DIN EN ISO 13485:2016 – Was bedeuten die Änderungen für die Praxis?7 | 09 | 16

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DIN EN ISO 13485:2016-08 löst DIN EN ISO 13485:2012-11 ab

Medizinproduktehersteller, die die Erfüllung regulatorischer Anforderungen bezogen auf ihr QM-System nachweisen wollen oder gesetzlich gefordert nachweisen müssen, nutzen hierzu die ISO 13485 als Zertifizierungsgrundlage. Im August 2016 löst nun DIN EN ISO 13485:2016-08 die derzeit gültige Norm DIN EN ISO 13485:2012-11 ab.

Laut Beuth erfolgte im Zuge der Revision eine grundlegende technische Überarbeitung:

„Hierzu gehören insbesondere:

  • Anpassung an ISO 9001:2008,
  • Überarbeitung der Begriffsbestimmungen,
  • Überarbeitung der Anforderungen an die Dokumentation,
  • Integration eines risikobasierten Ansatzes,
  • Ergänzung von Anforderungen an die Validierung der Anwendung von Computersoftware,
  • Überarbeitung der Anforderungen an die Infrastruktur sowie an die Arbeitsumgebung,
  • Erweiterung der Anforderungen an die Produktrealisierung,
  • Überarbeitung der Anforderungen an Messung, Analyse und Verbesserung.“[1]

Fragen, die sich Medizinproduktehersteller nun stellen sollten, lauten aus meiner Sicht:

  • Welche Bedeutung hat die 13485-Revision für die Anforderungen an das QM-System der Organisation?
  • Gibt es neue/zusätzliche Anforderungen, die bisher nicht berücksichtigt wurden?
  • Welche Aktivitäten sind notwendig, um gut auf die Umstellung auf die 2016er Revision vorbereitet zu sein?

Änderungen der 2016er Revision können im Wesentlichen folgenden Kategorien zugeordnet werden:

  • Vereinfachungen für die Anwendung der ISO 13485 zum Zwecke der Zertifizierung (Die Norm darf auch von Lieferanten oder externen Parteien angewendet werden, die Waren sowie mit dem QM-System verbundene Dienstleistungen bereitstellen).
  • Klarstellung von Anforderungen, die in der Vergangen nicht eindeutig genug formuliert wurden.
  • Explizite Integration von Anforderungen aus Regelwerken, die den Zugang zu folgenden wesentlichen Märkten regeln:
    • Europäischer Markt
    • US-Markt

Weder die Vereinfachungen zur Anwendung für Zwecke der Zertifizierung, noch Klarstellungen dürften zu wesentlichem Handlungsbedarf führen. Dieser wird sich primär aus der expliziten Integration von Anforderungen aus Regelwerken zur Marktzulassung ableiten. Unter der Prämisse, dass die regulatorischen Anforderungen für den Zugang zum europäischen Markt ohnehin immer von Ihrer Organisation zu erfüllen sind, soweit Ihre Medizinprodukte CE-gekennzeichnet sind, dürfte auch die Integration von Zulassungsanforderungen für den europäischen Markt keine zusätzlichen Anforderungen bedeuten. Die Integration von Anforderungen für den Zugang zum amerikanischen Markt hingegen, stellt Medizinproduktehersteller, die nicht bereits in den amerikanischen Markt liefern, vermutlich vor zusätzliche Anforderungen.

Besondere Bedeutung bekommen folgende Themen:

  • Change Control
  • Design Transfer
  • Complaint Handling
  • CAPA-System

Wichtig erscheint mir, sich mit den zusätzlichen Anforderungen konstruktiv auseinanderzusetzen. Die zusätzlichen Anforderungen, die primär dem CFR – Code of Federal Regulations Title 21 PART 820 QUALITY SYSTEM REGULATION entspringen, sind dazu gedacht, Medizinprodukte sicher zu machen und das eigene Qualitätsmanagementsystem kontinuierlich zu verbessern. Wenn diese Anforderungen verstanden und die Erfüllung der neuen Anforderungen konstruktiv angegangen wird, kann die Revision der ISO 13485 aus meiner Sicht nachhaltig Nutzen erzeugen.

Um die nutzenbringende Zielrichtung des CFR 21 PART 820 besser zu verstehen, empfehle ich das Dokument Quality System Inspection Technique (QSIT). Diese frei verfügbare Handlungsempfehlung dient als Unterstützung für FDA-Inspektoren während einer FDA-Inspektion. Es zeigt auf, warum mangelnde Erfüllung der Anforderungen ein Sicherheitsrisiko darstellt.

[1] http://www.beuth.de/de/norm/din-en-iso-13485/244078306 – Stand 2016-08-15

Weitere Informationen:

DGQ-Trainings zu Medizinprodukten:

Tagung zu ISO 13485:2016 von DIN, DGQ und DQS:

Unter dem Titel „ISO 13485:2016 – Update im Qualitätsmanagement für Medizinprodukte“ informieren das Deutsche Institut für Normung (DIN), die Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) und die Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen (DQS GmbH) am 13. September 2016 in Mannheim über die neuen Anforderungen der Norm. Mehr erfahren

Über den Autor: Markus Kemm

Dipl.-Ing. Markus Kemm ist Geschäftsführer der CRConsultants GmbH. Er berät seit 15 Jahren Medizinproduktehersteller bei der Erfüllung Regulatorischer Anforderungen. Als Lehrbeauftragter der Fachhochschule Lübeck und Trainer der DGQ vermittelt er Wissen mit dem fachlichen Schwerpunkt Regulatory Affairs. Als Vorstandsvorsitzender und Referent des gemeinnützigen Vereins Forum für Medizintechnik e.V. informiert im Rahmen von Seminaren für Anwender und Betreiber von Medizinprodukten zu Medizinproduktegesetz MPG und Medizinprodukte-Betreiberverordnung.

2 Kommentare bei “DIN EN ISO 13485:2016 – Was bedeuten die Änderungen für die Praxis?”

  1. f459d88537183fdfb1bcae18ee814415 Cornelia Platte sagt:

    „Unter der Prämisse, dass die regulatorischen Anforderungen für den Zugang zum europäischen Markt ohnehin immer von Ihrer Organisation zu erfüllen sind, soweit Ihre Medizinprodukte CE-gekennzeichnet sind, …“
    Frage:
    Welche MP sind denn nicht CE gekennzeichnet?

  2. ea1a136b4dd6b7ed3e81f173cdced821 Markus Kemm sagt:

    Liebe Frau Platte,

    bitte entschuldigen Sie die ggf. unglückliche Formulierung. Medizinprodukte, die in Europa erstmalig in Verkehr gebracht werden, benötigen in jedem Fall eine CE-Kennzeichnung. Ich ziele an dieser Stelle auf die zusätzlichen Anforderungen ab, die die Revision der ISO 13485 für diejenigen Hersteller bereithält, die zwar Medizinprodukte in Europa erstmalig in Verkehr bringen, bisher aber keine Medizinprodukte auf dem US-Markt haben.

    Mit besten Grüßen

    Markus Kemm

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