Darf ich Sie ‘mal ‘was fragen – Wie effektiv sind Ihre digitalen Besprechungen?23 | 11 | 22

In der digitalen Kommunikation gibt es für viele von uns ein Vor und ein Nach dem Lockdown. Wir hätten nun schneller und besser als erwartet gelernt, digital zu kommunizieren. Stimmt das? Ja, denn wir nutzen nun routiniert und ganz selbstverständlich ein halbes Dutzend oder mehr Softwaretools fürs bi- und multilaterale Besprechen. Und nein, denn wir nutzen nur ein Bruchteil der Potenziale digitaler Kooperation und den oft auch noch schlecht.

  1. Pausenlosigkeit:
    Ohne Lücken reihen wir und andere für uns digitale Besprechung an Besprechung, füllen damit ganze Arbeitstage. Im Laufe des Tages werden wir immer unkonzentrierter, erschöpfter, genervter. Wir haben zu wenig Zeit fürs (Aus)Arbeiten.
  2. Mangelnde Vorbereitung:
    Nach dem Start wird schnell geklärt, worum es gehen soll. Einige wissen das nicht, fast niemand hat sich angemessen vorbereitet. Relevante Informationen fließen nicht ein, Pro und Contra werden nicht gut abgewogen; wer doch vorbereitet ist dominiert das Ergebnis, auch wenn dies dann schwach oder fragwürdig ist.
  3. Methodenarmut:
    Die dominierende Methode ist: „Wir-reden-miteinander“. Das ist meistens ineffektiv. Es fehlen oft spezifische Methoden, um Ideen zu sammeln und zu bewerten, einen Disput konstruktiv zu führen

Diese Phänomene gibt es auch für Präsenzbesprechungen. Ich beobachte, dass sie bei digitalen erheblich stärker ausgeprägt und ihre Konsequenzen noch gravierender sind. Geht es (bei) Ihnen auch so? Sind Sie mit der Effektivität und der Dynamik Ihrer digitalen Besprechungen zufrieden? Ist Ihnen bewusst, dass hier so wie immer, Effektivität vor Effizienz stehen muss?

Was können wir tun? Ein pragmatischer Vorschlag:

  • Die Hälfte der digitalen Besprechungen streichen und ihre Funktion z.B. durch geteilte digitale Boards ersetzen.
  • Die andere Hälfte der Besprechungen auf die halbe bisher angesetzte Zeit kürzen, und diese eingesparte Zeit für Vor- und Nachbereitung nutzen. Zu Beginn die aus der Besprechung entlassen, die sich nicht vorbereitet haben.
  • Nur halb so viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer einladen.
  • Ein kleines, für Leute und Situationen individuell zugeschnittenes Portfolio von Methoden für unterschiedliche Funktionen wie Ideenfindung, Bewertung, Disput etc. auswählen, trainieren und mit erforderlichen digitalen Instrumenten versehen.
  • Pausen von einer halben Stunde zwischen Besprechungen lassen.
  • Regelmäßig Präsenztreffen organisieren.

Was denken Sie, würde das bei Ihnen auslösen und bewirken? Ist Ihnen das zu radikal? Warum eigentlich? Wer sagt jetzt alles, das ginge nicht? Und wie gut ist das begründet? Welche anderen Ideen haben Sie, um mehr Effektivität der digitalen Besprechungen zu erhalten? Und was ist Ihr liebstes Hintergrundbild?

Über den Autor: Benedikt Sommerhoff

Benedikt Sommerhoff leitet bei der DGQ das Themenfeld Qualität & Innovation. Er beobachtet, analysiert und interpretiert die Paradigmenwechsel und Trends in Gesellschaft und Wirtschaft sowie ihre Wirkungen auf das Qualitätsmanagement. Seine zahlreichen Impulse in Form von Publikationen und inspirierenden Vorträgen geben Orientierung in Zeiten des Wandels. Sie ermutigen zur Neukonzeption des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten des DGQ-Netzwerks aus Praxis und Wissenschaft arbeitet Sommerhoff in Think Tanks und Pionierprojekten an der Entwicklung, Pilotierung und Vermittlung innovativer Konzepte und Methoden.

2 Kommentare bei “Darf ich Sie ‘mal ‘was fragen – Wie effektiv sind Ihre digitalen Besprechungen?”

  1. Hallöchen,
    ehrlich gesagt, finde ich, dass Besprechungen vis-a-vis sehr oft versanden, wenn es keine TOPs gibt.
    Virtuelle Formate haben eher eine Verbindlichkeit, benötigen aber auch Verantwortlichkeiten und Leiter. Einer muss den HUT auf/die Maus in der Hand haben.
    Das ist wichtig.
    Außerdem ist natürlich Vorbereitung UND Kreativität gefragt. Ohne Vorbereitung – keine ergebnisorientierte Nachbereitung.
    OKRs finde ich eine Megalösung für Remote-Geschichten. Die können auch in Präsenz weitergeführt werden.
    2020 musste ich, frisch im Dozentenjob, sehr kreativ in Online-Vorlesungen werden. Das war wirklich hart. Wieder zurück im Klinikalltag, empfinde ich persönlich, das miteinander REDEN, aber nicht miteinander SPRECHEN den größten Fallstrick.
    TOPs, OKRs und klare Ziele, die aber realistisch …eben SMART sind, Verantwortlichkeiten bestimmen sowie um die Unterstützung der Geschäftsführung wissen. Diese Kombination ist, meiner Meinung nach, die Kunst.
    Also die Moral von der Geschicht´ – Verliere deinen Fokus nicht…oder so ähnlich.

  2. Pasqual Jahns sagt:

    Hallo Benedikt,

    Ich habe eine Aussage hierzu im Kopf, die ich mal irgendwo gelesen habe: Wenn es zu viele Meetings gibt, dann ist das ein Zeichen für mangelnde Organisation. Wenn der QM’ler zu oft in Meetings sitzt, weil er andauernd eingeladen wird, würde ich fast drauf wetten, das grundlegende Dinge nicht geregelt sind.

    Meine Lösungsideen sind deshalb:
    – klären warum Probleme nicht nachhaltig abgestellt werden.
    – Meetings ohne erkennbares Ergebnis radikal streichen (z.B. Status Meetings, Diskussionsrunden in denen immer über die gleichen Themen geredet werden etc.)
    – Meetings in denen man keinen signifikanten Beitrag hat, konsequent ablehnen.
    – Themen die auch jemand anders erledigen kann delegieren
    – Themen die jemanden anderes gehören entsprechend weiterleiten (z.B. Qualitätsgespäche mit dem Kunden die aber eigentlich von wem anderes verursacht wurden)
    Immer genau wissen, was man in einem Meeting mit wem erreichen möchte

    Viele Grüße
    Pasqual

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