Excellence in Public Relations Work20 | 05 | 17

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Wie aus einer Meldung des internationalen PR-Branchenblattes WARP hervorgeht, soll es im Wintersemester 2017/18 erstmals einen Studiengang mit der Bezeichnung Excellence in PR Work geben, der als Aufbaustudium für Bachelor-Absolventen der Fächer Germanistik und Anglistik angelegt ist. Anbieter ist den Angaben zufolge die privat geführte University for Applied Public Relations in Frankfurt am Main, die mit dem Wintersemester 2016/17 erst kürzlich ihren Lehrbetrieb aufgenommen hat.

Der viersemestrige Studiengang soll Studierende für die moderne Unternehmenskommunikation vor allem mit Blick auf eine förderliche Außendarstellung qualifizieren und – einen guten Abschluss vorausgesetzt – den Berufseinstieg besonders in PR-Abteilungen größerer Organisationen nahezu aller Branchen erleichtern. Der Lehrstoff konzentriert sich auf die Themen High Performance Sugarcoating (HPS) und Sustainable Greenwashing Design (SGD), jeweils mit Fokus auf besondere Variabilität im Ausdruck und – ein weiteres Novum – nun auch verstärkt auf Rechtschreibung und Grammatik. Absolventen des Studiengangs erwerben den akademischen Grad eines M.F.E. (Master of Fine Euphemism).

Hochrangige Vertreter des Verbandes der Deutschen PR-Schaffenden haben das Vorhaben in einer ersten Stellungnahme ausdrücklich begrüßt. Es gebe heute in den zuständigen Abteilungen herkömmlich geschultes Personal mit absolut moderaten Fähigkeiten; allerdings seien sowohl die Gesamtqualität der Meldungen, als auch die sprachliche Umsetzung der dahinter stehenden Strategien vor allem mit Blick auf die stetig zunehmenden Anforderungen an diese gehobene Art der Textarbeit durchaus optimierungsfähig.

Die Erwartungen an den neuen Studiengang seien allenthalben hoch, wie auch Dr. Färber, der geschäftsführende Vorstand des Verbandes bekräftigt: „Ich sehe die kontinuierliche Erweiterung der Öffentlichkeitsarbeit durch den frischen Wind, den akademische Fachkräfte in das zunehmend komplexe Tätigkeitsfeld einbringen, mindestens für die nächste PR-Generation sichergestellt. Wir werden damit die Glaubwürdigkeit unserer Branche noch weiter voranbringen und anhand konsequent und zielgerichtet formulierter Shreds kontinuierlich ausbauen können.“

Ein Vertreter der anbietenden Hochschule betonte die Pionierleistung hinter dem Angebot. Er hob zudem hervor, dass man damit zurzeit ein veritables Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Hochschullandschaft innehabe. Man rechne jedoch damit, dass auch andere Bildungsanbieter den Bedarf sähen und in absehbarer Zeit nachzögen – einerseits wegen der starken Nachfrage nach Fachkräften durch weite Teile der Wirtschaft, andererseits aufgrund der hohen Anzahl an der Weiterbildung interessierter Bachelor-Absolventen der genannten Fachbereiche.

In einer offiziellen Stellungnahme der Bundestagsabgeordneten Frau Dr. Nebel-Kerze heißt es, auch von Seiten der Politik bestünde naturgemäß ein großes Interesse an entsprechend ausgebildeten Kräften dieser Fachrichtung, schließlich steige der Bedarf gerade im Hinblick auf die in schwierigen Zeiten zunehmend notwendige Überzeugungsarbeit und gerade auch auf die Umsetzung politisch alternativloser Maßnahmen zusehends.

Soweit die Fake News …

Hat uns die Zukunft bereits eingeholt?

Manchmal habe ich den Eindruck, dass es solche Studiengänge schon längst gibt. Neulich erst habe ich ein Schreiben von meinem Stromanbieter erhalten. Darin stand zu lesen, dass demnächst der Strompreis angepasst würde. Ich habe mich natürlich – naiv, wie ich bin – gefreut, weil ich dachte: Hat es sich also doch gelohnt, nach dem WC-Gang immer schön das Licht auszuknipsen und brav den Rechner jeden Abend herunterzufahren; außerdem – und das war durchaus ein Kaufargument – trägt mein neuer Kühlschrank auch noch einen Aufkleber mit der absolut vorbildlichen Energieeffizienzeinstufung A+++. Ich habe das Schreiben dann vorsichtshalber doch noch zu Ende gelesen – und es kam, wie es kommen musste: „… wird Ihr monatlicher Abschlag für den kommenden Abrechnungszeitraum auf 93 Euro festgesetzt.“ Dazu muss man wissen, dass es zuvor 79 Euro waren.

Erhöhen hätte es eigentlich heißen müssen, nicht anpassen. Aber so ist das: Preisanpassungen sind natürlich immer Preiserhöhungen, mit Personalanpassungen sind niemals Einstellungen gemeint, sondern Entlassungen. Die Wahrheit einfach so heraus zu sagen war noch nie besonders attraktiv. Ist das evtl. auch der Grund, warum gewisse Entscheider vor 17 Jahren aus der völlig korrekten Forderung die überhaupt nicht korrekte Anforderung gebogen haben? Ja, die Anforderung klingt doch viel milder, nicht so fiskalisch, nicht so ungeheuer gnadenlos wie eine knallharte Forderung. Und schließlich galt es bei uns ja damals, ISO 9001 ein bisschen besser zu verkaufen – könnte doch was dran sein, oder? Aber das nur nebenbei.

Jedenfalls ist Sugarcoating, wie die Englischsprachigen es nennen, inzwischen weitverbreitet. Was einst den Wiener Zuckerbäckern vorbehalten war, lernt heute jeder PR-Praktikant am allerersten Tag – nicht etwa auf der Akademie. Schönreden ist erste Pflicht. Eigens dafür engagierte Fachleute (M.F.E.) erstellen in Organisationen aller Art ganze Listen mit einschlägigen Transformierungen – so könnte man sich das vorstellen. Dort steht dann, dass man niemals von Konkurrenten sprechen soll, sondern von Mitbewerbern; börsennotierte Unternehmen dürfen auf keinen Fall Verluste ankündigen – sie geben natürlich eine Gewinnwarnung heraus. Wer einen anderen unauffällig kritisieren möchte, gibt ihm einfach Feedback. Gebäude werden zurückgebaut, nicht etwa abgerissen. Und wenn nix mehr geht, dann herrscht eben Nullwachstum. Aber das kennen wir ja aus der Politik, wo man übrigens Ausreisezentrum sagt, wenn man Abschiebelager meint.

Grünfärberei

Gesinnungsverwandt ist das so genannte Greenwashing, eine Methode, deren Mechanismen besonders perfide sind. Organisationen brüsten sich dabei in ihrer Außendarstellung immer wieder mit ihrem ökologischen Engagement, das aber in Wahrheit oft in keinem Verhältnis zu den Auswirkungen ihres eigentlichen Geschäfts steht. Der vermeintlich grandiose Einsatz für die Umwelt („… übernehmen wir an unseren Standorten Patenschaften für insgesamt 89 Zitterpappeln“) wird dann gern in den schönsten Regenbogenfarben präsentiert, fröhliche Kinder springen über grüne Wiesen, ein Phantasiespruch à la „Für eine lebenswerte Zukunft“ rundet die Sache ins Rührige. Gleichzeitig werden in Afrika oder sonst wo im Zuge des Abbaus von Rohstoffen, die für das Kerngeschäft benötigt werden, weiträumig Landstriche unbewohnbar.

Wenn man das in die Systemmanagementbranche weiterdenkt, drängen sich gleich noch ganz andere Fragen auf: Kann z. B. ein Braunkohlekraftwerk ernsthaft nach ISO 14001 (oder EMAS) zertifiziert sein? Ist es ethisch vertretbar, einer Waffenschmiede die Einhaltung besonderer Qualitätsstandards gemäß ISO 9001 zu bescheinigen? Kann man der Zentrale eines Inlandsgeheimdienstes ruhigen Gewissens ein Zertifikat nach ISO/IEC 27001 ausstellen? Na klar! Da geht es doch nicht um Moral oder dergleichen.

ISO 14001:2015 sagt zunächst ganz arglos, worum es gehen könnte (Kap. 0.2): „Der Zweck dieser Internationalen Norm ist es, Organisationen einen Rahmen bereitzustellen, um die Umwelt zu schützen und auf sich ändernde Umweltzustände im Einklang mit sozioökonomischen Erfordernissen zu reagieren“, aber das dicke Ende folgt sogleich: „Sie (die Norm) legt Anforderungen fest, die es einer Organisation ermöglichen, die von ihr beabsichtigten Ergebnisse des Umweltmanagementsystems zu erreichen.“

Was heißt das genau? Das heißt, dass eine Organisation ganz schön viel Dreck machen kann, wenn es denn in der Natur ihrer Sache liegt, im Zweck der Organisation begründet ist, der ja – wie man schon lange weiß – die Mittel heiligt. Die beabsichtigten Ergebnisse des Umweltmanagements des Betreibers eines Braunkohlekraftwerks können ja nur die unter den gegebenen Umständen maximal möglichen sein. Dass sich eine solche Organisation konsequenterweise selbst abschafft, ist nicht zu erwarten – jedenfalls nicht aus Gründen des Umweltschutzes. Ob z. B. ISO 14001 und EMAS für manche Organisationen willkommene Werkzeuge für allzu leichtes Greenwashing sind, lässt sich an dieser Stelle allerdings nicht beantworten, aber vielleicht mal dezent in den Raum stellen …

 

Über den Autor: Peter Blaha

Peter Blaha, geboren 1954 in Frankfurt am Main, ist freier Journalist mit Spezialisierung auf „Managementsysteme“ und „Weinwirtschaft“ und DGQ-Mitglied. Er widmet sich neben der Erstellung von Fachbeiträgen seit jeher (und mit Vorliebe) dem nach seiner Meinung oft viel zu wenig beachteten Phänomen unklarer bis kurioser Formulierungen und Schreibweisen in der deutschen (Q-)Sprache. Wer dabei eine gewisse Nähe zur Argumentation des bekannten Journalisten Wolf Schneider zu erkennen glaubt, liegt nicht ganz falsch.

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