Umgang mit der Krise – was müssen Sie in QM und QS nun beachten?20 | 03 | 20

Weltweit beschäftigt uns die Krise. Aber es wird eine Zeit nach der Krise geben. Unser Verhalten in allen Phasen – im Entstehen der Krise, während der Krise, direkt nach der Krise und wieder zurück im „Normalbetrieb“ – ist fundamental wichtig für uns selbst und unsere Unternehmen.

In unseren Familien und in unseren Unternehmen sind wir mitverantwortlich, wie gut wir rein-, durch- und rauskommen aus der Krise. Jetzt gilt es einige Dinge richtig zu machen, manches allein oder im eigenen Team, vieles mit den anderen Bereichen zusammen:

  1. Handeln Sie risikobewusst und chancenorientiert.
    Ob über die ISO 9001 oder anders getriggert. Seit Jahren befassen wir uns in QM und QS mit Risiken und dem Risikomanagement. Jetzt können wir zeigen, was wir können.

    1. Gefährden Sie weder Ihre Gesundheit noch die der anderen.
      Dazu ist von kompetenter Stelle zur Zeit alles zu erfahren. Handeln Sie danach.
    2. Aktualisieren Sie Risikobewertungen und Maßnahmenpläne agil.
      Was immer wir uns zur Pandemie und ihren gesundheitlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Folgen einmal überlegt haben – der Ereignisfall führt uns noch einmal deutlich vor Augen, dass solche Krisenpläne dynamisch gehandhabt werden müssen. Aktualisieren Sie Bewertungen, Pläne und Handeln entsprechend laufend.
    3. Ergreifen Sie Chancen.
      Jetzt lernen wir fürs Leben. Wir können Chancen ergreifen. Wir müssen uns ihrer aber bewusst werden, sie gezielt suchen und finden. Und uns etwas trauen (s.u. zu den Themen Digitalisierung und Innovation).
  2. Reduzieren Sie Kosten und Ressourcenverbräuche in QS und QM und mit QS und QM.
    Liquidität ist nun überlebenswichtig. Jeder Bereich muss einen Beitrag leisten, Kosten einzusparen, auch QS und QM.

    1. Stellen Sie zur Zeit nicht dringend benötigte Ressourcen den Bereichen zur Verfügung, die noch Cash Flow generieren.
      Dort mag es krankheits- oder mobilitätsbedingte Ausfälle geben, die Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kompensieren helfen können.
    2. Sparen Sie Kosten und Ressourcen.
      Üben Sie Verzicht, stellen Sie jetzt Beschaffungen zurück, die nicht überlebenswichtig sind.
    3. Helfen Sie anderen dabei, Kosten und Ressourcen einzusparen.
      Bringen Sie Ihr Wissen, Ihre Erfahrung und Problemlösungsressource an neuralgischen Stellen ein, bei denen schnelle und signifikante Kosteneinsparungen möglich sind.
  3. Werden Sie digitaler.
    Nur wer Remote und Online arbeitsfähig bleibt, kann wichtige Funktionen aufrechterhalten.
    Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Doch jetzt wird deutlich, wie viel stabiler digitale Geschäftsmodelle und Prozesse in dieser Art von Lage sind.

    1. Nutzen und schaffen Sie Möglichkeiten der Online-Kollaboration.
      Dadurch reduzieren Sie zur Zeit Ansteckungsrisiken und erhalten dennoch wichtige Prozesse aufrecht.
    2. Machen Sie einfach und fordern sie digitale Mitarbeit. Lernen Sie im Tun.
      Wer Remote- und Online-Tools bisher vermied und schlecht beherrscht, wird jetzt sehr schnell lernen können. Beim Lernen gibt es für die Ungeübten Hürden und Rückschläge. Da müssen wir jetzt drüber und durch.
    3. Digitalisieren Sie Ihre QM- und QS-Prozesse und Services
      Machen Sie Ihre Services im Unternehmen digital verfügbar und nutzen Sie digitale Lösungen, um Ihre Prozesse schneller, vernetzter und leistungsstärker zu gestalten.
    4. Unterstützen Sie die Digitalisierung der anderen im Unternehmen
      Wo andere ihre Digitalisierung vorantreiben legen Sie bitte keine Managementsystem- und Dokumentationssteine in den Weg. Unterstützen Sie die Projekte pragmatisch.
  4. Denken und handeln Sie radikal innovativ, damit Sie ganz neuartige Lösungen schaffen können. Denn die jetzige globale Situation ist extrem disruptiv.
    Die Krise löst auf der ganzen Welt einen Innovationsschub aus. Wir müssen unbedingt mithalten. Es wird nach der Krise nicht alles anders sein. Aber vieles und für uns relevantes. Wir müssen da mithalten können. Quer- und Neudenken ist gefragt.

    1. Seien Sie bereit, ihre Mission und Rolle als Qualitätsmanager oder Spezialist in der Organisation neu zu erfinden.
      Was auch immer war, unsere Organisationen schalten gerade in neue Modi des Arbeitens. Klären Sie, wie das Ihre Rolle und Aufgaben verändern muss.
    2. Räumen Sie auf und weg.
      Trennen Sie sich und erlösen Sie andere von Tätigkeiten, Pflichten und Aufgaben, die aus ganz anderen Zeiten kommen und die heute an Dringlichkeit, Wichtigkeit und Wirksamkeit verloren haben. Es darf dabei keine Tabus geben – solange Sie nicht gegen Gesetze und Verträge verstoßen.
    3. Schaffen Sie neue Lösungen mit Fokus auf Qualität, Kundennutzen, Organisationsnutzen.
      Da geht noch was. Wir haben längst nicht jede gute Idee gehabt, ausgesprochen, weiterverfolgt. Seien Sie radikal und disruptiv, was neue Lösungen angeht.
  5. Schützen und schonen Sie strategische Partner.
    Unternehmen können nicht allein aus der Krise kommen und nach der Krise bestehen. Gehen Ihnen Schlüsselpartner verloren, werden Sie selbst noch nach der Krise gefährdet sein.

    1. Setzen Sie Schlüsselpartner nicht unter zusätzlichen Druck.
      Und wirken Sie darauf hin, dass andere im Unternehmen das ebenfalls nicht leichtfertig tun.
    2. Laden Sie Lasten nicht einseitig bei Schlüsselpartnern ab.
      Wenn es ums unternehmerische Überleben geht, besteht die Neigung, sich selbst der Nächste zu sein. Teilen Sie Lasten miteinander. Bleiben Sie fair und ausgewogen, solange das geht, ohne sich selbst zu gefährden. Sie werden einander wieder brauchen.
    3. Helfen Sie Partnern, wo es geht, nehmen Sie Hilfe von Partnern an.
      Seien Sie offen dafür, dass auch Partner Ihnen helfen können. Halten Sie Ihr Netzwerk lebendig, intensivieren Sie den Kontakt mit Partnern, suchen Sie gemeinsam nach Möglichkeiten für Verbesserung und Innovation.

Im Allgemeinen und für uns alle gilt:

Angst lähmt. Wir müssen uns angstfrei machen, um den Kopf für mutiges Lösungsdenken frei zubekommen. Wir brauchen jetzt Denkressourcen für innovative Problemlösungen.
Angst ist ein Gefühl. Und Gefühle können wir nicht ein- und ausschalten. Dennoch können wir etwas tun, um unser Angstlevel und das von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu senken und niedrig zu halten.

  1. Verstärken Sie Ängste nicht.
    Suhlen Sie sich und andere nicht in schlechten Nachrichten. Kommunizieren Sie bewusst und behutsam. Halten Sie sich von Gerüchten fern.
  2. Gehen Sie offen mit Emotionen um, mit Ihren und denen anderer.
    Bei Angst kann man sich und andere desensibilisieren. Es gilt, Ängste offen anzusprechen und gemeinsam einen positiven Umgang damit zu vereinbaren.
  3. Gemeinschaft nimmt Angst, macht Mut
    Ob sie noch in Präsenz oder schon Online arbeiten: in beiden Fällen stärkt Gemeinschaft, gibt uns Gefühle der Sicherheit und Geborgenheit. Sind Sie Online, pflegen Sie ein „Working Out Loud“. Bleiben Sie sichtbar, hörbar und zugänglich für andere.
  4. Das ständige Arbeiten an und Umsetzen von Lösungen verkleinert Angst.
    Wer handelt hat weniger Zeit für Angst. Wer Initiative ergreift, bekommt das Gefühl zurück, die Lage gestalten zu können. Jeder kleine Erfolg gibt das Gefühl von Kontrolle zurück, senkt Angst und gibt Kraft.
  5. Unterbinden Sie bei sich und anderen destruktives Reden und Handeln.
    Treten Sie analytisch und lösungsorientiert auf. Greifen Sie Ideen auf, geben Sie ihnen Raum. Gehen Sie in die Umsetzung, tun Sie etwas.

Die DGQ ist eine starke Gemeinschaft, die auch in der Krise zusammenhält. Wir sind für Sie da. Sprechen Sie uns an, wenn Sie uns brauchen.

Über den Autor: Benedikt Sommerhoff

Benedikt Sommerhoff leitet bei der DGQ das Themenfeld Qualität & Innovation. Er beobachtet, analysiert und interpretiert die Paradigmenwechsel und Trends in Gesellschaft und Wirtschaft sowie ihre Wirkungen auf das Qualitätsmanagement. Seine zahlreichen Impulse in Form von Publikationen und inspirierenden Vorträgen geben Orientierung in Zeiten des Wandels. Sie ermutigen zur Neukonzeption des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten des DGQ-Netzwerks aus Praxis und Wissenschaft arbeitet Sommerhoff in Think Tanks und Pionierprojekten an der Entwicklung, Pilotierung und Vermittlung innovativer Konzepte und Methoden.

4 Kommentare bei “Umgang mit der Krise – was müssen Sie in QM und QS nun beachten?”

  1. Hallo Benedikt, nur eine kurze Anmerkung zu diesem Blog Beitrag. Eine Krise ist eine Krise und sollte nicht als Standard Situation in Systeme und Organisationen Einzug halten. Hier ist jetzt Krisenmanagement gefordert. Nach einer Krise wird ggf. einiges anders sein, jedoch muss nach der Krise eine Organisation weitestgehend wieder in den bisherigen Modus gehen, um zu funktionieren. Denn jede Organisation ist ein Teil des gesamten Systems „Erde“. Also nicht alles über den Haufen schmeißen, sondern auch an bisherige funktionierende Abläufe festhalten. Panik und Chaos sind die größten Feine einer Krise.
    Denn was ist überhaupt eine Krise:
    “Krise ist ein Ereignis oder eine Situation, die als untragbare Schwierigkeit wahrgenommen wird und welche die für die betroffene Person vorhandenen oder im Moment zur Verfügung stehenden Bewältigungsstrategien überfordert “ (James & Gilliland 2001).”

    Jetzt wird sich auch zeigen, inwieweit QM zertifizierte Unternehmen oder auch excellente Organisationen tatsächlich nachhaltig aufgestellt sind und wirklich Führungskräfte haben, die in solchen Situationen führen können.

    1. 7f73d6f7905b77364eb75cf28b745fd4 Benedikt Sommerhoff sagt:

      Guter Punkt Jörg, dass nach der Krise vieles wieder so sein muss und auch so sein darf, wie vorher (Business Continuity). Die Suppliernetzwerke haben ja höchstleistend funktioniert. Diese Option schließen unsere Überlegungen ja nicht aus. Es wird ja oft gesagt, aber mittendrin klingt das leider wie eine zynische Floskel, dass Krisen auch Chancen eröffnen. Schon vor der Pandemie lagen einige Chancen brach, wie z.B. viele Möglichkeiten der Digitalisierung. Wenn wir jetzt aus der Not der Isolation heraus lernen, wie sinnvoll z.B. digitale Kollaboration ist (und viele weitergehende Möglichkeiten), dann beschleunigt die Krise einige ohnehin sinnvolle und überfällige Entwicklungen.
      Bleib gesund.

  2. 8dec50bda25b367168df67d3603818ca Karkheinz Zacherl sagt:

    Hallo Benedikt,

    interessante Ausführungen. Der Abschnitt „Angst lähmt“ ist nach meiner Ansicht der wichtigste Faktor um „eine Krise“ und ich betone „eine Krise“ zu bewältigen. Angst ist ein Faktor und wird leider von vielen Bereichen gerade angeheizt. Angst entsteht aus vielen Ursachen. Angst ist auch nicht psychologisch erklärbar (auch wenn Psychologen und Therapeuten) es versuchen. Angst ist im Ur-Instinkt des Menschen verankert. Dies ist auch gut so, denn Angst lehrt uns Vorsichtig zu sein, Risiken abzuschätzen und vernünftige Lösungen zu suchen und zu finden. Wenn zur Angst, allerdings Verunsicherung dazu kommt, dann wird es schwierig Krisen oder besondere Ereignisse zu überwinden. Leider, und hier muss ich widersprechen, gibt es keine kompetente Stelle, wo man alles erfahren kann. Es gibt zu viele Stellen, die ihre Kommentare und Gedanken abgeben. Es ist auf der einen Seite vorteilhaft und regt Diskussionen an, vergrößert gleichzeitig aber die Unsicherheit und letztendlich die Angst. (Sei es mit Überlegung, bewusst oder unbewusst, gezielt, nach eigenen Vorteilen suchend und vieles mehr.) Hier ist Wissensmanagement gefragt.
    Man sieht deutlich in vielen Bereichen wie das Thema Risikomanagement in vielen Bereichen angewandt wurde. Im Bereich Hygiene, als ein Beispiel genannt, wurde im Spardiktat vieles vernachlässigt. Hier gibt es zahlreiche Pläne, die aber nicht aktiv sind.
    Die Globalisierung der Lieferketten ist ein weiterer Ansatz im Umgang mit Krisen und Risikomanagement. Es gibt viele Beispiele, die wir alle kennen.
    Es lässt sich die Uhr schwer zurückdrehen. Es zeigt sich aber deutlich, das diese Krise für andere Krisen positiv ist. Nehmen wir den Klimaschutz. Man könnte fast philosophisch sagen, die Erde verschafft uns eine Pause zum Nachdenken, zum Nachdenken und vielleicht auch zu der einen oder anderen Umkehr. Nutzen wird die Chance im QM und QS.
    Ich hoffe dass beim Übergang in den „Normalbetrieb“ die Diskussion nicht verstummt und wir wirklich aus der Krise lernen, im Interesse von uns allen und unseren Planeten. Denn wir haben nur den Einen, Jede Krise ist eine Chance, Nutzen wir Sie.

    Bleibt alle Gesund!

  3. 7f8240719a96a4e87fc578618071e0bc Jürgen Koch sagt:

    Erkenntnismodell (Erkenntnisprozessmodell) für Problemlösungen in Zeiten des Wandels (und der Krisen) – Paradigmenwechsel
    (Projekt, evtl. als Startup oder Forschungsvorhaben geeignet)

    In Zeiten der Pandemie, Krisen und Hypes sowie Probleme etc. sollten wir innehalten, uns entschleunigen, achtsam sein, reflektieren und versuchen eine Balance wiederherzustellen (falls sie verloren ging); und letztlich sollten wir darüber nachdenken, wie wir derzeitige und zukünftige Hypes und Krisen und evtl. weitere Pandemien in Industrie, Wirtschaft und Gesellschaft frühzeitig erkennen und beherrschen lernen, damit das Überleben gesichert wird und akzeptable Lösungen für Individuen, Gruppen, Unternehmen und Gesellschaft etc. erzielt werden können.
    Dazu gibt es bereits eine Vielfalt oder ein Spektrum unterschiedlichster Problemlösungen (und der Krisenbehandlung), von denen hier ein Modell vorgestellt werden soll, dass einen grundlegenden Lösungsansatz bietet, der nicht reduktionistisch, sondern ganzheitlich orientiert ist, d.h. es werden keine betroffenen Individuen und Akteure ausgeschlossen bzw. einzelne Interessengruppen präferiert.
    Es handelt sich um ein neues Erkenntnis- oder Erkenntnisprozessmodell für grundlegende Problemlösungen (und Krisen), das fünf Prozessphasen umfasst, die gleichzeitig als Schlüsselbegriffe und als Zugang zu Problemlösungsfeldern aufgefasst werden können: Ansatz – Denken – Wandel – Konzept – Transformation.
    Der Erkenntnisprozess, kann (psychologisch) als zirkulär und als integrativ oder ganzheitlich aufgefasst werden; und er lässt sich insbesondere auf kognitive und komplexe adaptive Systeme anwenden, wie sie in gruppenspezifischen, unternehmerischen, institutionellen und gesellschaftlichen Zusammenhängen vorkommen.
    Ansatz:
    Der philosophische, kulturelle und wissenschaftliche Ansatz, der mit einem Bekenntnis zu einem humanitären Welt- und Menschenbild verbunden sein sollte, beinhaltet ein neues Erkenntnismodell (als System oder Prozess), das den Charakter einer Gemeinschaft in natürlicher Weise (evolutionär) zu repräsentieren und auch zielorientiert zu prägen vermag (als strategisches Konzept). Der Ansatz basiert auf einem wissenschaftlich begründeten Paradigmenwechsel, bei dem das neue Paradigma u. A. als Referenzmodell oder Reifegradmodell herangezogen werden kann.
    Da das Erkenntnismodell (des Autors) einer ganzheitlichen (systemischen, evolutionären und integrativen sowie organismischen) Sichtweise unserer Welt entspricht, ist es im weitesten Sinne vergleichbar mit Change-Management, VUKA mit Resilienz, Organic Agility und System Dynamics.
    Ich hoffe, dass es, z.B. in einem Blog, die Möglichkeit ergeben wird (insbesondere auch als Jahrzehnte langes Mitglied), das Erkenntnismodell interessierten Kreisen vorzustellen, gerade in Zeiten von Krisen, die neuerdings so manches Geschäftsmodell infrage stellen.
    Barsinghausen, 24.03.2020

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