Neue Forderungen – neue Perspektiven9 | 06 | 15

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Spätestens seit der Veröffentlichung des englischsprachigen ISO DIS 9001:2015 im Mai vergangenen Jahres sind die umfangreichen Veränderungen, die die Revision von ISO 9001 mit sich bringen wird, zumindest im Kern bekannt. In der Diskussion um den Aufwand, mit dem Organisationen bei der Anpassung ihrer Managementsysteme an die Forderungen der neuen Norm zu rechnen haben, geraten die neuen Perspektiven, die sich aus der Umsetzung dieser Forderungen für die gesamte Organisation ergeben, jedoch manchmal etwas in den Hintergrund. Dabei sind es gerade diese neuen Perspektiven, die die Revision besonders attraktiv machen.

Welche neuen Perspektiven sind das?

Ein Beispiel: Mit Kapitel 4.1 „Verstehen der Organisation und ihres Kontextes“ werden neue Forderungen eingeführt, deren Erfüllung einen erheblichen Nutzen für die Organisation bedeuten kann. Die Mitarbeiter sollen sich über ihr unmittelbares Arbeitsumfeld hinaus mit den externen und internen Kernthemen auseinandersetzen, die für das Erreichen der Ziele und die strategische Ausrichtung einer Organisation relevant sind. Sind das nicht klassische Themen der obersten Leitung? Zweifellos – und daran soll sich ja auch nichts ändern. Damit ein Schuh draus wird, müssen wir eher andersherum fragen, etwa so: Hat es einen nennenswerten Effekt, wenn die Mitarbeiter über ihren Tellerrand schauen?

Die Antwort darauf ist ein klares „Ja“: Für erfolgreiches Wirtschaften müssen alle internen wie externen Einflussgrößen bekannt sein, die sich auf beabsichtigte Ergebnisse auswirken können. An der Bewältigung unternehmerischer Aufgaben sind somit auch alle Mitarbeiter beteiligt, und zwar grundsätzlich.

Welche internen Einflussgrößen sind das?

  • Mitarbeiter-Kompetenzen (Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Eigenschaften, Verhaltensweisen etc.)
  • Unternehmenskultur (Werte, Normen, Einstellungen etc.)
  • Wissen, Know-how-Transfer, Förderung der Wissenserweiterung etc.

Der Einfluss solcher „Soft Skills“ prägt seit jeher den Arbeitsalltag, ihre sinnvolle Weiterentwicklung wurde bisher jedoch kaum betrieben. ISO 9001 gibt nun den Anstoß, gezielt an einer Organisations- und Personalentwicklung zu arbeiten.

Welche externen Einflussgrößen können relevant sein?

  • Marktpositionierung und Produktstrategie
  • Wettbewerbssituation
  • Verändertes Nachfrageverhalten
  • Gesetzesänderungen
  • Kostenrechnung etc.

Wer außer den Spezialisten der beteiligten Fachabteilungen beschäftigt sich mit diesen Einflussgrößen? Ist es überhaupt wichtig, dass Mitarbeiter aus anderen Bereichen sich mit diesen sehr speziellen Themen auseinandersetzen? Welche Vorteile hat eine Organisation, wenn alle Mitarbeiter z. B. über Vertriebsziele informiert werden? Gerade die Verbindung der internen Prozesse mit den marktorientierten Prozessen wird heute in den meisten Organisationen komplett vernachlässigt, wesentliches Potenzial bleibt dadurch liegen. Auch hier gibt die neue Norm wichtige Impulse für positive Veränderungen.

ISO 9001:2015 hält weitere spannende Themen bereit, die der Weiterentwicklung eines Qualitätsmanagementsystems zuträglich sind und damit neue Aufgabenfelder für Qualitätsmanager darstellen, wie z. B. „Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen der interessierten Parteien“ (Kapitel 4.2), „Risikobasiertes Denken“ (Kapitel 0.5 und 6.1) oder „Wissen der Organisation“ (Kapitel 7.1.6). Mit diesen Themen werden wir uns dann in einem späteren Blogbeitrag auseinandersetzen.

Über die Autorin: Susanne Krüger

Susanne Krüger, 1962 geboren, ist selbständige Beraterin zur dauerhaften Qualitäts-/ und Prozessverbesserung (ATC-Krüger). Sie berät und unterstützt Unternehmen aus diversen Branchen in der Fertigung und Dienstleistung, in Projekten und der Serienfertigung. Als langjährige Trainerin der DGQ, DGQ-Auditorin, Qualitätsmanagerin und Statistikerin (QII) sowie Six Sigma Master Black Belt qualifiziert und coacht sie Mitarbeiter in Qualitäts-/ und Prozessmanagementmethoden zur nachhaltigen Steigerung der Effektivität und Effizienz.

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