wo fängt die Kür an? Und was zieht Unternehmen über diese Schwelle?

    1. 6518569b84a1b11b57730a96c0646f29 Markus Will sagt:

      In der Tat, in vielen Unternehmen ist schon viel da. Die (rechtliche) Pflicht endet bei Compliance und das ist für viele schon ein dickes Brett. Wie weit die moralische Verpflichtung geht kann ich nicht beurteilen, das müssen die verantwortlichen Personen im Unternehmen als Individuen selbst für sich reflektieren. Denn nur Individuen könnten ethisch handeln, nicht Organisationen als soziale Systeme. Aber da kommen dann gleich jede Menge neue Probleme (z.B. „problem of the many hands“), sodass man sich leicht in ethischen Diskussionen verzetteln kann. Daher würde ich den Weg über die Zukunftsfähigkei von Geschäftsmodellen wählen, um über eine Strategieklärung dann wieder auf die operative Ebene der Managementsysteme zu kommen.

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