Letzte Meldung – Heute: Kopf hoch, wir sind die Guten22 | 05 | 15

Leuchtturm
Eine Reaktion auf unsere Arbeit kommt immer häufiger: Der permanente Optimierungszwang entmenschlicht die Arbeit. Prozessbeherrschung, Just in time, Lean-Strategien, permanente Fehlervermeidung und kontinuierliche Verbesserung – all‘ das führe doch nur zu Anpassung des Menschen an wirtschaftliche Zwänge, man würde zum Roboter degradiert, kein Wunder, das Überlastungsdepressionen (Burnouts) zunähmen. Die Zahl an Vorträgen zur work-life-balance überstiege schon diejenigen der DGQ-Regionalkreise. Schaut man allerdings einmal genau hin, geht es bei Lean doch um Vermeidung unwirksamer Arbeit, etwa Liegezeiten (des Werkstücks, des Auftrags, nicht der Arbeitnehmer). Wäre Arbeit mit mehr Fehlern, unkoordinierten Abläufen, vielen ‚Überraschungen‘ inmitten von Beständen wirklich angenehmer? Oder ist die Kunst der Q-Zunft, das Maß ungetaner Arbeit zu maximieren‘ (agiles Manifest), doch nicht so schlecht, wie ihr derzeitig oft vernommener Ruf? Arbeit ohne Über-Bestände ist durch beherrschte Prozesse möglich geworden, das erfordert sein Maß an Aufmerksamkeit und Risikominimierung, z.B. durch exakte Abstimmung über Nahtstellen hinweg. Nur so haben die (verbliebenen) Arbeitsplätze bei uns ein solches Produktivitätsniveau erreicht, das wirtschaftliche Fertigung auch am Hochlohnstandort noch möglich macht – bei im weltweiten Vergleich kurzen Arbeitszeiten und hohen Einkommen. Dies lässt allerdings bei vielen eine life-work-inbalance zu, die (generationenübergreifend) wirklich stressig ist. Schon Grundschulkinder haben an fünf Tagen die Woche Termine, zu denen MaPa sie nach Feierabend (das war mal) mit dem SUV fahren muss. Die verschiedenen Freizeitinseln fungieren leider unkoordiniert, nebenher wird tonnenweise Elektronik bedient. Die Schule wird wegen weltweiter Sport-Events verschoben (leider ohne ÖPNV oder die Arbeitgeber der Eltern einzubeziehen) – kein Wunder, dass mancher mit verquollenen Augen am Arbeitsplatz hockt. Endlich wieder acht Stunden Ordnung und geplante Abläufe unter den wachsamen Augen der Berufsgenossenschaft und etlicher Beauftragter. Und vielleicht sogar Zeit darüber nachzudenken, ob nicht auch in der Freizeit das eine oder andere Prinzip aus dem Arbeitsleben helfen würde, Stress abzubauen. Man muss ja nicht mit einer 5S-Kampagne im Kinderzimmer anfangen. Z,D,F statt A,R,D bei Entscheidungen, eine lessons learned Schleife nach der Party/nach dem Urlaub, Machbarkeitsprüfung am Küchentisch vor, Ishikawa nach dem Schlamassel, da geht doch was. Nennen Sie es bloß nicht KVP …

Über den Autor: Kai-Uwe Behrends

Kai-Uwe Behrends ist seit 2005 Leiter der DGQ-Landesgeschäftsstelle Nord in Hamburg. Vorher war der studierte Diplom-Volkswirt und -Sozialökonom Fachbereichsleiter und Qualitätsmanagement-Beauftragter einer Bildungseinrichtung mit 100 Mitarbeitern. Er ist Auditleiter der DQS für ISO 9001 und AZAV.

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