Entscheidend ist ein offenes Ohr für das Praktische und die Situation der Leute20 | 06 | 18

Was macht eine Karriere im Qualitätsmanagement so interessant und abwechlungsreich? Um das herauzufinden, haben wir Qualitätsmanagement-Beauftragte, Qualitätsmanagerinnen und Qualitätsmanager im DGQ-Blog dazu aufgerufen, uns über ihren beruflichen Alltag im QM zu berichten. Angefangen von ihrem Einstieg in diesen Bereich bis hin zu den Herausforderungen, die so Job ein mit sich bringt hin zu den Fähigkeiten, die zukünftig gefragt sein werden. Alle Antworten, die Sie uns gegeben haben, veröffentlichen wir regelmäßig im DGQ-Blog.

Den Anfang machte Katrin Seefeldt mit Ihrem Blogpost „Seien Sie offen für Menschen und ihre Bedürfnisse“. Danach folgten die Beitrage von Dr. Ute Kronenberg „Ein Qualitäter im klassischen Sinne ist nicht mehr zeitgemäß“ und DGQ-Mitglied Jörg Brokmann „Qualitätsmanagement praktizieren schafft Lebensfreude“. Weiter geht es mit Anja Freitag, die bei einem Spezialisten für Faserverbundwerkstoffe u. a. verschiedene Zertifizierungen und die Zulassung durch einen internationalen Luftfahrzeughersteller begleitet.

Was ist das Besondere an Ihrem Job?

Ich arbeite in der Luftfahrtindustrie im Qualitätsmanagement eines mittelständischen Herstellers von Flugzeugteilen. Unsere Produkte sind eine spannende Mischung aus High-Tech und Handwerk. Ich sehe mich als Vermittler zwischen theoretischen Forderungen der Kunden, Lieferanten, Normen und Regelwerken auf der einen Seite und den praktischen Notwendigkeiten und Gegebenheiten der Fertigung andererseits. Die Anforderungen, denen man in der Luftfahrt unterliegt, sind recht anspruchsvoll und vielfältig, sehr komplex und kompliziert. Ich finde an meiner Position besonders spannend, das Zusammenspiel aller Prozesse und die Schnittstellen kennenzulernen und mitzugestalten. Das bedeutet viel Praxis in der Produktion, viel Theorie und Analyse, viel Kommunikation mit allen Beteiligten, viele Herausforderungen und Lösungsentwicklung. Die Aufgaben von Abstellmaßnahme bis Zertifizierung sind entsprechend vielfältig.

Wie sind Sie eigentlich in diese Position gekommen?

Ich habe ursprünglich bei einem Metallhersteller im Bereich Umweltmanagement begonnen, was für eine Ingenieurin der Umweltverfahrenstechnik nicht ungewöhnlich ist. Innerhalb der Abteilung habe ich dann auch Aufgaben im Qualitätsmanagement übernommen und bin dort sehr schnell heimisch geworden. Einige spezielle Zertifizierungen, auch im Luftfahrtbereich, wurden mir dann zur Betreuung übertragen. Und um den Bereich QM in der Luftfahrt kümmere ich mich auch heute in meiner aktuellen Position.

Was muss man können, um im Bereich Qualitätsmanagement erfolgreich zu sein?

Zu allererst: Zuhören. Entscheidend ist ein offenes Ohr für das Praktische und die Situation der Leute, die einen Prozess ausführen oder verantworten sollen und dabei mit scheinbar unerfüllbaren Anforderungen konfrontiert sind. Die Mitarbeiter kennen ihren jeweiligen Prozess genau und sind auch diejenigen, die Verbesserungen umsetzen und am Leben halten müssen.

Zweitens: Konsequenz und Neutralität sind wichtig. Zwischen Forderung und praktischer Machbarkeit darf man die eine Seite nicht der anderen opfern. Forderungen, die nicht umsetzbar sind, dürfen nicht zum Maßstab erklärt werden. Ebenso sollte man nicht „weil das schon immer bzw. noch nie so gemacht wurde“ die Ansprüche senken oder ignorieren. Man läuft hier Gefahr, für irgendeine Zielsetzung missbraucht zu werden – mit dem Argument „weil die Abteilung Q das sagt“.

Zuletzt ist die Einstellung zum eigenen Tun für mich wichtig: das Qualitätsmanagement ist meiner Meinung nach eine Dienstleistung für die anderen Abteilungen. Der Qualitätsmanager sollte diejenigen unterstützen, die Anforderungen praktisch umsetzen. Er sollte sie in die Lage versetzen zu verstehen, was die Forderung konkret bedeutet und zu beurteilen, wie sie erfüllt werden kann. Qualitätsmanagement muss Hilfe zur Selbsthilfe der Produktion stellen.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrem Job?

Qualitätsmanagement wird leider häufig als Quelle allen Übels betrachtet. Einige Mitarbeiter meinen, durch die Qualitäter würden nur sinnlose oder übertrieben Regeln aufgestellt. Qualität koste ja nur Geld und trüge nichts zum Gewinn bei, die hätten ja eh keine Ahnung von der Praxis und so weiter. Viele Kollegen kennen das sicher zur Genüge. Aber: Die Vorurteile kommen wahrscheinlich nicht von ungefähr, mit einer derart schlechten Meinung über einen ganzen Berufszweig startet (hoffentlich!) niemand ins Arbeitsleben.

Da ins Gespräch zu kommen, Verständnis zu wecken, die andere Seite vom Sinn der Forderungen zu überzeugen, zur Mitarbeit und Verbesserung zu motivieren, einen Mehrwert für alle zu generieren, die Arbeit zu erleichtern – das sind meine Herausforderungen, aber auch meine Ziele bei der Arbeit.

Was heißt Qualität für Sie und was zeichnet ein gutes Qualitätsmanagementsystem aus?

Qualität und deren Bewertung ist bei näherer Betrachtung kompliziert. Zum wertungsfreien Qualitätsbegriff „Ding mit Eigenschaften“ kommen noch Ansprüche und Rahmenbedingungen. Deshalb ist Qualität ein heikler Begriff, der sehr situationsabhängig ist und keine Verallgemeinerung verdient. Ich versuche, Verallgemeinerungen und stillschweigende Voraussetzungen zu vermeiden und gehe deshalb von den Eigenschaften und dem berühmten „Erfüllungsgrad der Ansprüche“ aus.

Ein System zum Management solcher Eigenschaften braucht Nachvollziehbarkeit, Systematik und Vollständigkeit (im Idealfall ohne Redundanz) – auch die wenigen Kriterien, die ich für wichtig halte, machen das schon anspruchsvoll.

Wie sehen Sie das Berufsbild eines Qualitätsmanagers in der Zukunft?

So wie die Qualitätssicherung zum Qualitätsmanagement weiterentwickelt wurde, indem mehr Themenfelder dazukamen, wird das Qualitätsmanagement sich mit neuen Themen befassen müssen. Denn Kunden verbinden Qualität inzwischen nicht mehr mit „gutes Teil“. Ich glaube, die Unternehmensentwicklung (Was für ein Schlagwort!) wird die Richtung vorgeben. Dazu gehören ganz verschiedene Themen, die zum Teil in den letzten Jahren schon integriert worden sind: Umwelt, Energie, soziale Verantwortung, Compliance mit allem Möglichen, Informationsmanagement, Agilität und so weiter. Ich bin gespannt, ob sich da ein Selbstbild entwickeln wird und wie dieses aussehen mag.

Welche Tipps geben Sie Berufseinsteigern in Ihrem Bereich mit auf den Weg?

  1. Keine faulen Kompromisse eingehen.
  2. Dokumentation ist lästig, aber sehr wichtig.
  3. Don’t kill the auditor.

Haben Sie Lust, über Ihren Traumjob im Qualitätsmanagement zu berichten?

Berichten Sie z. B. darüber, wie Sie QMB oder Qualitätsmanager geworden sind, welche Herausforderungen Ihnen im beruflichen Alltag begegnen, welche Qualifikationen wichtig sind und wie es gelingt, sich im Unternehmen erfolgreich zu positionieren. Haben Sie gute Tipps, die Sie Neueinsteigern mit auf den Weg geben möchten? Wir sind gespannt.

Ihr direkter Kontakt:
Katrin Kemm
T 069 954 24-180
E-Mail: katrin.kemm@dgq.de.

Streben auch Sie eine Karriere im Qualitätsmanagement an?

Wir beraten Sie gern – telefonisch unter 069 954 24-333 oder per Mail an weiterbildung@dgq.de

Weitere Informationen zu den DGQ-Qualitätsmanagement-Trainings

Über die Autorin: Anja Freitag

Anja Freitag studierte an der TU Bergakademie Freiberg. Mit Abschlüssen als Diplomingenieur für NE-Metallurgie und Umweltverfahrenstechnik stieg sie bei einer Thyssen-Krupp-Tochter ins Qualitätsmanagement ein. Nach Sachsen zurückgekehrt, begleitet sie bei einem Spezialisten für Faserverbundwerkstoffe u.a. verschiedene Zertifizierungen und die Zulassung durch einen internationalen Luftfahrzeughersteller.

Ein Kommentar bei “Entscheidend ist ein offenes Ohr für das Praktische und die Situation der Leute”

  1. 2f7b8a082664d40d5f2768c6f33b5bee Jörg Brokmann sagt:

    Der „Kampf“ um ein gesundes Qualitätsbewusstsein scheint wohl doch öfter als gedacht eine der wesentlichsten Herausforderungen für QualiTäter zu sein.
    Mich würde interessieren, wie die Entwicklungsgeschichte Ihres letzten Tipps aussieht. Ich hoffe nicht so düster, wie man vermuten könnte 😉

    In jedem Fall: Guter Beitrag!

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