Ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) ohne ein integriertes Datenqualitätsmanagement (DQM) hat in einer digitalisierten Welt keine Zukunft

Datenqualität

Durch die stark wachsende Anzahl datengetriebener Geschäftsmodelle gibt es keinen Ausweg für das Qualitätsmanagement, sich verstärkt mit dem Thema Datenqualität zu beschäftigen. Datenqualität als Risikofaktor ist schon etwas länger bekannt. Negative Auswirkungen schlechter Datenqualität auf das gesamte System einer Organisation werden zukünftig durchschlagender sein.

Die Bedeutung von Datenqualität steigt rapide an

Digitalisierung ist nicht erst in den letzten zwei Jahren entstanden, sondern schon immer in der IT ein Thema gewesen. Es wurde nur eher Automatisierung genannt. Neu ist, dass es mittlerweile möglich ist viele unterschiedlich strukturierte (polystrukturierte) Daten in sehr großen Mengen in Echtzeit miteinander zu verknüpfen, auszuwerten und ganz neue Services über unterschiedlichste technische Geräte (Smartphone, Tablet, Computer, Fernseher) dem Kunden anzubieten. Von der Erstansprache, über die Bestellung zur Produktion, bis zur Auslieferung des Produktes läuft der Prozess vollständig digital ab. Menschen werden an den Schnittstellen immer weniger beteiligt sein. Die Bedeutung von datenqualitätssichernden Maßnahmen steigt im Gegenzug rapide an.

Bisher war der der Mensch die natürliche Datenqualitätssicherung. Entdeckte dieser einen DQ-Fehler während seiner Arbeit, so wurde dieser möglichst selbständig korrigiert, sonst konnte die Arbeit nicht vollständig erledigt werden. Fehlen zukünftig alternative datenqualitätssichernde Maßnahmen, pflanzt sich der DQ-Fehler unbemerkt fort oder wächst über den Prozessverlauf stetig an. Auswirkung des DQ-Fehlers schlägt somit ungebremst beim Kunden auf. Dies kann und darf nicht im Sinne eines funktionierenden Qualitätsmanagement sein.

Neben den herkömmlich bekannten qualitätssichernden Maßnahmen müssen zunehmend datenqualitätssichernde Maßnahmen berücksichtigt werden. Um auch zukünftig ein erfolgreiches Qualitätsmanagement  zu betreiben, ist es notwendig, dass beide Disziplinen ineinandergreifen. Nur so ist es möglich ein auf die Organisation ganzheitlich abgestimmtes und zukunftsfähiges Qualitätsmanagementsystem zu gewährleisten.

Schutz vor schlechter Datenqualität

Organisationen können sich effektiv vor der Entstehung schlechter Datenqualität schützen, wenn sie nachfolgende Punkte auf Geschäftsprozessebene berücksichtigen.

Datenqualitätsmängel werden vermieden,

  • Wenn operative Geschäftsprozesse fachlich so definiert sind, dass sie die für die Unternehmenssteuerung benötigten Daten generieren. Dazu gehören etwa die Erzeugung vollständiger Auftragsdaten im Auftragsannahmeprozess zur optimalen Produktionssteuerung und ein optimaler Überblick hinsichtlich Auftragslage.
  • Wenn operative Geschäftsprozesse entsprechend ihrer fachlichen Definition auch in operativen IT-Systemen abgebildet sind. Finden sich in den operativen IT-Systeme nicht die Datenfelder wieder, die von der Fachseite definiert und erwartet werden, oder finden diese nicht die geforderten Daten für die Entscheidungsfindung vor, kann der Geschäftsprozess nicht abgeschlossen werden. Dies führt meistens zu sog. Workarounds und ebnet damit den Weg von Schattenprozessen außerhalb der operativen IT-Systeme.
  • Wenn es Usern in operativen IT-Systemen nicht möglich ist, den dort abgebildeten fachlichen Geschäftsprozess zu umgehen.
  • Wenn es Usern in operativen IT-Systemen nicht möglich ist, in diesem System Daten zu erzeugen, die nicht der Realität entsprechen. Das kann z.B. durch Echtzeitprüfungen auf Feldebene hinsichtlich Plausibilität der Eingaben verhindert werden.
  • Wenn die Stammdaten in operativen IT-Systemen (z.B. ERP, CRM,SCM, WaWi, FiBu) mit denen der dispositiven IT-Systemen (z.B. Datawarehouse, Business-Intelligence-Systeme, Excel-Reports) zur Entscheidungsfindung synchronisiert sind.
  • Wenn im Rahmen der Prozesse zum Aufbau von Reports und Analysen die Daten der Realität entsprechen und nicht geschönt werden können. Dazu gehört auch, dass Daten in Reports nicht nachträglich manuell verändert werden können.

Das Einhalten dieser Regeln verhindert nicht nur schlechte Datenqualität, sondern auch die Entstehung von „Schatten-IT“ und „Schattenprozessen“.

Orientierung zur Integration der o.g. Disziplinen findet man in der ISO/TS 8000, DIN EN ISO 9001:2015 sowie entsprechende Best Practice Ansätze aus bereits implementierten Datenqualitätsmanagementsystemen in unterschiedlichsten Organisationen.

Einen praxisnahen Einstieg in das Thema bietet Ihnen die Veranstaltung der DGQ-PraxisWerkstatt „Managen von Datenqualität“.

Was Datenqualität mit der Digitalen Transformation und DIN EN ISO 9001:2015 zu tun hat

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Ein Qualitätsmanagement-System (QMS) ist nur dann nachhaltig und zukunftsgerichtet, wenn Unternehmen ein Datenqualitätsmanagement (DQM) in das QMS integrieren. Denn ein solches Managementsystem ist entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung der Digitalen Transformation.

Datenqualität und Digitale Transformation

Wenn mehr als 90 Prozent aller Menschen ihre Aufgaben mit einer hohen Qualität erledigen und mögliche Fehler korrigieren, bevor sie das Ergebnis zur Weiterverarbeitung an den nächsten weiterreichen, entfällt die natürlich gesetzte Qualitätssicherung in digitalisierten Prozessen bis auf weite Strecken. Das bedeutet im Umkehrschluss: Digitalisierte, datengetriebene Prozesse und Prozessketten haben nur dann eine Qualitätssicherung, wenn im Vorfeld klar ist, welche Daten IT-Systeme, Maschinen und Menschen in welcher Qualität austauschen. Sprich, wenn Organisationen vermeiden möchten, dass Kunden Fehler entdecken, kommen sie nicht umhin, ein Datenqualitätsmanagement in ihr Management-System zu integrieren, zu betreiben und kontinuierlich zu verbessern.

Als Kunde von Unternehmen, die bereits verstärkt auf digitale Prozesse setzen, kann ich berichten: Datenqualitätsmängel kommen meist mehr als einmal vor und Leistungen werden nicht in vereinbarter Qualität erbracht. Zusätzlich sind Reklamationsprozesse häufig entweder schlecht oder gar nicht definiert und Mitarbeiter schlichtweg überfordert.

Mehr Objektivität liefern Studien zum Thema Digitale Transformation und Datenqualität. Die Studie der MHP, a Porsche Company, aus 2015 kommt zu folgendem Ergebnis: Unternehmen, die bereits erfolgreich Digitale Transformations-Projekte abschließen konnten, haben ein ausgeprägtes Bewusstsein für den Wert von Datenqualität. Zu diesen Unternehmen gehören gerade mal 24 Prozent der Befragten (254). Sie wurden zu einer Spitzengruppe zusammengefasst und lassen ihre Verfolger weit hinter sich.

Die aktuelle Studie „Datenqualität und -management Trends 2016“ von Experian Marketing Services belegt, dass neun von zehn deutschen Unternehmen ihre Kundendaten für fehlerhaft halten und zu wenig über ihre Daten wissen. Obwohl deutsche Unternehmen sich der Risiken von schlechter Datenqualität bewusst sind, gehen sie nur 45 Prozent (international 35 Prozent) proaktiv an – der Rest reagiert.

Datenqualität und DIN EN ISO 9001:2015

Eine hohe Datenqualität ist die Voraussetzung für ein funktionierendes Qualitätsmanagement-System.

Dass diese Annahme ihre Berechtigung hat, zeigen DIN EN ISO 9000:2015 und 9001:2015 an verschiedenen Stellen, wie an Punkt 2.3.6.1, Aussage zur Faktengestützten Entscheidungsfindung. Hier heißt es: „Entscheidungen auf Grundlage der Analyse und Auswertung von Daten und Informationen führen wahrscheinlich eher zu den gewünschten Ergebnissen“. Liegen erhebliche Mängel der Daten und Informationsqualität vor, ist es nicht möglich, gewünschte Ergebnisse zu erreichen. Aus Punkt 2.3.6.2., Begründung, geht hervor: „Tatsachen, Nachweise und Datenanalyse führen zu größerer Objektivität und Vertrauen in die Entscheidungsfindung“. Bestehende Datenqualitätsmängel stören sowohl das Vertrauen in die Ergebnisse von Datenanalysen als auch die Entscheidungsfindung. Diese Situation ist für viele Unternehmen der häufigste Grund, ihre Datenqualität zu verbessern.

Hier verweist auch DIN EN ISO 9001:2015, in Punkt 2.3.6.4 auf mögliche Maßnahmen: „Sicherstellen, dass Daten und Informationen ausreichend präzise, verlässlich und sicher sind“.

Einer der wesentlichen neuen Punkte der DIN EN ISO 9001:2015 ist der „Prozessorientierte Ansatz“ und darin verankert das „Risikobasierte Denken“.

Aus dem Text ist demnach Folgendes im Umgang mit Risiken und Chancen abzuleiten:

„Organisationen müssen Risiken und Chancen ermitteln und bestimmen, die das Erreichen von Produkt- und Prozesszielen beeinflussen können. Das Unternehmen muss Maßnahmen planen, um Risiken entgegenzutreten und Chancen zu ergreifen sowie die Wirksamkeit bewerten“. (Kap. 6.1)

Daraus kann folgende Schlussfolgerung hinsichtlich des Umgangs mit Datenqualität gezogen werden:

„Wenn Daten- und Informationsqualität als Risiko identifiziert ist und das Erreichen von Produkt- und Prozesszielen beeinflusst, muss das Unternehmen Maßnahmen planen und umsetzen, um diesen Risiken entgegenzutreten und die Wirksamkeit bewerten!“

Dem Prozessgedanken folgend, bedeutet dies, die Wirksamkeit nicht isoliert auf einzelne Prozesse zu bewerten, sondern bezogen auf das gesamte System der Organisation.

Dabei handelt es sich nicht allein um Risiken. Eine nachhaltige Verbesserung der Daten- und Informationsqualität birgt vielerlei Chancen. Sie erleichtert die Entscheidungsfindung, spiegelt sich in verbesserten Produkte und Services wieder und beeinflusst die Wettbewerbssituation positiv.

Empfehlung

Erfahrungsgemäß kennen vielen Organisationen ihre Daten, ihre Qualität und die Auswirkungen schlechter Datenqualität nicht hinreichend. Dies belegen auch zahlreiche Studien. Daher ist einer der ersten wichtigen Schritte, eine IST-Analyse durchzuführen und erste Handlungsempfehlungen und Maßnahmen abzuleiten. Methodisch gut vorbereitet liegt der Aufwand bei ein bis drei Tagen in Form eines Workshops. In Anbetracht der Wichtigkeit und darin liegenden Chancen kann dies sicher jede Organisation leisten – unabhängig von ihrer Größe und Komplexität.

Weitere Informationen zum Thema Datenqualität:

DGQ-PraxisWerkstatt: Managen von Datenqualität

Blog zum Thema Daten- und Informationsqualität

Video: Datenqualität

Die Revision von DIN EN ISO 9001 rückt Datenqualität stärker in den Fokus. DGQ-Produktmanagerin Andrea Zang hat mit dem Experten Marco Geuer über das Thema gesprochen.