So sieht’s aus: Von schädlicher Regeleinhaltung und nützlichem Regelbruch24 | 02 | 21
Das sogenannte Portfoliodiagramm mit seinen typischen Vier-Quadranten-Darstellungen finde ich besonders brauchbar, um die Kombinationsmöglichkeiten zweier Variablen darzustellen. Natürlich sind in unserer komplexen Welt meistens mehr Variablen im Spiel. Dennoch ist es oft hilfreich, zwei besonders Wichtige herauszupicken und zu betrachten. In der folgenden Grafik wende ich die Technik auf die Effekte der Regeleinhaltung und -nichteinhaltung an. Das Thema ist wichtig, weil es dazu im Qualitätsmanagement oft ein gefährlich falsches Grundverständnis gibt, nämlich:
Regeleinhaltung ist gut und vorteilhaft, Regelbeugung und Regelbruch sind schlecht und nachteilig.
Es ist komplizierter. Es gibt gewollte und ungewollte Effekte sowohl geringer als auch hoher Regeleinhaltung, die Grafik nennt sie.
Besonders der Gegensatz zwischen Innovativität und der Einhaltung von Standards fällt auf. Die meisten Organisationen benötigen und wollen beides gleichzeitig. Aber Regeleinhaltung lässt sich nicht beliebig einschalten, wenn Konformität gefragt ist und wieder ausschalten, wenn Kreativität gebraucht wird. Organisationssoziologen wissen zudem längst, dass Regelbiegen, -beugen und -brechen unvermeidbar sind und sprechen von „brauchbarer Illegalität“ (Niklas Luhmann, Stefan Kühl).
Schauen Sie sich die Quadranten einmal an. Vielleicht werden ja auch Sie stutzig und erkennen, dass auch in Ihrer Organisation Regeleinhaltung schädlich und Regelbruch nützlich sein kann. Wobei weiterhin gilt – ich sag’s nur, damit keine Missverständnisse aufkommen – dass Regeleinhaltung auch nützlich und Regelbruch auch schädlich sein kann. Für uns im Qualitätsmanagement bedeutet dies, differenzierter vorzugehen und differenzierter zu argumentieren. Denn bei Mitarbeitern, insbesondere Innovatoren, die immer wieder aus guten Gründen und zum Wohle der Organisation Regeln beugen, lässt sich durch einfache Appelle, sich an die Prozesse und Regeln zu halten, sowie durch unrealistische Nutzenzuschreibungen, höchstens ein Achselzucken erzeugen.
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