Ein offener Brief an alle, die Fragebögen an ihre Lieferanten senden24 | 10 | 18

Wir erhalten monatlich mehrere Fragebögen, oft jedes Jahr aufs Neue dieselben Bögen und Fragen. Eine Routine, die sich so entwickelt hat – auch aus ISO 9001 heraus. So ein Bogen wird bei uns so lange herumgereicht, bis man einen findet, der’s machen muss… aktuell bin ich das. Mein Mitgefühl für alle, die, wie ich, solche Fragebögen in Händen halten und die Aufgabe haben, sie „be- und verarbeiten“ zu müssen…

Natürlich erhalten Sie Ihren Fragebogen früher oder später ausgefüllt zurück: Sie haben die Einkaufsmacht. Aber welchen Nutzen haben Sie von so einem Fragebogen, frage ich mich? Wenn Sie beim Rücklauf endlich bei allen einen Haken setzen können, haben Sie dann wirklich valide Auskünfte über Ihre Geschäftspartner erhalten? Die Global- und Universalfragebögen, die mich „per Rundmail an alle Lieferanten“ erreichen, sind kaum geeignet, brauchbare Auskünfte über die „befragten“ Lieferanten zu erhalten, oder gar, sie „weiterzuentwickeln“ (wie man so schön sagt).

Welchen echten Nutzen erwarten Sie sich durch einen Fragebogen, außer, dass Sie diesen abheften und bei Gelegenheit, z. B. in einem externen Audit, „vorzeigen“ können, nach dem Motto: „Normanforderung Lieferantenbewertung erfüllt“? Fragebögen sind aus meiner Sicht unbeliebtes „Business Theater“. Nicht nur bei Ihren Lieferanten – auch bei Ihren eigenen Mitarbeitern: Laut E-Mail-Signatur dürfen sich meistens die Azubis um die Fragebogen kümmern. Fragen doch Sie einmal Ihren eigenen Einkauf nach dem Sinn…

Mein Appell: Belasten Sie Ihr Haus und Ihre Lieferanten nicht mit diesem Ritual!

Wichtige Anforderungen und Erwartungen können und sollten nicht in Fragebögen abgefragt werden, sondern müssen mit den Lieferanten gezielt vertraglich ausgehandelt werden.

Viele Fragen können Sie sich sparen, z. B. „Führen Sie Sicherheitsunterweisungen durch?“ Hier müssen Sie Ihrem Lieferanten einfach vertrauen, dass er geltendes Recht, die guten Sitten und Sozialstandards einhält. Kein Lieferant würde in dieser Beziehung etwas ankreuzen, das ihn belasten würde.

Wenn Sie etwas über Ihren Lieferanten erfahren oder Ihre Geschäftsbeziehung mit ihm weiterentwickeln wollen, reden Sie mit ihm. Wenn sinnvoll, besuchen und „auditieren“ Sie ihn. So investierte Zeit bringt weit mehr als ein ausgefüllter Fragebogen

Wie stehen Sie zu Fragebögen? Mittel der Wahl oder notwendiges Übel?

Wie gehen Sie mit Fragebögen um? Nutzen Sie sie, um Ihre Lieferanten zu bewerten? Oder werden Sie selbst regelmäßig befragt? Sind Fragebögen für Sie das Mittel der Wahl oder eher ein notwendiges Übel, in das Sie Zeit und Mühe investieren? Kommentieren Sie meinen Beitrag. Ich bin auf Ihre Meinung gespannt und freue mich auf eine spannende Diskussion.

 

 

 

Über den Autor: Dirk Lübbermann

Dipl.-Ing. (FH) Dirk Lübbermann studierte nach dem Abitur Physikalische Technik an der Fachhochschule Heilbronn. Im Jahr 1996 absolvierte er anschließend an das Studium einen Fortbildungskurs zum Qualitäts- und Umweltauditor, Projektleitung, CAQ sowie zum EFQM-Assessor an der Staufen-Akademie Bad Boll. Seit mehr als 25 Jahren ist Dirk Lübbermann als Managementbeauftragter verantwortlich für das integrierte Managementsystem der international aufgestellten Marbach-Gruppe und betreut darin die Themen Qualitätsmanagement, Arbeitssicherheit, Umwelt-, Prozess-, Innovations- und Risikomanagement. Als DGQ-Mitglied ist er aktiv im Fachkreis QM und Organisationsentwicklung und im Regionalkreis Heilbronn-Franken.

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